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Liebeskind

Liebeskind

Titel: Liebeskind
Autoren: C Westendorf
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großen Geist, und ab heute wollte sie akzeptieren lernen, dass dieses Geschenk das einzig Wichtige war. Denn einen großen Geist zu besitzen, bedeutete einsam zu sein.

    Paula räumte währenddessen ein wenig in ihrer Küche herum und wunderte sich, wo Sabine nur so lange blieb. Langsam war es an der Zeit, dass sich ihre Wege trennten, und Paula würde von sich aus auch nichts weiter dazu tun, den Kontakt zu Sabine aufrechtzuerhalten. Ihre Digitalkamera lag noch immer auf dem Küchentisch herum, und Paula wollte sie gerade wieder in ihr Etui zurückstecken, als ihr Blick auf das Display mit dem Foto fiel, das sie zuletzt aufgenommen hatte. Es war ein Foto von Sabine, der Frau, die sich jetzt gerade in ihrem Bad aufhielt. Paula betrachete das Bild noch einmal genauer und nahm nun zum ersten Mal Sabines dunkelrote, zu einem Zopf zusammengebundene Haare wahr. Ihr wurde kalt. Was zum Teufel wollte diese Frau von ihr? Paula suchte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy, in das sie Annas Telefonnummer eingespeichert hatte, konnte es aber nicht finden. Wo das Ding wohl nur wieder herumlag? Wahrscheinlich hatte sie es gestern auf dem Beifahrersitz ihres Autos liegen gelassen, grübelte Paula und wollte gerade draußen nachschauen, als sich die Tür des Badezimmers öffnete.
    „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich habe gerade fürchterliche Kopfschmerzen bekommen. Du hast nicht zufällig eine Migränetablette da?“
    Paula überlegte.
    „Irgendwo müsste ich noch etwas herumliegen haben, einen Moment, ich sehe eben nach.“
    Nachdem Paula nach oben gegangen war, löste Elsa mehrere Rohypnoltabletten in deren Tasse auf und füllte sie anschließend wieder mit heißem Tee. Es war schon lange her, dass Elsa dieses Medikament eingenommenhatte, sie konnte daher nur hoffen, dass die Dosis ausreichen würde.
    Fieberhaft überlegte Paula derweil im oberen Stockwerk ihres Hauses, was sie für Möglichkeiten hatte. Wie sollte sie es nur anstellen, zu ihrem Auto zu kommen und zu telefonieren, ohne dass Sabine etwas davon bemerkte? Als sie wieder herunterkam, hatte sie eine Tablette in ihrer Hand. Und darüber hinaus hatte sie auch eine Idee.
    „Hier, bitte, das hilft gegen fast alles, bestimmt auch gegen Kopfschmerzen.“
    Elsa tat, als schluckte sie die Tablette herunter. Dann bemerkte sie nebenher: „Ich habe uns noch einmal Tee nachgeschenkt. Möchtest du Zucker?“
    „Lieber Kandis und einen Schuss Milch.“
    Paula trank ihren heißen Tee und hoffte, dass Elsa ihre Unruhe nicht weiter auffiel. Wenn alles gut lief, müssten bei Elsa schon bald die ersten Auswirkungen des Schlafmittels zu sehen sein. Irgendwie schmeckte der Tee schal. Kein Wunder, dachte Paula, schließlich hatte sie ihn nicht einmal umgerührt.
    „Wenn du willst, dann ruhe dich noch ein bisschen da hinten auf meinem Sofa aus“, schlug Paula beiläufig vor. „Zumindest so lange, bis die Tablette wirkt. Ich bin gleich wieder da, muss nur kurz etwas aus meinem Auto holen.“
    Mit diesen Worten machte sich Paula zur Haustür auf, doch Elsa stand daraufhin schnell wieder vom Sofa auf, um sie nach draußen zu begleiten.
    „Nein, das ist nicht nötig, es geht schon wieder“, lächelte sie Paula freundlich an. „Was ist, willst du mir jetzt vielleicht deine Werkstatt zeigen?“

    Betont langsam und dicht gefolgt von Elsa schlenderte Paula durch den Hof hinüber zu ihrer Töpferwerkstatt. Während sie ging, spähte Paula durch den Sichtschutz zu ihrer Linken, aber der Parkplatz vor dem Nachbarhaus war verwaist. Die Hachmanns waren gestern früh in die Weihnachtsferien nach Österreich gefahren, und Herr Melcher von rechts war mit Sicherheit noch nicht von der Arbeit zurück. Aus dem Melcherschen Wohnzimmer dröhnte zwar ein Staubsauger, demnach schien wenigstens seine Frau zu Hause zu sein. Und Herr Melcher hatte angekündigt, heute noch auf jeden Fall bei ihr vorbeizuschauen, um das bestellte Teeservice abzuholen. Jetzt war es Mittagszeit, etwa ein Uhr. Bis zu Melchers Besuch am späten Nachmittag waren es also noch mehrere Stunden. Wenn Paula sich nicht täuschte und hinter ihr gerade die Frau den Schuppen betrat, nach der wegen dreier Morde gefahndet wurde, würde sie noch viel Zeit überbrücken müssen, bis ihr jemand zu Hilfe kommen konnte.
    „So, das hier ist nun meine Hexenküche“, plauderte Paula munter drauflos. „Hier siehst du meinen Brennofen, und da drüben“, sie zeigte auf ein Regal in der hinteren Ecke der Werkstatt, „mische
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