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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung
Autoren: Mary Jo Putney
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durchzuckte Charles, als sein Kinn getroffen wurde, doch er ließ sich nicht beirren. In früheren Jahren hatte boxen gelernt, und die Erfahrungen kamen ihm nun zugute. Das Brennen in der Schulter ignorierend, kämpfte er um sein Leben und bemühte sich, den Feind in die Enge zu treiben.
    Jäh sah Michael sich wieder als zehnjährigen Jungen, der von Weldon gepeinigt wurde. Der aufgestaute Haß und der Abscheu vor dieser Kreatur verliehen ihm Kraft, und mit wilder Entschlossenheit drosch er auf Weldon ein.
    Charles merkte, daß er schwerfälliger war als Connery, wehrte sich jedoch verbissen. Unversehens traf ihn ein wuchtiger Hieb an der Schläfe, ihm wurde schwarz vor den Augen, und torkelnd sackte er in die Knie.
    Michael zog den Dolch aus dem Reitstiefel, kniete sich neben Weldon und setzte ihm die Klinge an die Kehle. „Du hast gelacht, als ich dir Rache schwor, doch jetzt wird das Lachen dir vergehen“, sagte er haßerfüllt und ritzte Weldon den Hals. „Das war für die fünfundzwanzig Jahre, die ich auf diesen Moment warten mußte.“
    „Hätte ich dich nicht vom Markt geholt“, erwiderte Charles keuchend, „wärest du als Sklave verkauft worden! Du solltest mir dankbar sein, daß ich dich davor bewahrt habe!“
    Michael hatte Mühe, sich zu beherrschen. „Und was hast du für Jamie McFarland und meine damaligen Gefährten getan?“ entgegnete Michael kalt. „Nichts! Du hast keinen Finger für sie gekrümmt und nicht einmal den britischen Konsul informiert! Deinetwegen sind sie in der Sklaverei umgekommen. Ich bedaure nur, daß du viel schneller sterben wirst als sie und nicht so lange leiden mußt.“ Er hielt Weldon das Stilett zwischen die Beine und fragte höhnisch: „Möchtest du erleben, wie es ist, entmannt zu werden? Dieses Schicksal hattest du doch einst mir zugedacht.“
    „Du dreckiger Hurensohn!“ schrie Charles angstvoll. „Mir tut es leid, daß ich dich in Tripolis nicht eigenhändig umgebracht habe!“
    „Ja, das war ein Fehler“, sagte Michael ironisch und hatte plötzlich das Gefühl, Saras Blick auf sich zu spüren. In seiner Wut hatte er sie ganz vergessen und schaute hoch. Sie stand, flach an die Wand gepreßt, und schaute ihn entgeistert an. Ihre bestürzte Miene brachte ihn zur Besinnung und riefen ihm ihre Herzenswärme, Güte und Nächstenliebe in Erinnerung. Sie würde ihm nie verzeihen, wenn er Weldon jetzt kaltblütig erstach. Sekundenlang rang er mit sich selbst, zog unschlüssig den Dolch fort und hielt ihn auf Weldons Herz gerichtet. „Verdammt!“ fluchte er.
    Von Grauen gelähmt, hatte Charles den Todesstoß erwartet und gebannt auf die Klinge gestarrt. Plötzlich hob Connery das Stilett, und das Licht brach sich auf dem glitzernden Stahl. „Nein!“ schrie Charles entsetzt auf.
    Sara sah Michael die Hand heben und schloß gequält die Augen, um nicht einen zweiten Mord miterleben zu müssen. Kein Röcheln, kein Ächzen durchbrach indes die Stille, und nach einem endlos erscheinenden Moment der Beklemmung schlug Sara die Lider auf, vor Überraschung nicht gleich begreifend, was sie sah.
    Charles lag am Boden, aschfahl im Gesicht, zitternd vor Angst, und das Stilett steckte neben seinem Hals im Teppich.
    „Du bist es nicht wert, daß ich dich töte“, sagte Michael verächtlich und riß den Dolch an sich. „Nein, meine Hände besudele ich nicht mit deinem Blut. Ich werde dich der Justiz ausliefern.“ Er stand auf, die Waffe wachsam vor sich haltend, doch er merkte, daß die Vorsicht unnötig war.
    Charles schlug die Hände vor das Gesicht und wimmerte um Gnade.
    „Komm, Sara“, forderte Michael sie auf. „Wir gehen, schließen Weldon hier ein und rufen die Polizei.“
    Sara bückte sich, hob die Pelerine auf und schlüpfte hinein. Den Mantel vor der Brust zusammendhaltend, um die Blöße zu verbergen, hastete sie zu Michael.
    Charles meinte zu träumen. Connery hatte ihn verschont. Ungläubig setzte er sich auf und starrte den Feind an.
    Michael hatte beide Pistolen aufgehoben, gab die entladene seiner Gattin und behielt die andere. „Jede Zeitung des Landes wird deinen Kopf fordern“, wandte er sich noch einmal in abfälligem Ton an Weldon. „Und du wirst hängen, und sei es nur für den Mord an Mrs. Bancroft. Dein Name wird gleichbedeutend werden mit allem Bösen und Verwerflichen dieser Welt.“ Michael nahm den Zimmerschlüssel an sich, verließ mit Sara das Zimmer und schloß von außen zu.
    Noch immer unter dem Schock der Ereignisse stehend,
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