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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft
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ganz zu schweigen.« Das obszöne Grinsen wurde noch eine Spur breiter. »Mach ihm einfach die richtigen Versprechungen, Mädchen, und sorg dafür, dass du ihn ins Bett kriegst.« »Nicht schon wieder, Josh«, bettelte Polly, obwohl sie wusste, dass es unklug war. »Das ist nun schon das zweite Mal in dieser Woche.«
    Joshs Hand schoss blitzschnell vor und versetzte ihr eine schallende Ohrfeige. Polly unterdrückte einen Aufschrei und rieb sich ihr schmerzendes Ohr, während sie um die Theke herum in die Küche stolperte, wo eine wahre Amazone von einer Frau mit fleischigen Unterarmen und knotigen, mit Leberflecken übersäten Händen über eine Armee brodelnder Kessel und Töpfe herrschte. Die heiße, feuchte Luft war von durchdringenden Düften erfüllt, Dampf wand sich in Spiralen von den Töpfen empor und waberte nebelgleich um die rauchgeschwärzten Balken unter der niedrigen Zimmerdecke. Die Frau musterte das Mädchen mit abschätzendem Blick und entdeckte prompt den Tränenschleier in den haselnussbraunen Augen. »Hast du schon wieder deinen Onkel geärgert?«
    »Er ist nicht mein Onkel!«, fauchte Polly, während sie einen leeren Krug von einem Haken an der Wand nahm. »Sieh dich ja vor, mein Mädchen! Wenn er nicht wäre, hättest du kein Bett zum Schlafen und nichts zu essen im Magen«, erklärte Prue. »Hat er sich um dich gekümmert und für dich gesorgt? Jawohl, das hat er, so als wärst du sein eigen Fleisch und Blut und nicht ein dahergelaufenes Balg aus Newgate«, fügte sie mit gedämpfter Stimme hinzu.
    Polly hörte es zwar trotzdem, aber sie hatte diese unschöne Bezeichnung in ihren siebzehn Lebensjahren schon so viele Male gehört, dass sie sie mittlerweile nicht mehr zu verletzen vermochte, falls sie es überhaupt jemals gekonnt hatte. »Josh will eine Spezialmischung«, sagte sie teilnahmslos. »Aufgefüllt mit Glühwein.« Sie reichte Prue den Krug.
    Ihre Tante nickte. »Der Gentleman in der Ecke, nehme ich an. Ich hab zuerst gedacht, er wartet auf jemanden, aber wenn er allein ist, dann kann uns wohl nichts passieren.« Sie tauchte eine Schöpfkelle in einen der Kessel und füllte den Krug, ehe sie verschiedene Gewürze aus einer Ansammlung kleiner Keramikgefäße zu dem erhitzten Wein hinzufügte. Polly schaute schweigend zu. Eines dieser Gefäße enthielt ein Pulver, das alles andere als harmlos war, und als sie ihrer Tante - angetan mit fleckenübersäter Schürze und schmuddeliger Haube - zusah, wie sie das heimtückische Gebräu mischte und umrührte, erschien Polly der brodelnde, von Dampfschwaden durchzogene Raum plötzlich wie die Giftküche einer Hexe.
    Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, und Polly neigte den Kopf, um sich mit ihrer eigenen, ebenfalls alles andere als sauberen Schürze das Gesicht abzuwischen. Es musste doch eine Welt jenseits dieser Mauern geben; es musste doch irgendwie möglich sein, das Ziel zu erreichen, das in den langen, schlaflosen Stunden der Nacht stets so verheißungsvoll glitzernd vor ihrem geistigen Auge stand. Eines Tages würde sie all das hinter sich lassen und in eine ganz andere Rolle schlüpfen als diejenige, die ihr in diesem schäbigen, verkommenen, beengten Dasein zugewiesen worden war, wo alles Denken und Handeln von den Nöten der Armut bestimmt wurde und die Schlinge des Henkers die einzige gefürchtete Konsequenz war. Sie brauchte nur einen Gönner, irgendeinen reichen Gentleman, den sie von ihrem Talent überzeugen könnte und der sie den Leuten vorstellte, die die Theater leiteten. Das Problem war nur, dass Gentlemen mit dicken Brieftaschen und großem Einfluss eher selten in der Taverne verkehrten, und wenn doch, so wie es bei ihrem nächsten Opfer der Fall war, dann hatte Josh bereits ein anderes Schicksal für sie geplant - und zwar eines, das sie daran hinderte, Polly in irgendeiner Form ihre Hilfe anzubieten. Sie nahm den gefüllten Krug von ihrer Tante entgegen und kehrte wieder in den Schankraum zurück. Als Nächstes würde sie den Gentleman dazu bewegen müssen, mit ihr in die Schlafkammer im oberen Stockwerk hinaufzugehen, wo er dank Prues Spezialtrank bewusstlos werden würde, damit Josh und seine Kumpane ihn in aller Ruhe um sein Hab und Gut erleichtern konnten. Was danach mit ihm geschah, brauchte Polly nicht mehr zu kümmern. Nachdem ihre Aufgabe erfüllt war, würde man sie fortschicken, damit sie ihre Pritsche unter der Treppe aufsuchte und ihre Ohren vor den verdächtigen Geräuschen im Gang ver-schloss - vor den
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