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Liebe, unendlich wie das Meer

Liebe, unendlich wie das Meer

Titel: Liebe, unendlich wie das Meer
Autoren: JESSICA BIRD
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Joy.
    „Und wie das geht.“ Wenn es sein musste, würde er auf dem Bauch zum White Caps robben. Das Haus selbst war zwar unbewohnbar, aber auf dem Gelände gab es noch eine große Scheune, an die sein Vater einen Werkstattschuppen angebaut hatte – mit einem Kanonenöfchen und einem kleinen Waschraum.
    „Du hast aber versprochen, dass du hierbleibst, bis du beim Arzt warst …“
    „Der Termin ist am Montag. Auf die drei Tage kommt’s ja wohl nicht an.“
    Joy starrte zu Boden. „Ich hatte so gehofft, dass wir bei meiner Hochzeit alle zusammen sind“, sagte sie leise. „Du, Frankie und ich. Es ist so lange her, dass wir eine Familie waren.“
    „Hör auf damit“, forderte er heiser.
    Verdammt, damit blieb ihm dieser Fluchtweg wohl versperrt. So selbstsüchtig und stur er sein konnte, er würde seiner kleinen Schwester nicht den glücklichsten Tag ihres Lebens verderben. Schlimm genug, dass sie ihre Hochzeit ohne die viel zu früh verstorbenen Eltern feiern musste.
    „Bitte bleib hier, Alex.“
    „Nur, wenn ich diese Frau nicht sehen muss.“
    „Aber sie möchte doch nur mit dir reden.“
    „Dann sag ihr, dass ich sie später anrufe.“ Darauf konnte sie dann lange warten.
    „Sag’s ihr doch selbst“, murmelte Joy. Nach einer Weile fügte sie hinzu: „Sie trauert genau wie du. Sie braucht Unterstützung.“
    „Aber bestimmt nicht von mir.“
    Sicher legte Cassandra keinen Wert auf den Trost eines Mannes, der sie schon jahrelang begehrte. Der sich jede Nacht vorstellte, wie es wäre, ihre seidige Haut zu streicheln und ihre Lippen zu berühren. Was nützten ihr Beileidsbekundungen von dem Mann, der sie erst zur Witwe gemacht hatte?
    Angewidert schloss Alex die Augen, als Übelkeit in ihm aufstieg.
    „Alex …“, sagte Joy bittend.
    „Ich kann ihr nichts geben“, stieß er hervor. „Weder Trost noch Unterstützung. Also sag ihr, sie soll mich in Ruhe lassen.“
    „Wie kannst du nur so grausam sein?“
    „So bin ich nun mal.“
    Als Joy endlich gegangen war, setzte Alex sich vorsichtig auf. Dann hob er das Gipsbein mit beiden Händen aus dem Bett, griff nach seinen Krücken, stellte sich mühsam hin und humpelte zum Spiegel.
    Er sah furchterregend aus. Seine Augen waren blutunterlaufen und lagen tief in den Höhlen. Das Gesicht war leichenblass und eingefallen, was durch die Bartstoppeln noch betont wurde.
    Ich bin ein Wrack, dachte er.
    In ein paar Tagen würde er erfahren, ob sein Bein nun endlich heilte oder unterhalb des Knies amputiert werden musste. Schon bei einer der ersten Operationen war ihm anstelle des mehrfach zertrümmerten Schienbeins ein Titanstab eingesetzt worden – der jedoch wegen einer Infektion wieder entfernt werden und durch einen anderen ersetzt werden musste. Dies war der zweite und letzte Versuch. Wenn sich bei dem Termin am Montag herausstellte, dass unter dem Gips wieder eine Infektion schwelte oder der Stab nicht angewachsen war, würde er das Bein unterhalb des Knies verlieren.
    Nicht, dass es einen Unterschied machte. Ob mit einer Beinprothese oder einem künstlich aufgebauten Knochen – wie er je wieder in seinem Beruf arbeiten sollte, stand völlig in den Sternen. Als professioneller Regattasegler musste man körperlich und geistig fit sein. Auf ihn traf im Moment beides nicht zu.
    Wieder klopfte es an der Tür.
    „Ich hab doch gesagt, dass ich sie nicht sehen will“, rief er.
    „Ja, das habe ich gehört“, erwiderte Cassandra leise von draußen.
    Alex schloss die Augen. Das fehlte ihm gerade noch!
    Entmutigt legte Cassandra Cutler die Stirn an den Türrahmen. Alex klang genau wie früher: ungeduldig, unwirsch und genervt von ihr. Der Mann hatte sie noch nie gemocht, was sie nicht weiter gestört hätte – wenn er nicht gerade Reeses bester Freund und Vertrauter gewesen wäre.
    Reese hatte ihr oft versichert, dass Alex auch auf andere unnahbar wirkte, doch sie wusste genau, dass es an ihr lag. Meist ging er ihr aus dem Weg – und wenn es doch mal zu einer Begegnung kam, starrte er sie finster an. Offenbar konnte er sie einfach nicht leiden, auch wenn sie ihm nie etwas getan hatte.
    Deshalb überraschte es sie auch nicht, dass er sie jetzt nicht sehen wollte – aber es verletzte sie. Obwohl sie es nun wirklich nicht nötig hatte, um Alex’ Zuneigung oder Respekt zu betteln, hoffte sie immer noch, dass sich ihr Verhältnis bessern würde. Mit seiner unglaublichen Disziplin und seinen hohen Ansprüchen, seinem durchtrainierten Körper und seinem wachen
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