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Lilith

Lilith

Titel: Lilith
Autoren: Jennifer Schreiner , Daria Sarafin
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glücklich wurde.
    Mit dem Anflug eines schlechten Gewissens nahm ich Kontakt mit den Cherubim auf und fühlte meine Vermutung bestätigt.
    Lilith wollte fliehen!
    Ich sah ihr Bild durch die Augen der Cherubim und wieder übermannte mich Wut, Hilflosigkeit und Liebe.
    Die Cherubim hatten ihre Absichten noch nicht erkannt, sondern glaubten, sie wolle sich nur ein Bild von der Größe Edens machen, doch ich wusste, dass sie verzweifelt etwas suchte.
    Aber was?
    Als sie beinahe wieder bei Adam war, stieß ich zu der großen Gruppe von Engeln, die sie begleitet hatte.
    Die Frau würdigte mich keines Blickes und schien zu überlegen, was sie jetzt tun sollte. Der leidende Gesichtsausdruck, den sie aufgesetzt hatte, schnürte mir die Kehle zu.
    Mit einer knappen Geste wies ich die anderen Engel an, uns allein zu lassen.
    Die Frau schien es nicht zu bemerken, oder es war ihr egal. Anscheinend hatte sie beschlossen, uns zu ignorieren. Ohne den Blick zu heben ging sie direkt an mir vorbei.
    Was wollte sie machen? Einmal quer durch Eden laufen?
    Unwillkürlich bewunderte ich ihre Entschlossenheit und folgte ihr.
    Stunde um Stunde lief ich hinter ihr her und kam mir dabei sehr dumm vor. Ich hoffte, dass sie wenigstens bemerkte, dass ich es nur für sie tat.
    Bei Einbruch der Dämmerung war sie dem Baum für meinen Geschmack zu nahe.
    „ Etwas wird geschehen, Gabriel. Jahve spielt nicht fair!“, hörte ich Samiel in meinem Hinterkopf sagen, überholte die Frau und versperrte ihr den Weg. Jetzt würde sich zeigen, ob sie denken konnte.
    Sie blieb stehen und musterte mich, als wenn sie mich jetzt tatsächlich zum ersten Mal bewusst wahrnahm. Ihr Gesichtsausdruck ließ auf nichts Gutes schließen, als sie bemerkte, dass ich verneinend den Kopf schüttelte.
    Da sie mich immer noch unverhohlen musterte, nahm ich mir dasselbe Recht heraus und betrachtete sie eingehend. Mein Blick schweifte über ihre sündhaft vollen Lippen, die leicht schräg stehenden grünen-goldenen Augen und ihre langen, goldenen Haare. Selbst ihre Haut schimmerte in einem sanften Goldton. „Das erste Gold der Menschen.“ Sie war makellos und vollkommen.
    „ Gütiger Gott! Für diese Frau würde jeder Engel fallen!“ , wisperte der Rest meines Verstandes. Irritierender Weise musste ich dabei an Samiel denken und wünschte, er könne sie sehen und lieben.
    Sie riss mich aus meinen Gedanken, als sie einige Schritte nach rechts auswich, um mich zu umrunden. Ich verstellte ihr wieder den Weg.
    Die Art und Weise, wie sie mich nun ansah, amüsierte mich. Sie wirkte intelligent und erbost.
    „Wie wäre es mit einer Erklärung?“, fauchte sie mich an.
    Ich gab mir Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken und wies mit der Hand zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war.
    „ Sie ist unwiderstehlich, wenn sie wütend ist. Von mir kann sie alles haben“, dachte ich und entschloss mich, zu sehen, wie weit ich sie noch ärgern konnte. – Ihr ist doch langweilig gewesen. Ich lächelte sie begütigend von oben herab an.
    „Sprich mit mir!“ Ihre Stimme war eine einzige Forderung.
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Aber du kannst sprechen?!“, vermutete sie und ich nickte gönnerhaft.
    Sie starrte mich an, als hätte ich sie geschlagen. Für einen Moment fühlte ich mich gar nicht mehr stark und vollkommen, sondern so, als hätte ich sie mehr verletzt als Adam, der sich nicht genügend um sie kümmerte.
    Ich schluckte und überlegte, was ich jetzt noch sagen konnte, doch sie kam mir zuvor.
    „Deine Stimme wirst du auch brauchen können!“, hörte ich sie gehässig sagen. Im nächsten Augenblick trat sie mir vors Schienbein und war an mir vorbei, bevor ich begriff, was sie vorhatte.
    Für Sekunden war ich von ihrem Mut wie gelähmt, dann nahm ich die Verfolgung auf und war genau hinter ihr, als sie wie angewurzelt stehen blieb.
    Mit voller Wucht prallte ich gegen sie und riss sie von den Füßen. In meinem hilflosen Versuch sie aufzufangen, verlor ich das Gleichgewicht und gemeinsam kugelten wir auf die Lichtung, vor der sie gebremst hatte.
    Die vier Seraphim, die vor dem Baum Wache gehalten hatten, griffen nach ihren Flammenschwertern. Als sie mich erkannten, verharrten sie regungslos.
    Ich nickte ihnen beruhigend zu: Alles unter Kontrolle.
    Dann starrte ich überrascht auf die Hand, die Lilith mir hinhielt.
    Am liebsten hätte ich sie geküsst und damit ihr Friedensangebot angenommen, doch ich begnügte mich damit, die Hand zu nehmen und mir von ihr aufhelfen zu
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