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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so
Autoren: Holger Montag
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geboten hätte, möglichst viel Zeit miteinander zu verbringen. Jetzt aber wollte ich nichts wie weg. Die Wohnung hing mir zum Hals raus, all die schönen Erinnerungen waren zum Teufel.
    Maries Sachen hatte ich in einen Karton gestopft und Carolin mitgegeben, die der Meinung war, ich könne sie nicht einfach in den Altpapiercontainer werfen. Da meine Wohnungseinrichtung nur noch aus Müllsäcken und Umzugskisten bestand, hatte Remy mir seine Gästecouch hergerichtet, so konnten wir am nächsten Morgen direkt von dort aus starten. Er und Caro halfen mir dabei, die leere Wohnung spätabends noch ein letztes Mal sauber zu machen.
    „Sieht riesengroß aus“, meinte Caro lin, als wir nach getaner Arbeit auf unseren Klappstühlen saßen und Pizza aus der Hand aßen.
    „Die Stelle da oben wollte ich immer mal ausbessern, e rinnerst du dich?“ Ich zeigte auf die Zimmerecke, in der die Tapete fehlte.
    „Wieder was gespart. Wann kommt der Vermieter wegen der Abnahme?“
    „Morgen Nachmittag. Remy wird ihm alles zeigen.“
    In der Tat hatte sich mein Vermieter großzügig gezeigt und mich vorzeitig aus dem Vertrag entlassen. Die Wohnung lag verkehrsgünstig zur Universität, er meinte am Telefon, er fände sicherlich schnell einen Nachmieter, ich solle mir darüber nicht den Kopf zerbrechen.
    E s gab noch andere angenehme Überraschungen. Hatten mir beim Einräumen des LKW noch ein gutes Dutzend Leute geholfen, sah ich mich im Geiste schon mit Leo alleine den ganzen Kram in Dortmund ausladen. Bis mir Carolin und Matthias eröffneten, dass sie uns begleiten würden. Mich freute das gerade wegen Caro, denn so wurde uns noch eine kleine Schonfrist miteinander eingeräumt. Ihr Macker war davon bestimmt nicht begeistert, ich dafür umso mehr.
    Meine Nachbarin erschien im Rahmen der geöffneten Tür . Es war die aus dem dritten Stock, auch sie hatte mir in den letzten Tagen beim Packen geholfen. Die nächste OP ihres Mannes stand an, sie erzählte mir, er sei zurzeit sehr wehleidig und habe ziemlich abgebaut. Als ich den Feierabend einläuten wollte, hatte sie einfach weiter gepackt, und mir war nichts anderes übriggeblieben, als mich ihr anzuschließen.
    „Hallo, Ruth . Kommen Sie doch rein!“
    „Schön, aber nur auf ein Bier.“
    Sie setzte sich zu uns, Remy wischte den Gipsstaub von der letzten Flasche.
    „Ist ein bisschen warm, der Kühlschrank ist schon eing epackt.“
    „Das ist nicht schlimm“, sagte sie und nahm einen Zug, „ist sowieso besser so für meinen Magen.“
    Im selben Moment gab die Glühbirne den Geist auf, und eine tote Motte fiel mir auf den Schuh. Wir saßen im Dunkeln, nur die Straßenlaterne ließ uns die Konturen der anderen erkennen.
    „Ich hab drüben noch Ersatzbirnen .“ Remy stand auf. „Bin gleich wieder da.“
    „Ach, lass doch“, meinte Carolin, „g ibt ja eh nicht mehr viel zu sehen.“
    Er setzte sich wieder, und wir schauten stumm zum Fenster raus, in dem sich ein fetter Vollmond breit mac hte.
    „Schön, nicht?“, fragte Caro.
    „Hm-m“, brummte Remy.
    „Wer hätte gedacht, dass ich noch mal mit zwei jungen Männern einen so romantischen Auge nblick erleben würde?“, meinte Ruth trocken. „Aber gefummelt wird nicht, meine Herren, Sie behalten Ihre Hände schön bei sich!“
     
    In aller Herrgottsfrühe brachen wir auf. Pünktlich um sechs standen die anderen vor der Tür, Remy servierte uns noch ein Omelett zum Frühstück. Als wir aus der Stadt rausfuhren, hatte ich das Gefühl, mein ganzes Leben hinter mir zu lassen. Ich war mir nicht ganz im Klaren darüber, ob mich das wirklich glücklich machte.
    Die Möbel hatte ich zum Teil verschenkt, ich war mir ohnehin nicht sicher gewesen, ob sie den Umzug übe rleben würden. So hatten wir relativ leichtes Spiel mit den Kisten und Kleinteilen, der Weg in den vierten Stock hinauf würde schließlich auch so noch anstrengend genug werden.
    „Wo soll das hin?“, fragte Ca rlos, der am späten Vormittag zu uns stieß. Er hielt mir die Designerlampe entgegen, die Marie bei ihrem Einzug mitgebracht hatte.
    „Die haben wir wohl übersehen, die sollte gar nicht mit“, sagte ich. „Gib sie am besten Leo wieder mit. Oder noch besser, schmeiß das Ding gleich in den Müll.“
    „Bist du verrückt? Das ist ne echte!“
    „Mir doch egal. Nimm sie mit, wenn du willst.“
    Das ließ er sich nicht zwei mal sagen. Im Grunde hatte mir die Lampe ganz gut gefallen, ich teilte Maries Faible für den Bauhausstil. Aber ich war mir sicher,
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