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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung
Autoren: Mary Jo Putney
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daß sie ihn verlassen hatte.
    Nachdenklich blickte Benjamin auf die Pistole, steckte sie ein und half Jenny, die eingeschlossenen Mädchen freizulassen. Es waren nur drei, ein schwarzhaariges, das Enid hieß und Jenny kannte, sowie zwei fremde Kinder, die sich noch nicht lange bei Mrs. Bancroft befanden. Enid umarmte Jenny überschwenglich, und auch die beiden anderen Mädchen faßten schnell Vertrauen. Hastig rafften sie die wenigen Habseligkeiten zusammen und folgten Jenny, die ihnen erklärte, daß sie nun ein richtiges Zuhause und die Gelegenheit bekämen, sich ein besseres Leben zu schaffen.
    Sobald die Kinder in der Kalesche Platz genommen hatten, ging Benjamin zum Kutscher und sagte: „Warten Sie auf mich. Ich habe noch etwas zu erledigen.“
    „Sehr wohl, Sir“, erwiderte der Mann und nickte.
    „Steig ein, Jenny“, forderte Benjamin sie auf.
    „Nein!“ widersprach sie und schloß den Wagenschlag. „Was gibt es noch zu erledigen?“
    „Ich muß mit Weldon sprechen“, antwortete Benjamin ruhig. „Aber ich möchte es allein tun.“
    „Ich komme mit!“ entgegnete Jenny entschlossen. Kopfschüttelnd schaute Benjamin sie an, gab dann achselzuckend nach und kehrte mit ihr in das Bordell zurück. In der ersten Etage angekommen, blieb er vor der Tür stehen, hinter der Weldon eingesperrt war, zog die Pistole aus der Manteltasche und entsicherte sie. Er schloß auf und betrat vorsichtig den Raum, die Waffe im Anschlag.
    Der Baronet lag auf dem Bett, das Gesicht geschwollen und aus einer Schulterwunde blutend. Ächzend richtete er sich auf und starrte Jenny aus verquollenen, boshaft glitzernden Augen an. „Nanu, wen haben wir denn da?“ krächzte er und grinste gehässig. „Meine kleine Lieblingshure! Bist du zu mir gekommen, weil du mich so vermißt hast?“
    „Nein, weil ich sehen wollte, daß Sie am Ende sind!“ antwortete sie kalt. „Und eines Tages, schon sehr bald, werde ich auf Ihr Grab spucken.“
    Beruhigend legte Benjamin Jenny den Arm um die Schultern. „Sie wissen, daß Sie verloren sind, Weldon“, sagte er kühl. „Durch den Prozeß wird jeder erfahren, welche Verbrechen Sie begangen haben. Der Skandal wird Ihrer Tochter ein Leben lang anhängen. Falls Sie jedoch die Courage haben, sich selbst zu richten, wird niemand, auch Ihre Tochter nicht, je wissen, welch abscheulicher Vergehen Sie fähig waren. Denken Sie an Miss Elizabeths Wohlergehen und zerstören Sie nicht die Zukunft Ihres Kindes! Prinz Balagrini hat entschieden, die L & S nicht in den Bankrott zu stürzen. Das bedeutet, daß Miss Elizabeth dank Ihres Aktienanteiles nicht einmal Not zu leiden hat.“
    „Oh, nein!“ widersprach Charles haßerfüllt. „So einfach mache ich euch die Sache nicht! Vor Gericht werde ich mich mit allen Mitteln verteidigen. Nein, ich denke nicht daran, kampflos aufzugeben!“
    „Sie geben sich Illusionen hin, Weldon“, entgegnete Benjamin gleichgültig. „Nicht einmal ein Wunder könnte Sie vor dem Galgen retten. Aber ich gebe Ihnen nochmals zu bedenken, daß Ihre Tochter die Folgen des Prozesses nie verwinden wird!“ Bedächtig legte Benjamin die Pistole auf den Frisiertisch, nahm Jenny bei der Hand und verließ mit ihr das Zimmer.
    Der Schlüssel knirschte im Schloß, und unschlüssig starrte Charles auf die Tür. Mühsam schwang er sich vom Bett, hinkte zum Toilettentisch und nahm die Waffe hoch.
    Viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf, doch alle kreisten um Elizabeth. Sie war sein ein und alles, der Mittelpunkt seines Lebens, das einzige reine, unverdorbene weibliche Wesen, das er je gekannt hatte.
    Wieder sah er den Ausdruck ihrer Augen vor sich, als sie ihn ins Zimmer kommen sah. Ihr Blick war voller Vertrauen gewesen, erfüllt von Liebe und der Verehrung, die eine Tochter für den Vater haben mußte. Sie würde es nie verkraften ihn offentlich bloßgestellt zu sehen.
    Sie war ja auch nur ein Mädchen, würde nie begreifen, welchen Verlockungen ein Mann erliegen konnte. Hassen würde sie ihn, wenn sie hörte, was er getan hatte. Und es ließ sich nicht vermeiden, daß sie es irgendwann erfuhr. Ihre Liebe zu ihm mußte zerbrechen, und voll Abscheu würde sie sich von ihm wenden.
    Sein Tod würde Connery sogar des Vergnügens berauben, sich an seiner Schande zu ergötzen.
    Es war besser zu sterben. Langsam hob Charles die Pistole, setzte sie an die Schläfe und drückte ab.
    Ein Schuß hallte durch das Haus, und Benjamin lächelte flüchtig. Jennys Peiniger war tot.
    Unwillkürlich
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