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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande
Autoren: Hannah Siebern
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Kapitel 1
    Die Einladung
    Liebste Violette,
    mit Freude möchte ich dir mitteilen, dass ich endlich den passenden Partner gefunden habe, um mich zu binden. Sein Name ist Bryan und er stammt aus der Familie der Ältesten. Wir sind wie für einander geschaffen. Er ist gutaussehend, hat die passende Herkunft und viel Einfluss. Alles andere wird sich durch die Verbindung gewiss noch geben.
    Ich weiß, dass ich mich seit meinem Erwachen noch nicht bei dir gemeldet habe, aber es hat sich während meiner Schlafphase so vieles verändert. Alle verhalten sich so absonderlich. Die Diener verlangen auf einmal Respekt und die Ältesten lassen sich von ihnen zum Narren halten.
    Ich habe auch davon gehört, dass dein Bruder Jason Caroline abgewiesen hat. Er hat sie verlassen und ist jetzt mit einer Dienerin verbunden. Dabei dachte ich immer, Jason wäre eine gute Partie. Ich wusste noch nicht einmal, dass eine Verbindung zwischen den Rassen überhaupt möglich ist.
    Es tut mir so leid, Violette. Das muss alles viel schrecklicher für dich sein, als für mich. Aber ich wusste einfach nicht, wie ich mit dieser neuen Situation umgehen soll, und habe mich deswegen von deiner Familie ferngehalten.
    Du warst immer eine meiner engsten Vertrauten und ich weiß, dass es nicht deine Schuld ist, dass dein Bruder so viel Schande über eure Familie gebracht hat. Daher möchte ich dich hiermit herzlich zu meiner Hochzeit einladen. Deine Verwandten sind mir herzlich willkommen und ich werde höchstpersönlich dafür sorgen, dass euch niemand auf die unerfreulichen Ereignisse der letzten Jahre anspricht.
    Ich weiß, dass ich es eigentlich gar nicht erwähnen müsste, aber auf der Feier ist leider nur willkommen, wer reinen Blutes ist. Diener haben wir selbst genug. Zumindest bisher noch. Wer weiß schon, wie lange das noch anhalten wird in dieser merkwürdigen Welt.
    Die Feier wird im Haupthaus der Ältesten stattfinden, da Noemi die Hochzeit für ihren Enkel gerne selbst gestalten möchte.
    Ich hoffe, dass die Entwicklungen in der Gesellschaft unserer Freundschaft keinen Abbruch tun werden. In freudiger Erwartung
    Nirwana
    Jason zerknüllte den Brief in seiner Hand und strich ihn dann wieder glatt, um die Zeilen noch einmal zu lesen. Dann zerknüllte er das Papier abermals und warf es wütend in eine Ecke. Violette, die neben ihm stand, verzog missbilligend den Mund, beschwerte sich aber nicht über seine Reaktion. In den letzten acht Jahren hatte sie gelernt, wie empfindlich er auf alles reagieren konnte, was Kathleen verletzte, und dieser Brief war wie ein Schlag ins Gesicht für sie beide.
    „Wirst du hingehen?“, fragte Jason nach einer Weile grimmig.
    „Natürlich“, gab Violette zurück. „Sie ist eine meiner besten Freundinnen.“
    Sie verschränkte ihre schlanken Arme vor der Brust und betrachtete ihren Bruder von oben herab.
    „Außerdem“, fügte sie hinzu, „ist es die erste Einladung zu einer Hochzeit, die wir seit den Aufständen erhalten haben.“
    „Das stimmt nicht“, stritt Jason ab. „Wir waren auf Harolds Hochzeit mit Thabea eingeladen. Ein ziemlich ungleiches Paar, wenn du mich fragst. Aber gut …“
    „Ich meine eine richtige Hochzeit“, stellte Violette klar. „Eine Hochzeit von jemandem unserer Rasse. Wir sind gemieden worden wie die Pest und ich glaube nicht, dass Mutter und Viktor über diese Entwicklung sonderlich begeistert wären.“
    „Die beiden schlafen“, gab Jason zurück. „Momentan sind sie über gar nichts begeistert. Und die Sache mit dem Schlafen ist auch der Hauptgrund dafür, dass unsere Rasse immer noch nicht dazu imstande ist, sich mit den neuen Begebenheiten anzufreunden. Alle hoffen, dass sie schlafen gehen und nach zehn Jahren alles wieder so ist wie früher.“
    „Tja. Das hoffe ich auch.“
    Jason betrachtete seine Schwester einen Augenblick und versuchte abzuschätzen, ob sie das ernst meinte. Doch ihre Miene gab nichts preis. Ihr blauschwarzes Haar floss lang und seicht über ihre Schultern und gab ihr wie immer eine elegante und gleichzeitig sinnliche Ausstrahlung, die Jason bloß deshalb kalt ließ, weil Violette seine Schwester war.
    Die ungebundenen Männer lagen ihr zu Füßen und selbst die gebundenen kamen manchmal nicht dagegen an, einen Blick zu riskieren, wenn Violette in der Nähe war.
    Jason wusste jedoch auch, dass noch sehr viel mehr in ihr steckte, als nur ein betörendes Äußeres. Violette war scharfsinnig. Sie wusste erheblich mehr über diese Welt als viele
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