Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilith

Lilith

Titel: Lilith
Autoren: Jennifer Schreiner , Daria Sarafin
Vom Netzwerk:
seit dem Beginn der Materie bei den Engeln vermisst hatte.
    Sie lachte mich aus!
    Ich trat näher an sie heran, bis ich sie roch. Wie Eden! Eden war ihr Geruch, oder roch Eden nach ihr?
    Mir wurde schwindelig, trotzdem verringerte ich den Abstand zwischen uns weiter, bis die Dunkelheit sie beinahe berührte.
    Sie schloss die Augen. – Gut! Sie hatte Angst vor mir.
    Trotzdem traf es mich, sie mit geschlossenen Augen vor mir stehen zu sehen. Sie war so schön. Sie sollte keine Angst vor mir haben, sie nicht!
    Als hätte sie mich gehört, traf mich der Blick ihrer grünen Augen und zog mich in ihren Bann. Ich bemerkte kaum, dass sie ihre Hand gehoben hatte und durch die Dunkelheit griff.
    Als sie ihre Finger leicht auf meine Wange legten, zuckte ich zusammen.
    Sie konnte mich sehen! Mich! Nicht das Ungeheuer!
    Unter dem Blick ihrer Augen fühlte ich mich schuldig, so als hätte ich es verdient, unter Eden zu hausen, ausgeschlossen von Himmel und Schöpfung.
    Wut knotete sich im meinem Magen zusammen. Ich wollte, ich brauchte ihr Mitleid nicht.
    Trotzdem brachte ich nicht die Kraft auf, zurückzuweichen.
    Stumm beobachtete ich, wie Tränen ihre Wangen hinab rannen. Sie weinte um mich. Mein Inneres krampfte sich zusammen und erstickte meine Wut. Sie kannte mich nicht und trotzdem schenkte sie mir ihre Tränen.
    Ein bitteres Schuldgefühl machte sich in mir breit.
    Ich bin nicht schuldig! – Aufgebracht trat ich zurück und musterte sie provozierend.
    „Das ist also einer dieser Menschen!“, stellte ich mit beißendem Spott in der Stimme fest. Ich wollte sie abwerten, ihre Schönheit, ihr Mitleid und die angebliche Fähigkeit so perfekt zu sein, wie ich sie wollte.
    „Die Frau, von der alle Engel reden!“, schoss ich hinterher. Sie hielt meinem anklagenden Blick stand.
    Einsamkeit und die Suche nach einem Sinn in der Schöpfung las ich in ihren Augen und verlor mich für einen Moment in ihnen.
    Dann wurde ich wütend, weil ich mich in ihr erkannte und weil die Existenz dieser Frau beinahe einen Sinn ergab.
    Meine Fragen, in der Materie, aus der Materie, in den Augen einer Frau zu lesen!
    Ich musterte sie gleichzeitig abgestoßen wie fasziniert. Gottes Ebenbild in der Materie – mein Ebenbild in der Materie. Ich nahm fließende, goldene Haare war, goldschimmernde Haut und grüne Augen mit goldenen Flecken.
    Feingliedrig und weich und vollkommen und optisch das völlige Gegenteil von mir.
    Ihr Mund war leicht geöffnet, während sie meine Musterung über sich ergehen ließ und ich ertappte mich bei der Frage, wie sich ihre seidigen Lippen auf meinen anfühlen würden.
    Aufgebracht wischte ich diese Idee beiseite. Sie war nicht vollkommen! Sie war kein Engel und nicht unschuldig!
    Ich ließ einen Apfel in meiner Hand entstehen und hielt in ihr entgegen. Ich brachte sogar ein Lächeln zustande. „Möchtest du einen?“
    Sie wirkte schockiert und zu meiner Überraschung fing sie wieder an zu lachen.
    Das schien zur Gewohnheit zu werden und für einige Sekunden freute es mich, ihre aufrichtige Freude zu sehen. Dann schlug meine Stimmung in Wut um.
    „Du weißt, wie schön du bist und bist deswegen sehr wählerisch, nicht wahr?!“
    Ich sah den Schmerz in ihren Augen und es tat mir leid, dass ich bin, wie ich bin. Ich hatte sie verletzt und bedauerte es.
    Diese Schuld konnte ich eingestehen und würde sie in Zukunft zu verhindern wissen.
    Ich rechnete nicht mit einer intelligenten Antwort – oder mit einer, die mich berühren würde.
    „Ich kann auch gehen, wenn du wieder allein sein willst, Samiel!“, flüsterte sie mitfühlend, als hätte sie mich durchschaut.
    Ich schluckte. Meinen Namen aus ihrem Mund – ihrem vollkommenen Mund zu hören – war fast mehr als ich ertragen konnte.
    Ich hätte wissen müssen, dass sie meinen Namen kannte, sie kannte auch alle anderen Namen dieser Welt. – Ihrer Welt.
    Gehörte ich zu ihrer Welt? Auf einmal wollte ich es, so verzweifelt, wie ich vorher versucht hatte, sie von mir zu stoßen.
    Wann hatte ich mich das letzte Mal so gefühlt, während ich mit den anderen Engeln sprach? So verstanden und liebevoll geneckt?
    Sie wandte sich zum Gehen. – Nein!
    „Was siehst du in mir?“ Die Frage war mir entschlüpft, bevor ich es verhindern konnte.
    Prüfend musterte sie mich von oben bis unten. Was sie sah schien ihr zu gefallen. Ich fühlte mich trotzdem unvollkommen.
    Unsere Blicke begegneten sich und ich war verwirrt wie einfach es war, in ihre Seele zu sehen. Wie rein und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher