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Lilith

Lilith

Titel: Lilith
Autoren: Jennifer Schreiner , Daria Sarafin
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selbst fremd war.
    Michael und Raffael ließen mich gewähren. Sie wussten, es gab nichts, womit sie meiner Raserei Einhalt gebieten konnten.
    Erst als das Schluchzen der Cherubim durch den Feuerwall meiner Wut drang, hielt ich inne.
    „Nein!“, flüsterte ich, als ich begriff. Als ich Jahves Stimme in meinem Herzen hörte.
    Michael und Raffael nickten, auch sie hatten gehört und entfernten sich.
    Ich setzte mich auf den Boden und weinte.
    „Es ist so unfair! Ich will es doch verstehen! Ich will doch nur Antworten!“, schrie ich in die Dunkelheit. „Ich will verstehen! Ich will verstehen!“ Es klang wie ein Gebet.
     
    Aber ich war auf mich allein gestellt.
    Allein.
    Nur Jahves Worte, die in der Dunkelheit in mir und um mich herum widerhallten. Seine Aufforderung, tiefer in die Schöpfung zu blicken, bevor ich sie weiter verdammte und ihn anklagte.
    Was ich nicht verstand musste ich verstehen lernen, oder?
    Ich beschloss dort anzufangen, wo meine Probleme begannen: Ich sammelte Materie um mich und wurde Fleisch – ein Engel in der Materie.
    Ohne darüber nachzudenken hatte ich einen männlichen Körper gewählt. Anscheinend konnten auch Engel in der Materie nur eine von beiden Formen haben.
    Ich verzichtete auf meine Flügel und setze Körperprozesse in Gang. Ich hatte damit gerechnet, mich schwach zu fühlen, fehlbar und verletzlich. Stattdessen fühlte ich mich vollkommen und stark, wie nie zuvor.
    Ich fühlte meine Männlichkeit und wusste mit einem Mal, worauf es ankam, ein Geschlecht zu haben.
    Ich erkannte die Stärke, die darin lag – und die Schwäche.
    Emotionen tobten in mir, die ich nicht kannte. Die stärker waren als der Verstand und das Fleisch kannte seinen Gegenpol und verlangte nach ihm! Es wollte eine Vereinigung, es wollte vollständig sein, wenn auch nur für einen Augenblick.
    Ich war schockiert und löste meinen materiellen Körper sofort wieder auf.
    Das war es? So etwas Primitives, um Vollkommen zu sein?
     
    „Samiel, du bist verbohrt!“, behauptete Gabriel, nachdem ich ihm von meinen neusten Vermutungen erzählt hatte. Er war der einzige Engel, der so mit mir reden durfte. Mein Gabriel, der zweite Engel, der Engel, der direkt nach mir erschaffen worden war.
    „Wenn du die Frau sehen könntest, würdest du mir Recht geben! Jahves Schöpfung ist vollkommen!“
    Ich schnaubte höhnisch. Nach meinem geheimen Experiment mit der Materie würde mir das niemand weismachen können.
    „Sie ist wunderschön und sie bemüht sich genauso zu sein, wie du dir die perfekte Schöpfung vorgestellt hast.“
    Ich starrte zu Boden, damit Gabriel meine Wut nicht erkennen konnte. – Er hatte ja keine Ahnung!
    „Sind sie glücklich?“ Ich stellte eine Frage, die mich interessierte.
    „Ich weiß es nicht!“, gab er zu. „Ich glaube, sie hasst Eden und sie mag Adam nicht.“
    „Du redest immer nur von ihr!“ Meine Bemerkung klang viel boshafter, als ich es geplant hatte.
    Gabriel zuckte zusammen, als er erkannte, dass ich Recht hatte.
    „Vielleicht liegt es daran, dass wir ihre Gedanken nicht lesen können?!“
    Eine vorgeschobene Entschuldigung für seine Gefühle, die er noch nicht deuten konnte. Ich schnaubte. Emotionen!
    „Vielleicht hat sie ja gar keine!“, kommentierte ich bissig. „Ich hasse sie!“, fügte ich hinzu. Wenn sie Eden hasste, musste ich sie hassen! Eden musste funktionieren!
    Gabriel schluckte. Es sah so aus, als wolle er widersprechen, doch als er mir in die Augen sah, verzichtete er darauf. Er sah, dass es stimmte.
     
    Wie sehr ich sie hassen wollte, sollte sich schon wenig später zeigen, als sich die Finsternis um mich zusammenzog, um ein Monster – wie eine zweite Haut – um mich herum zu bilden.
    Ich wusste von Jahve, dass dies Teil meiner Strafe war. Ich würde für die Menschen immer ein Monster sein. Also war ein Mensch in meinem Labyrinth.
    Ich wusste intuitiv, es würde die Frau sein. Die Frau, die Eden hasste!
    Es kostete mich Mühe zu warten, bis sie in der Mitte des Labyrinthes war. Erst dann versperrte ich ihr den Weg zurück nach Eden.
    Wenn ich ihr genug Angst machte, würde sie wieder zurückkehren wollen und in den Armen Adams ihr Glück finden!
    Ich schaute sie nicht an, sondern ging die Treppe hinab, bis ich kurz vor ihr stand. Erst als ich ihr Lachen hörte, machte ich mir die Mühe, sie anzusehen.
    Überrascht sog ich Luft ein und starrte sie an.
    Sie sah perfekter aus als jeder Engel, unschuldiger und sie lachte mit einer Herzlichkeit die ich
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