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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind
Autoren: C Westendorf
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sie in Jans Gesicht. Sofort wurde Anna weich, denn Jan war schließlich schon seit Langem das Gesicht ihrer Sehnsucht. Das Schönste an allem war doch sowieso die Sehnsucht. Jan nahm sie in seine Arme, dann legten sie sich zusammen auf das glitzernde Eis. Anna war kein bisschen kalt, sie fühlte sich so unglaublich leicht und unbeschwert. Nichts zählte, nur dieser Moment. Wieder fühlte sie Jan in sich, genauso wie damals in seiner Wohnung in Hamburg. Aber das Beste war, dass Anna dieses Mal den Moment festhalten konnte. Jan war ihr Liebster, und in ihrem Traum legte sich diesmal kein anderes Gesicht über das seine.
    Aus müden Augen blinzelte Anna an die weiß getünchte Decke über ihrem Bett. Wieso war die eigentlich auf einmal weiß, fragte sie sich einen Moment lang, bis ihr der höllische Schmerz in der rechten Schulter bewusst machte, dass sie sich in einem Krankenhaus befand. Vorsichtig versuchte Anna, sich aufzusetzen. Neben ihrem Bett stand noch ein zweites, das, wie die daraufliegenden Zeitschriften zeigten,offensichtlich auch benutzt wurde. Als es kurz darauf an der Tür klopfte, begann sich ihr Krankenzimmer zu füllen. Tom stand neben ihrem Bett und mit ihm zusammen auch ihre Söhne Ben und Paul. Und hinter Pauls Kopf lugte jetzt noch ein anderes, wohlbekanntes Gesicht hervor. Jan. Endlich!
    „Was machst du nur für Sachen, meine Große. Dabei sollten wir jetzt doch alle bei euch zu Hause unterm Weihnachtsbaum sitzen und ein paar fröhliche Lieder singen“, meinte Jan mit leiser Stimme, als er Anna schließlich vorsichtig umarmte.
    „Tut es noch sehr weh?“, fragte Ben mit einem bewundernden Blick auf Annas Schulterverband.
    „Geht schon, aber ich bin echt froh, dass diese Sache einigermaßen glimpflich ausgegangen ist.“
    Plötzlich kam ihr Paula wieder in den Sinn. Das Letzte, woran sich Anna noch erinnerte, war Paulas lautes Schreien gewesen, danach hatte sie endgültig das Bewusstsein verloren. Wie war der Schusswechsel zwischen Elsa und ihr ausgegangen? Hatte sie Elsa getroffen, oder war der Schrei nur das letzte Lebenszeichen ihrer Freundin Paula gewesen?
    „Elsa Hollstein ist tot“, genau das hatte Weber doch zu ihr gesagt, bevor sie ohnmächtig geworden war.
    Auf einmal erinnerte sich Anna wieder an das, was gestern auf Paulas Dachboden passiert war. Sie hatte den Kampf gegen Elsa Hollstein zum Glück für sich entscheiden können. Aber es hätte nicht viel gefehlt, dass alles anders gekommen wäre. Es war wirklich an der Zeit, dass Weber endlich etwas gegen seine Höhenangst unternahm, in ihrem Job brauchte Anna einfach einen Partner, auf den sie sich verlassen konnte.
    „Was ist mit Paula?“

    „Och, es geht ihr nicht schlecht, auch wenn sie wegen ihres lädierten Beines zur Zeit nicht gerade schnell zu Fuß ist“, ergriff Tom das Wort. „Wir haben sie eben draußen auf dem Flur getroffen.“ Er wies auf das Bett neben Anna und grinste. „Nachher werdet ihr bestimmt noch so einiges zu bereden haben.“
    Anna schloss ihre Augen und atmete erleichtert auf.
    „Wenn du zu müde bist, können wir morgen noch einmal wiederkommen. Jetzt ist sowieso nicht der richtige Zeitpunkt, um dir jemanden vorzustellen“, meinte Jan mit zärtlicher Stimme.
    Erneut blinzelte Anna ins Licht, konnte ihre Augen aber beim besten Willen nicht ganz öffnen. Ihr war, als würde eine Horde wilder Pferde in ihrem Kopf herumtrampeln. Müde lächelte sie in Richtung der Hand, die sich soeben auf die ihre gelegt hatte.
    „Hello Anna, see you.“
    Die Hand der Brasilianerin fühlte sich weich und sehr leicht an. Mit letzter Kraft kniff Anna noch einmal ihre Augen zusammen und sah dunkle, lange Haare und einen geschlitzten, taubenblauen Rock, der den Blick auf wohlgeformte, schlanke Schenkel freigab. Seufzend schloss sie ihre Augen wieder und war kurz darauf eingeschlafen.
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