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Liebe und andere Schmerzen

Liebe und andere Schmerzen

Titel: Liebe und andere Schmerzen
Autoren: Hrg. Jannis Plastargias
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malerisch, so unverrückbar hoffnungslos, als ob nur die unerfüllte Liebe von traumgleicher Schönheit sein könne. »Stellen sie sich vor«, begann er, »stellen Sie sich ein Mädchen vor mit einem kleinen, blütengleichen Gesicht, einem schmalen griechischen Kopf, bedeckt von dunkelbraunen Zöpfen, mit Augen, die wie veilchenblaue Brunnen der Leidenschaft sind, mit Lippen wie die Blätter der Rose. Sie war das entzückendste Wesen, das ich je in meinem Leben gesehen habe.«
    »Jetzt reicht’s!«, brüllte Lennart heraus und versetzte allen einen Schlag. Der eine oder andere flog dabei in hohem Bogen über den Tisch und fand sich unsanft auf dem Boden wieder.
    Die anfängliche Erleichterung Lennarts, nicht allein zu sein und das Problem seiner ungestillten Liebe für die Frau seines Herzens im Kreise seiner Freunde zu bereden, schwand allmählich. Lennart kratzte sich nervös am Nacken, denn er wusste, dass er sich der Konfrontation mit ihnen nun nicht mehr entziehen konnte. Selbst schuld, dachte er, wenn er sie alle unüberlegt herbeirief. Ihre Worte würden ihn plagen. Das ahnte er nun.
    Plötzlich rief Ernest ihm in Erinnerung: »Man kann vernichtet werden, aber man darf nicht aufgeben.«
    »Wobei nicht aufgeben?«, rief Lennart zurück, »Wobei denn?« Seine langen Locken fielen ihm in seiner Aufregung ins Gesicht. »Was verstehst du schon davon? Bleib du mal schön bei deinen Fischen.«
    »Man kann vernichtet werden, aber man darf nicht aufgeben«, ließ Ernest erneut erklingen.
    »Quatsch! Alles Quatsch!« Lennart riss wutentbrannt eine Hand hoch und winkte entnervt ab.
    Ernest aber blieb beharrlich. »Man kann vernichtet werden, aber –«
    »Aber, aber, aber. Gib endlich Ruhe! Hörst du? Einfach Ruhe!«
    »– aber –«
    »Nein.«
    »– aber man darf –«
    »Nein. Nein. Einfach nein!«
    »– darf nicht aufgeben. Man darf nicht aufgeben.«
    Die Worte waren heraus. Ernest hatte sich durchgesetzt. Lennart warf den Kopf auf das Kissen, welches neben ihm auf der Couch lag. Er vergrub darin das Gesicht gänzlich, um den Stimmen zu entkommen, die seine Gedanken infiltrierten. Aber sie ließen ihn nicht los.
    »Wenn du im Leben nichts lernst, dann lernst du von den Leuten auf der Straße noch weniger«, setzte Manuel nach. Was wollte ihm dieser Argentinier damit sagen? Der redet doch von ganz anderen Dingen, dachte Lennart. Er drehte sich auf den Rücken und lag mit ausgestreckten Armen und Beinen einfach nur da. Er dachte an sie, ununterbrochen. Verzückt war er vom himmelblauen Bett ihrer Augen, die ihn auffingen. Ein kurzes wehmütiges »ach« verließ seine Lippen und offenbarte den tiefen Kummer in seinem Herzen. Wie nur sollte er sie ansprechen? Was konnte er sagen? Ach, er würde ihr Herz ja doch nie für sich gewinnen können.
    »Was soll ich nur tun?«, rief Lennart plötzlich alle an.
    »Es irrt der Mensch, so lang er strebt.«
    »Was, verdammt noch mal, hat die Liebe mit der Wissenschaft zu tun, Wolfgang?«
    »Wer je gelebt in Liebesarmen,
    Der kann im Leben nie verarmen;
    Und müsst er sterben fern, allein,
    Er fühlte noch die sel’ge Stunde,
    Wo er gelebt an ihrem Munde,
    Und noch im Tode ist sie sein.«
    »Noch hab’ ich nicht gelebt, noch nicht in ihren Armen, Theodor, also spar mir deinen Gesang. Das hilft mir nicht.«
    »Freundschaft ist weit tragischer als Liebe. Sie währt länger.«
    »Nein, Oscar, nein. Absolut nein. Warum kann die Liebe denn nicht währen? Sie muss nur erst beginnen. Ach. Wenn sie doch nur begänne...«
    Lennart richtete sich wieder auf. Die Diskussion hatte ihn aufgebracht. Er stand auf und hastete durchs Wohnzimmer. »Das ist es nicht, Leute.« Er klang verzweifelt. »Was kann ich nur tun?«
    »Nicht, wie wir siegen, entscheidet über den Wert unseres Lebens, sondern wie wir verlieren.« Lennart richtete den von Nachdenklichkeit müden Kopf auf. Die Worte Ernests zeigten bei ihm eine erste hoffnungsvolle Wirkung.
    »Ich verstehe nicht zu schweigen, wenn das Herz in meiner Brust redet«, fügte Fjodor Michailowitsch hinzu. Lennart lächelte frohgemut. Das erste Mal wieder nach einer gefühlten Ewigkeit, wie er dachte.
    »Es spielt keine Rolle, wie gering die Anfänge zu sein scheinen. Was einmal wohlgetan ist, ist für immer getan.«
    Henry David hatte Recht, dachte Lennart schlagartig. Er hatte einfach Recht. »Das ist es!«, rief er laut heraus. »Ihr meint also, ich sollte sie einfach ansprechen?« Das Feuer war in ihm entfacht.
    Lennart malte sich aus, wie er bei
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