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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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einem Tablett herein, und Lukas ging ebenfalls sein Frühstück holen.
    Vor der Tür des Haftraums lag der Katalog von Elektro-Conrad. Na also. Lukas hob ihn auf und nickte zufrieden.
    Mathilde schritt zum Pult, stellte ihre Aktentasche darauf, nahm den Panamahut ab und legte ihn daneben. Dann wandte sie sich ihrer neuen Klasse zu. Die Jugendlichen fläzten auf ihren Stühlen und unterhielten sich. Zwölf Mädchen, zehn Jungen. Alle vierzehn oder fünfzehn Jahre alt. Doch nach und nach verstummten die Gespräche unter Mathildes kaltem Blick und der gemeißelten Strenge ihrer Mundwinkel.
    »Guten Morgen. Ihr werdet künftig aufstehen und eure Gespräche einstellen, wenn ich das Klassenzimmer betrete. Ein Guten Morgen wäre zudem wünschenswert. Das üben wir gleich einmal.«
    Mit viel Stühlerücken und Gestöhn begaben sich die Jugendlichen in eine annähernd aufreche Haltung. Dann ertönte ein Gebrumm, das sich wie kollektives Magenknurren anhörte.
    »Soll’n das?« tönte es von einer der hinteren Bänke. »Wir sind Schüler, keine Marines.«
    Kichern.
    »Tobias Landwehr, nicht wahr?«
    Nach dem Motto Erkenne deinen Feind hatte Mathilde jeden Schülerbogen studiert.
    Der Schüler, ein kleiner Rothaariger mit Brille, nickte.
    »Du tauschst bitte den Platz mit Uta Liesegang in der ersten Bank.« Ein dünnes Mädchen blickte erstaunt auf, entfaltete sich dann zu beachtlicher Länge und bewegte sich widerstrebend nach hinten. Tobias schlurfte nach vorn.
    »Das Aufstehen dient euch als Zeichen, euch zu sammeln und auf meinen Unterricht zu konzentrieren«, erklärte Mathilde. »Setzt euch, bitte.«
    Die Schüler plumpsten auf die Stühle, als hätten sie einen Marathon hinter sich, aber niemand redete mehr. Wieder musterte Mathilde einen nach dem anderen.
    »Mein Name ist Degen. Einige von euch kennen mich. Ich mache keine Kuschelpädagogik. Lernen ist immer ein schmerzlicher Prozeß, egal was euch bisher darüber erzählt wurde. Wenn ihr Spaß haben wollt, dann seid ihr hier falsch. Hier geht es um Leistung.«
    Sie ließ ihren Worten Zeit, in die Köpfe einzudringen, ehe sie fortfuhr: »Nun die Regeln: Ich dulde keinerlei Gespräche während des Unterrichts. Ich lege Wert auf Pünktlichkeit und Ordnung. Ich kontrolliere eure Mappen unangekündigt und unregelmäßig, Mappenführung wird benotet. Erfolg ist lediglich eine Frage der Disziplin. Was die Kleidung betrifft …«, sie sah in die Runde, registrierte ein paar nackte Bäuche und umgedrehte Baseballkappen, »… wir sind hier nicht im Dschungelcamp und ihr seid auch nicht die Loser aus den MTV -Clips, die vor brennenden Ölfässern herumzappeln. Ah, und eines noch: Ich bin der modernen Kommunikationstechnik sehr zugetan, wir werden daher im nächsten Schuljahr zusammen die Cebit besuchen. Dennoch möchte ich der Sicherheit halber erwähnen, daß MP3-Player, Discmen und Mobiltelefone im Unterricht nichts zu suchen haben.«
    Jetzt grinste die Klasse. Jeder kannte die Geschichte, wie Mathilde letztes Jahr ein musizierendes Handy aus dem Fenster des zweiten Stockwerks geworfen hatte. Der Apparat war auf dem Kopfsteinpflaster des Schulhofs zerschellt. Er hatte dem Biologielehrer gehört, der es auf dem Fensterbrett vergessen hatte. Seine Frau war zu der Zeit hochschwanger gewesen.
    Mathilde war fürs erste zufrieden. Sie waren wie junge, ungezogene Hunde. Begegnete man ihnen mit natürlicher Autorität, dann war es … Mathilde stutzte, als sich ihr Blick in einer weit aufgerissenen Mundhöhle verfing. Sie ging auf den Schüler zu.
    »Lennart Schuster.«
    »Äh, ja?«
    »Du hast mich gerade angegähnt.«
    »Ich habe nicht Sie angegähnt, Frau Degen, ich habe einfach so gegähnt. Für alle.«
    Mathildes Augenbrauen schnellten nach oben. Die Sekunden dehnten sich, es war sehr still geworden. Dann sagte sie mit sanfter Stimme: »Ich weiß, es ist früh, und euer überbordender Hormonspiegel läßt euch Teenager nicht vor zwölf Uhr in der Nacht müde werden, weswegen ihr um acht Uhr morgens noch völlig unausgeschlafen seid. Ist es nicht so?« Sie sah den Gähner katzenfreundlich an.
    »Ja, schon möglich.«
    »Steh bitte mal auf, Lennart.«
    Als mache ihm die Erdanziehung übermäßig zu schaffen, mühte sich der Schüler in die Senkrechte.
    »Du weißt sicher, wo sich der Sanitätsraum befindet, nicht wahr? Da gehst du jetzt hin und hältst ein Nickerchen auf der Liege, sagen wir bis viertel vor neun. Für die Englischstunde bei meiner Kollegin solltest du
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