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Lila Black 03 - Elfentod

Lila Black 03 - Elfentod

Titel: Lila Black 03 - Elfentod
Autoren: Justina Robson
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Bad.

 
2
     
     
    Thingamajig saß auf Lilas Schulter, während sie zum Suk ging. Er plapperte aufgeregt über alles, was seine Aufmerksamkeit erregte, hielt sich diesmal mit seiner scharfen Kralle nicht wie sonst an ihrem Ohr fest, sondern hielt den Stoff ihrer gefütterten Weste umklammert.
    »Kannst du nicht mal still sitzen? Ich weiß nicht, warum du so nervös bist«, sagte sie gereizt. Der Tag war schwül, die Straßen waren voll von faulen, benommenen Dämonen, die sie entweder anstarrten und vor sich hin murmelten, ihr Glück- oder Todeswünsche zu ihrer Hochzeit zuriefen, während sie vorbeiging. Sie wollte ihnen eine verpassen, aber niemand schien in der Stimmung für ein Duell.
    Gelegentlich versuchten Fremde, ihr ein kleines Geschenk aufzudrängen, aber sie war vorgewarnt worden und leitete sie an den Diener um, der hinter ihr ging und der von Teazle instruiert worden war, die Geschenke einzusammeln und zu überprüfen. Der Diener hatte bereits einen vollen Sack zum Anwesen geschickt. Das Haus von Ahriman war eine der wichtigsten Dämonensippen gewesen, und mit dem Haus von Sikarza hatte es sich vor der Hochzeit ähnlich verhalten. Jetzt war ihre vereinte Macht riesig. Wer noch kein Bündnis mit einer der beiden großen Familien geschlossen hatte, versuchte sich jetzt an sie zu hängen.
    Der Kobold neben ihrem Ohr beendete seinen Vortrag zur Geschichte der Bündnisse des Hauses von Ceriza, an dem sie vor einiger Zeit vorbeigekommen waren, und stieß einen unglücklichen Laut aus, um dann zu flöten: »Ich habe deutlich mehr Anlass dazu, nervös zu sein, als du. Sie …« Er konnte nicht weiterreden, doch das war auch nicht nötig, denn das letzte Wort war von so viel Leid und Verzweiflung erfüllt, dass es genug aussagte.
    »Du wirst ihr doch sagen, dass du mich als Bediensteten behalten willst, oder?«, fragte er zum tausendsten Mal. »Also, du wirst es ganz schnell sagen, nicht wahr? Ich will nicht, dass sie auf dumme Ideen kommt und mich verbannt, bevor du ihr sagen kannst, dass du dein Versprechen einhalten willst, mir dabei zu helfen, meine wahre Identität zu finden. Das ist doch deine Aufgabe, deine und die der anderen, gute Taten zu vollbringen, so wie die Helden alter Zeiten, ja? Wie die Maha Animae der Vergangenheit. Du wirst mich, deinen kleinen Freund, ja nicht einfach in den Abgründen der Unendlichkeit schmoren lassen wie irgendeinen anderen Kobold, darauf wartend, dass ein unheilbar neurotischer Typ vorbeikommt und mich durch seinen Wahn wieder in die physische Welt zieht, das machst du doch nicht, oder? Nein, das wäre etwas ganz Schlimmes. Und wer weiß schon, wo ich ende? Ich könnte im Himmel über der Lagune stecken bleiben, nicht mal in der Stadt, und wie groß wäre dann wohl die Chance, dass irgendein Idiot nah genug an mir vorbeiflattert, um mich aus der grausamen Qual der Vorhölle zu befreien? Gleich null wäre sie. Über Tausende und Tausende und Tausende Jah …«
    Er sprach noch weiter, während Lilas Hand sich um seinen Kopf legte, aber als sich der Schraubstock, den ihre Hand darstellte, langsam schloss, verstummte er.
    »Ich werde es erwähnen«, sagte sie mit sehr ruhiger Stimme und ging schneller, bis sie fast lief. »Oh, tut mir leid, wie es scheint, zerquetsche ich gerade deinen Kopf…« Sie ließ los.
    Der Kobold stand einen Augenblick stocksteif, dann rieb er sehr vorsichtig sein Gesicht an ihrer Weste. »Du bist so gnadenvoll wie eine Göttin. Ich werde schweigen.« Und das tat er tatsächlich, obwohl er dabei vor Anspannung so stark zitterte, dass ihr sein Geplapper vielleicht doch als die bessere Alternative erschien.
    Madame Des Loupes war die beste Hellseherin dieses Zeitalters. Lila hatte sie bereits zuvor getroffen und Tee mit ihr getrunken. Damals war nichts Schlimmes passiert. Sie hatte keine düsteren Prophezeiungen oder schlechten Neuigkeiten erhalten, und der Tee war gut gewesen. Madame war ausgesprochen höflich mit Lilas Abstieg in die Hölle umgegangen und hatte natürlich mit allem recht gehabt. Leider hatte Lila mit feurigen Sümpfen und Röstspießen gerechnet und nicht mit intensiven Gefühlen und geistiger Qual, aber in beiden Fällen war Gefahr erkannt leider nicht Gefahr gebannt.
    Sie hatte ihre eigene Situation erst durchschaut, als es schon viel zu spät gewesen war. Sie hatte zu spät erkannt, was es bedeutete, wenn ein Dämon davon sprach, in der Hölle zu leben: Man lebte in der Welt der eigenen Illusionen. Dämonen sahen das als
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