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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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in Singapur etwa 25 Menschen wegen Drogendelikten gehängt. Der letzte Europäer, der Niederländer van Damme, wurde 1994 hingerichtet, nachdem er mit 4,3 Kilogramm Heroin im Koffer erwischt worden war.
Die deutsche Botschaft und das Auswärtige Amt haben sich inzwischen in den Fall der deutschen Lehrerin eingeschaltet.
     
    »Tja, da pfeift ein anderer Wind«, sagte der Bedienstete und legte die Zeitung weg.
    »Wo?« fragte sein junger Kollege, die Augen auf den Monitor gerichtet.
    »In Singapur. Todesstrafe fürs Dealen.«
    Der Jüngere blickte auf. Vor dem Gitter zur Station stand eine Frau in Jeans, die ein Namensschild der JVA über der Brust trug. Sie hatte eine Mappe in der Hand. »Kennst du die?« fragte er seinen älteren Kollegen.
    »Ja. Die ist vom Psychologischen Dienst. Was will die denn hier?«
    »Ich frag’ sie«, sagte der Junge und ging zu ihr. Er versuchte, das Namensschild zu lesen, ohne daß der Eindruck entstand, er würde ihr auf den Busen starren. Aber viel war da ohnehin nicht zu sehen, weil sie trotz der freundlichen Temperaturen, mit denen der September den naßkalten August abgelöst hatte, einen weiten, roten Pullover trug. Er biß sich mit ihrer Haarfarbe.
    »Ich möchte bitte zu Lukas Feller«, sagte sie freundlich.
    »Soll ich ihn ins Anwaltszimmer bringen?«
    »Nicht nötig. Er muß nur kurz das Protokoll seiner Eingangsdiagnostik unterschreiben.«
    Der junge Schließer warf dem Älteren einen unsicheren Blick zu. Der nickte kurz und vertiefte sich wieder in seine Zeitungslektüre.
    Treeske folgte dem Schließer. Es war Mittagszeit. Einige Häftlinge standen in den Türrahmen ihrer Zellen und lauerten auf den Küchenwagen. Der Geruch nach Eintopf zog durch das Gebäude. Der Bedienstete blieb vor einer Zelle stehen und klopfte höflich gegen die Tür, die weit offen stand.
    »Besuch für Sie, Herr Feller!«
    Lukas, der am Tisch saß, wandte sich um. »Hakan, laß uns kurz allein«, sagt er zu dem Häftling, der auf einem der beiden Betten lag und ein Radio ans Ohr hielt. Der Angesprochene stand träge auf und schlurfte aus der Zelle hinaus.
    Treeske zog die Tür hinter ihm zu.
    »Meine kleine Marie ist gekommen«, flüsterte Lukas lächelnd.
    »Ja, sie ist gekommen.«
    Treeske lächelte ebenfalls, als sie unter ihren Pullover faßte.
    »Was tust du da, Treeske?«
    »Einmal muß es aufhören«, antwortete sie.
    Der junge Bedienstete war schon fast am Stationszimmer angekommen, als er den Türken aus Fellers Zelle kommen sah. Gleichzeitig bemerkte er, daß die Tür von Fellers Haftraum geschlossen war. Diese leichtsinnige Tussi! Er machte kehrt und ging auf die Zelle zu, als der Schuß fiel. Ohne zu überlegen riß er die Tür auf. Da fiel der zweite Schuß, und Treeske Tiffins Gehirn spritzte gegen die Wand.
Changi-Frauengefängnis, Singapur, 23. Januar 2006
Liebe Leona,
endlich ist mein Prozeß vorüber, und ich darf Dir schreiben.
Es fing alles so wunderbar an. Die Schule ist großartig, sie haben mir ein kleines, aber sehr schönes Apartment zur Verfügung gestellt. Ich war gerade zwei Wochen im Dienst, als eines Abends eine Horde bewaffneter Polizisten die Tür aufbrach, hereinstürmte und alles auf den Kopf stellte. Ich wurde gegen die Wand gedrückt, durchsucht und mit einer Schußwaffe bedroht. Einer von ihnen sprach Englisch. Er hielt mir ein Päckchen unter die Nase und sagte immer wieder: »Drugs, drugs«. Dann legte man mir Handschellen an, und ich wurde auf eine Polizeistation gebracht. Ein Polizist verhörte mich stundenlang in schlechtem Englisch. Er berichtete, man habe in meinem Apartment Drogen gefunden, 50 Gramm Kokain. Immer wieder wurde ich gefragt, woher die Drogen seien, von wem ich sie hätte, wem ich sie verkaufen wollte. Erst am nächsten Tag durfte ich die deutsche Botschaft anrufen, die mir einen Anwalt besorgte.
Ich denke, wir wissen beide, wer dahintersteckt. Aber wie soll ich das beweisen?
Seit vier Monaten befinde ich mich im Changi-Frauengefängnis, im Osten des Landes. Die Haftbedingungen in Singapur haben mit denen in Deutschland wenig gemein. Fernsehen und Radio gibt es nicht, Zeitungen manchmal, aber sie sind stark zensiert. Ich teile mir die Zelle mit drei, zuweilen auch vier Frauen, die oft wechseln. Wir versuchen so gut es geht, miteinander auszukommen. Geschlafen wird auf Bastmatten. An Ventilatoren oder gar Klimaanlagen in den Zellen ist trotz der 30 Grad rund ums Jahr nicht zu denken. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie das ist, diese immer
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