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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so
Autoren: Holger Montag
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kam zu schnell und unverbindlich, manchmal entscheiden eben Sekundenbruc hteile. Sicher, hier ging es nicht um Leben oder Tod, aber ich hatte es auf den letzten Metern doch noch geschafft, dem Ganzen seinen Zauber zu rauben, und kam mir schäbig vor. Der Ausdruck in Hannas Gesicht sprach Bände, sie wusste Bescheid. Dennoch küsste sie mich zum Abschied.
    „Hey, nun mach mal nicht so’n Gesicht!“
    „Hast Recht.“ Es klang nicht gerade überzeugend. Ich sah mir noch einmal ihr Outfit an, in dem sie gestern Abend hier reinmarschiert war. Seitdem schienen Jahre vergangen zu sein.
    Sie biss sich auf die Unterlippe. „Bis dann.“
    „Ja.“
    Als sie zur Tür raus war, stürzte ich mich in die Restaurierungsarbeiten meiner Wohnung, um mir die jüngsten Erinnerungen nicht vollends zu verderben. Nach zwei Stunden kam erstmals Land in Sicht, und ich gönnte mir ein Bier am offenen Fenster. Im selben Moment riss draußen die Wolkendecke auf, und ein einzelner Sonnenstrahl fiel durchs Fenster herein.
    Nichts sorgte bei mir für einen klareren Kopf als eine kleine Ausfahrt mit dem Sunbeam. D ie Sitze waren regennass, ich wischte sie flüchtig mit einem Lappen ab und drehte eine Runde zum Container. Die Kiste mit den Flaschen klirrte leise neben mir, im Kofferraum lag das Altpapier der letzten Jahrhunderte, den Plastikmüll hatte ich bereits unterwegs in einer Riesentonne der Caritas-Klinik entsorgt.
    Bei meiner letzten Abfall-Aktion hatte ich mich mit den Anwohnern in meinem Viertel angelegt, die mich wegen Verletzung der Sonntagsruhe beinahe angezeigt hätten. Daher gönnte ich dem Altglas eine Spazierfahrt und suchte mir eine Containerstelle etwas außerhalb der Stadt. Sie lag gleich neben einer Baustoffdeponie, und in den tief eingegrabenen Fahrrinnen der LKW stand das Wasser, was das Ausladen zu einem Abenteuer machte.
    Ein Hund kam neugierig näher, als die ersten Flaschen im Innern des Containers zerschellten. Er sah nach Mischling und im Übrigen ziemlich verwahrlost aus und trug keine Marke, so weit ich das erkennen konnte.
    „Verschwinde! Ksch!“ Mir war das Vieh nicht geheuer, ich scheuchte es ein paar Meter weiter. Es schnupperte an den Reifen des Sunbeam und hob dann sein Bein.
    „Hey!“ Ich machte einen Schritt auf ihn zu.
    Es knurrte hinter mir, und als ich mich umdrehte, stand da ein zweiter Hund. Genauso zerzaust, aber noch einen Tick größer. Seine Oberlippe zuckte und entblößte gelbe Eckzähne.
    Ich warf einen Blick hinüber zu dem Mischling, und im nächsten Moment durchzog ein stechender Schmerz mein rechtes Bein. Mein Auge folgte dem Schmerz und sah den anderen Köter an meinem Knöchel hängen und mich mit bösen Äuglein anblinzeln.
    Ich ließ die Flasche, die ich in der Hand hielt, auf das Hi nterteil des Hundes niedersausen, aber wie eine Zecke grub er seine Zähne nur noch tiefer in mein Fleisch. Als nächstes versuchte ich das Vieh im Nacken zu fassen, doch es war zu wendig und biss mich in die Hand. Bevor es sich wieder auf meinen Knöchel stürzen konnte, hatte ich den Flaschenhals mit beiden Händen umfasst und landete einen Home-Run. In hohem Bogen segelte der Hund durch die Luft und krachte gegen den Kotflügel des Sunbeam.
    Ehe ich noch ins Auto einsteigen konnte, war er wieder auf den Beinen und machte sich für den nächsten A ngriff bereit. Sein Kumpel stand einige Meter abseits und konnte sich offensichtlich nicht entscheiden, was von ihm erwartetet wurde.
    Ich tastete mich vorsichtig zum Koffe rraum vor und hob in Zeitlupe die Kiste mit dem Altpapier heraus. Der größere Köter ließ mich nicht aus den Augen und knurrte mich an.
    „Ich will nur hoffen, dass du kein Zirkushund bist“, sagte ich und steckte eine Zeitung in Brand. Man konnte sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Mein Knöchel lockte, aber das Feuer flößte ihm Respekt ein. Ich zündete eine neue Zeitung an und warf ihm die erste hin, er wich ein paar Meter zurück. Das Gleiche wiederholte ich mit dem anderen Hund, der mich mittlerweile ebenfalls anknurrte.
    Die beiden machten keine Anstalten, das Feld zu räumen, sie begannen bloß ohrenbetäubend zu bellen. Es war infernalisch, der brennende Schutzwall, den ich um den Sunbeam herum errichtete, wuchs Zeitung um Zeitung an, Stück für Stück drängte ich die Hunde zurück. Als ich in den Wagen sprang und die Container hinter mir ließ, stand der ganze Vorplatz in Flammen.
     
    Meine Hand blutete von dem Biss, zu Hause würde ich als Erstes in meinem
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