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Liebe, unendlich wie das Meer

Liebe, unendlich wie das Meer

Titel: Liebe, unendlich wie das Meer
Autoren: JESSICA BIRD
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mit Reese nicht problemlos gewesen war, hieß noch lange nicht, dass sie weiterhin mit dem Mann schlafen würde, der die Schuld an Reeses Tod trug.
    Aber es ließ sich nicht ändern. Die Aussicht, das alles endlich nicht mehr unterdrücken und verstecken zu müssen, hatte auch etwas Befreiendes. Morgen würde alles zu Ende sein, und dann würde er aufs Meer zurückkehren und wieder segeln, so, wie er es Madeline beim Abschied heute Morgen versprochen hatte.
    „Die Crew wartet auf dich, Captain“, hatte sie gesagt und mit einem Augenzwinkern hinzugefügt. „Ohne dich können wir nicht leben.“
    Wie sehr er sich wünschte, Cassandra würde auch so denken!
    Der Besuch bei den Norwich-Brüdern verlief hervorragend. Sie verbrachten den ganzen Tag damit, Pläne durchzusehen und neue Ideen zu diskutieren, und auf der Rückfahrt war Alex beinah überzeugt, dass er Regatten segeln und trotzdem Boote bauen konnte. Mit seinem zusammengeflickten und bei Überanstrengung schmerzenden Bein würde er immer vorsichtig sein müssen. Wenn er es sich noch einmal brach, konnte er es ganz verlieren. Das waren nicht die besten Aussichten für eine lange Karriere.
    Spike warf ihm einen Blick zu. „Wollen wir irgendwo anhalten und noch was essen?“
    „Ich würde lieber gleich zu Grays Haus fahren“, erwiderte er.
    „Oh, dann kann ich mich wohl wieder auf einen mitternächtlichen Anruf einstellen, was?“, sagte Spike grinsend.
    „Mann, tut mir echt leid, dass ich dich gestern aus dem Bett geholt habe.“
    „Kein Problem, ich stichel doch nur ein bisschen. Ruf mich jederzeit an, ehrlich.“
    Als sie eine halbe Stunde später in Grays Einfahrt einbogen, stand statt Cassandras Range Rover jedoch ein weißer Chevy vor dem Haus.
    Stirnrunzelnd betrachtete Alex den unbekannten Wagen. „Warte bitte einen Moment“, sagte er zu Spike.
    Nach einem kurzen Gespräch mit Libby kehrte er zum Auto zurück. „Bring mich nach Hause“, stieß er hervor.
    „Was ist denn passiert?“
    „Sie ist weg. Nach New York zurückgekehrt. White Caps hat sie ihrem Mitarbeiter übertragen. Bring mich heim.“
    Cass schloss die Tür zu ihrem Penthouse in Manhattan auf und atmete tief den vertrauten Geruch nach Bienenwachs und altem Holz ein. Als sie die Reisetasche abstellte, glaubte sie fast, ein Echo in den hohen, weitläufigen Räumen zu hören. Ja, sie würde die Wohnung auf jeden Fall bald verkaufen. Sie war viel zu groß für eine Person … und sie barg zu viele Erinnerungen.
    Ziellos wanderte Cass durch die Räume. Das riesige Wohnzimmer mit seiner beeindruckenden Fensterfront auf den Central Park hinaus. Kostbare Antiquitäten, Teppiche und Stoffe überall. Stilistisch ein Traum, aber leer. Und kalt.
    Weil sie sich auf einmal schrecklich allein vorkam, schaltete sie in jedem Raum das Licht ein. In der Küche ging sie zum Kühlschrank und aß ein paar Happen von dem Käseteller, den das Hausmädchen bereitgestellt hatte. Danach nahm sie ihre rastlose Wanderung wieder auf. In der Bibliothek blieb sie stehen und starrte auf das Porträt von Reese über dem Kamin. Das Bild war von einem exzellenten Künstler gemalt worden, sodass man das Gefühl hatte, dass die Augen einem folgten, wenn man daran vorbeiging.
    Auf einmal hatte sie das Bedürfnis, sich mit Reese noch einmal richtig auszusprechen. So viel war zwischen ihnen ungesagt geblieben!
    „Ja, ich liebe ihn“, erklärte sie dem Portrait laut. Und weil sie wusste, dass Reese mit seinem Konkurrenzdenken diese Frage als Nächstes gestellt hätte, fuhr sie fort: „Und ja, ich empfinde mehr für ihn als für dich.“
    Unglaubliche Erleichterung durchflutete sie, und sie konnte gar nicht mehr aufhören. „Ich habe endlich gemerkt, wie wütend ich auf dich bin. Und wie sehr ich mich über mich selbst ärgere. Wenn ich dir das schon viel früher gesagt hätte, wäre alles vielleicht ganz anders gekommen. Du hast dich immer um mich gekümmert, aber leidenschaftlich geliebt hast du mich nie, oder? Und ich dich auch nicht“, gab sie nachdenklich zu. „Wir waren immer die besten Freunde, aber warum um alles in der Welt wolltest du mich heiraten?“
    Sie dachte an sein Testament. Sie war mehr als versorgt – er hatte ihr sein gesamtes Privatvermögen hinterlassen. Das war ihm immer das Wichtigste gewesen: dass sie wusste, er würde für sie da sein und sich um sie kümmern.
    Stirnrunzelnd versuchte sie, sich an seine letzten Worte zu erinnern. Er hatte sie angerufen, bevor er mit Alex losgesegelt war.
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