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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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stellte sich zusammen mit den anderen Häftlingen im Flur auf. Der Hundeführer war mit dem Diensthund der Anstalt und einem ganzen Trupp Wachpersonal aufmarschiert. Der Hund passierte die Reihe der Männer anscheinend ohne Interesse, doch er würde es sofort merken, wenn jemand etwas am Körper versteckte. Drogen schienen für diese Tiere so intensiv zu riechen wie Thüringer Bratwurst. Lukas empfand jedesmal Bewunderung für die Arbeit des Hundes.
    Jetzt war seine Zelle an der Reihe. Der schwarze Schäferhundrüde beschnüffelte sein Schuhputzzeug. Lukas war bekannt für seinen Schuhputztick. Der Schließer öffnete alle fünf Dosen. Wenig später kamen Herr und Hund heraus, gefolgt vom Schließer.
    »Zu viele Bücher, Herr Feller. Sie wissen doch, daß nur fünf erlaubt sind. Sie haben acht.«
    »Drei davon gehören Karim.«
    »Der kann doch gar nicht lesen«, wandte der Schließer ein.
    »Deswegen darf er doch Bücher haben, oder etwa nicht?«
    »Treiben Sie es nicht zu weit, Herr Feller!«
    Lukas schug sich mit einer theatralischen Geste gegen die Brust und versprach, die drei überzähligen Bücher am Montag in die Bücherei zurückzubringen.
    Korinthenkacker! Mit den weiblichen Bediensteten kam Lukas Feller entschieden besser zurecht.
    Sie zogen weiter. Lukas wartete mit der Geduld und der Gespanntheit einer Raubkatze. Kusaks Haftraum war nun an der Reihe. Gestern, beim Hofgang, hatte Kusak Lukas zugeflüstert: »Wie geht es deinem kleinen Schwanzlutscher? Ist sein Arsch schon wieder zu gebrauchen?«
    »Er kommt seinen Pflichten nach«, hatte Lukas nur geantwortet.
    Kusak hatte seit kurzem eine Zelle für sich allein. Vermutlich wollte niemand für die Sicherheit eines Mitbewohners garantieren. Es dauerte keine zwei Minuten, bis Hund und Herr aus der Zelle zurückkamen. Aus tiefer Kehle knurrend hatte sich das Tier in eine Rolle aus Bast verbissen, die sein Herr mit beiden Händen festhielt. Die umstehenden Häftlinge drückten sich eingeschüchtert an die Wand. Lukas blieb gelassen, er kannte die Prozedur. Das Zerrspiel war die Belohnung für den Hund. Durch die martialischen Laute der Bestie hörte man den lauten Befehl: »Kusak! Umdrehen! Beine auseinander, Hände an die Wand!« Der Vollzugsbeamte trat aus Kusaks Zelle. Er trug Latexhandschuhe und hielt ein kleines Tütchen in die Höhe.
    »Im Fuß des Wasserkochers. Nicht gerade das originellste Versteck, Kusak.«
    »Scheiße! Was ist das?«
    »Umdrehen und Hände an die Wand, hab ich gesagt!« bellte sein Kollege.
    »Das ist getürkt! Damit habe ich nichts zu tun! Ich bin unschuldig!« brüllte Kusak und begann sich zu wehren, als ihm der Schließer Handschellen anlegen wollte. Sofort stürzten sich drei kräftige Bedienstete auf ihn, der Hund raste, die Häftlinge johlten und pfiffen, für einen Samstagmorgen war reichlich viel los. Als man Kusak an ihm vorbeiführte, blieb Lukas’ Gesicht ausdruckslos. Hinter Kusak hörte er einen Bediensteten murmeln: »Immer dieselbe Leier, alle sind sie unschuldig wie die Lämmer.«
    Schon immer war für Mathilde klar gewesen, daß sie niemals etwas mit einem Kollegen anfangen würde. Auch dann nicht, wenn er jung, blond und wie ein griechischer Gott gebaut war, sie das ganze Jahr über anlächelte und versuchte, sie in Diskussionen über Didaktik zu verwickeln.
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, Mathilde, aber Ihr Unterricht erinnert mich ein klein wenig an das vorvorige Jahrhundert.«
    »Es gab schon schlechtere Jahrhunderte.«
    »Zugegeben.«
    »Ich halte es mit den preußischen Tugenden. Wo wir gerade dabei sind: Können Sie die aufzählen, Herr Kollege?«
    »Pflichtbewußtsein, Unbestechlichkeit, Sparsamkeit, Ehrlichkeit … ähm …«
    »Haltung, Ehre, Ordnungssinn, Bildung, religiöse Toleranz, gerechte Justiz.«
    »Und was geschah zu guter Letzt mit dem preußischen Staat, Frau Kollegin?«
    »Er ging unter.«
    »–«
    Insgeheim schätzte Mathilde die Scharmützel mit dem aufsässigen Referendar.
    Doch Mathilde hielt sich an ihr Prinzip, Beruf und Privatleben zu trennen. Das hatte er schließlich akzeptiert. Bis zum Beginn der Sommerferien, dem Ende seines Referendariats. Da stand er vor ihrer Tür.
    »Also gut«, kapitulierte Mathilde. »Ich nehme dich mit nach oben, lege dir eine Decke vor den Ofen und stelle dir ein Schälchen Milch in die Küche. Nur hör auf, mich so weidwund anzusehen.«
    Sie trafen sich immer dann, wenn Florian seine Eltern in Hannover besuchte. Das geschah etwa alle zwei Monate und
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