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Liebe, unendlich wie das Meer

Liebe, unendlich wie das Meer

Titel: Liebe, unendlich wie das Meer
Autoren: JESSICA BIRD
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war aber nicht angeleint, und er konnte sich nirgends festhalten. Ich hab es noch geschafft, nach ihm zu greifen, und seine Hand erwischt. Und dann …“
    Er konnte einfach nicht weitersprechen.
    „Alex?“, fragte sie leise.
    Verzweifelt rieb er sich über das Gesicht. Die schrecklichen Erinnerungen überwältigten ihn von Neuem, und er bekam keine Luft mehr.
    „Alex, was denn? Was ist dann passiert?“
    Hoffnungslos sah er sie an. Seine Stimme war so kraftlos, dass er sie kaum selbst hörte. „Ich … ich habe ihn umgebracht.“
    „Was? Nein. Nein, das kann nicht …“
    Hastig wandte er den Blick ab. Wenn er sie weiter ansah, würde er völlig die Fassung verlieren. Den Kopf in den Händen vergraben, murmelte er: „Ich habe zugelassen, dass das Meer ihn verschlang. Ich habe losgelassen. Ich habe … seine Hand … losgelassen. Ich … habe ihn … losgelassen … losgelassen …“
    Nun waren alle Dämme geborsten. Haltloses Schluchzen brach sich Bahn, und Alex konnte nicht aufhören, die schrecklichen Worte hervorzustoßen.
    Erst als ihm die Stimme versagte, ließ auch das Weinen nach.
    Cassandra umschloss seine Unterarme und zog ihm die Hände vom Gesicht. Sie kniete vor ihm, und in ihren grünen Augen stand tiefes Mitgefühl, als sie seine Wangen streichelte.
    „Oh, Alex, du konntest ihn doch gar nicht festhalten. Bei dem Sturm und den Wellen … Die Küstenwache hat mir erzählt, wie heftig der Hurrikan war. Du hast ihn nicht losgelassen. Er wurde fortgerissen.“
    „Nein! Ich sehe es doch immer wieder in meinen Träumen! Ich spüre, wie mir seine Hand entgleitet – und ich lasse einfach los.“
    „Schsch … schon gut, schon gut. Du darfst dir nicht die Schuld dafür geben. Wieso glaubst du, du hättest ihn getötet? Dazu hattest du doch gar keinen Grund.“
    „Doch. Hatte ich. Habe ich immer noch.“
    Sie zuckte zurück. „Aber warum?“
    Unsanft schob er sie von sich, stand auf und ging zum Fenster. „Er hatte etwas, was ich gerne wollte. Was ich brauchte. Was mir das Wichtigste auf Erden war …“
    Cassandra sah ihm nach, als er mit großen Schritten den Raum durchquerte. Er wirkte so angespannt, dass ihr schon der Anblick wehtat.
    „Und was war das, Alex?“, fragte sie leise.
    Als er sich umdrehte, sah sie seinen verzweifelten Gesichtsausdruck. „Du.“
    Verblüfft runzelte Cass die Stirn. „Was? Ich?“
    „Ich … ich liebe dich seit dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Ich wollte dich, träumte von dir, war von dir besessen. Du … du bist meine Wunderbare. Ich habe ihn losgelassen, weil ich dich wollte.“
    Obwohl sie seine Worte hörte, konnte sie es einfach nicht fassen.
    „Aber das kann nicht sein“, stammelte sie. „Du konntest mich von Anfang an nicht leiden.“
    „Ich mochte dich zu sehr.“
    „Du bist mir aus dem Weg gegangen.“
    „Was blieb mir anderes übrig?“
    „Du … aber du …“
    „Ich war seit sechs Jahren mit keiner anderen Frau zusammen. Weil ich immer nur dich wollte.“
    Sie sprang auf, ließ sich dann aber schnell wieder aufs Sofa fallen, als ihr schwindelig wurde.
    „Du kanntest mich doch gar nicht.“
    „Das war auch nicht nötig. Als ich zum ersten Mal das Meer gesehen habe, wusste ich sofort, dass ich dort sein muss. Bei dir war es genauso. Ein Blick in deine Augen, und ich war verloren. So bin ich nun mal. Ich weiß, was ich will. Und wo ich sein will.“
    „Aber als wir dann zusammen waren … Das erste Mal hast du aufgehört. Und dann hast du gesagt, nur ein Mal …“
    „Ich habe deinen Mann umgebracht. Wie konnte ich da mit dir schlafen? Aber dann … Oh Gott, dann habe ich es doch getan. Immer und immer wieder. Es tut mir so leid. Nicht, dass ich mit dir zusammen war, sondern, dass ich dir nicht gleich die Wahrheit gesagt habe.“
    Cassandra starrte aus dem Fenster und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen.
    „Also, damit das klar ist: Ich glaube nicht, dass du ihn getötet hast. Nicht einmal unbewusst. Du glaubst das vielleicht, aber ich würde mein Leben darauf verwetten, dass du ihn so lange wie möglich festgehalten hast und dass seine Hand dir einfach entglitt.“
    „Cassandra …“
    „Was hast du als Erstes gemacht, nachdem er untergegangen war?“
    „Ich habe die Taschenlampe geholt.“
    „Und was hast du damit gemacht?“
    „Ihn gesucht. Ich habe die Wellen abgesucht – nach seiner Schwimmweste. Ich habe immer wieder seinen Namen gerufen und …“
    „Und was hättest du getan, wenn du ihn entdeckt hättest?
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