Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
und waren offensichtlich glücklich.
    Meine Mama ist nicht irgendwo hinuntergesprungen … sie hat mich geboren und sich durchgebissen wie eine eingesperrte Ratte. Es ist nicht viel dabei herausgekommen, zugegeben. Ein Pierre de Sangries, der erfolglos malt, noch erfolgloser Stories schreibt, und der, um zu leben, morgens von 4 bis 7 in den Markthallen Kisten und Säcke schleppt, Ochsenseiten und Schweinehälften, ab und zu auch mal Kunstdünger, wonach man einen Tag lang stinkt, als habe man in Scheiße gebadet … aber es ernährt seinen Mann. Glauben Sie nicht, Mademoiselle, daß ich ein Nichtskönner bin, o nein! Ich verfertige auch Werbesprüche und male Plakate. Hat das Toulouse-Lautrec nicht auch getan? Ist er mit Hurenbildern nicht berühmt geworden? Vor einer Woche hatte ich einen schönen Erfolg. Hundert Francs von der Babyausstattungsfirma ›Bébé‹. Ein Plakat, auf dem ein Säugling lachend in einer Waschschüssel sitzt, gefüllt mit dem neuen Babyschaum ›Vapeur printanier‹. Frühlingsduft! Den Säugling für das Foto habe ich mir von Mademoiselle Marguite geliehen. Sie wohnt im Nebenhaus und hat drei Kinder ohne Väter. Drei, Mademoiselle! Und springt nicht vom Arc de Triomphe –
    »Wir sollten irgendwo eine Tasse Kaffee trinken –«, sagte er und blickte auf ihr zerrissenes Kleid und den Büstenhalter mit den Spitzenrüschen. Sie bedeckte die Blöße nicht wieder mit beiden Händen, sondern preßte die Fäuste gegen ihre Schläfen, als springe ihr Kopf auseinander. »Das hatte ich schon vor, nachdem Sie mir Fifi zertrümmert hatten. War das auch schon ein Versuch? Sehr, sehr schlecht, Mademoiselle.«
    »Ich habe Sie gar nicht gesehen –«
    »Aber Sie haben mich groß angeblickt.«
    »Ich habe Sie trotzdem nicht gesehen. Ich habe nichts mehr gesehen … können Sie das nicht verstehen?«
    »Trinken wir Kaffee?«
    »So?« Sie zeigte mit dem Kinn auf das zerrissene Kleid. »Selbst in Paris wird man sich darüber wundern.«
    »Gehen wir zu mir.« Er verstand ihren abweisenden und zugleich fragenden Blick und schüttelte den Kopf. »Natürlich klingt das so, als wollte ich Sie zu mir locken. Sie verstehen mich falsch. Ich will wirklich nur für uns eine Tasse Kaffee kochen. Weiter nichts.«
    »Wo wohnen Sie?«
    »Drüben im Quartier. Rue Princesse.«
    »Das klingt königlich.«
    »Und ist eine aus der Urzeit übriggebliebene Höhle. Man hat sie nur nach oben gestreckt und nennt sie jetzt Haus.«
    »Sie sind Maler?«
    »Pierre de Sangries.« Er verbeugte sich und hoffte, daß sie nun auch ihren Namen nennen würde. Aber sie tat es nicht. »Ich habe bisher 431 unverkäufliche Bilder gemalt. Hundert Jahre nach meinem Tode wird man damit einige Millionäre ausstatten können …«
    Sie lächelte plötzlich, ein schmerzliches Lächeln, das ihn wie ein Streicheln berührte. »Glücklich klingt das auch nicht«, sagte sie sanft. »Sie sind arm?«
    »Wenn Sie Geld meinen – sehr arm. Wenn Sie die Freude am Leben meinen … der reichste Mann der Welt ist ein Bettler gegen mich.«
    Er machte eine einladende Bewegung zur Lifttür. »Gehen wir, Mademoiselle?«
    »Ich heiße Eva. Eva Bader –«
    »Wie kann ein Mädchen, das den ältesten Namen der Menschheit trägt, sein Leben wegwerfen …«
    »Vielleicht deshalb. Ich fühle mich so alt, wie der Name ist …«
    Am Eingang zum Lift blieben sie stehen und sahen sich kurz an. Sie dachten das gleiche und wichen wieder von der Tür zurück. Der Lift kam gerade herauf … man hörte durch den Schacht ein vielstimmiges Durcheinander. Die erste Schulklasse war gekommen, Frankreichs große Geschichte zu bewundern.
    »Mein Kleid –«, sagte sie.
    »Ich habe Leim im Farbkasten. Wenn wir den Stoff anleimen –«
    »Wo?«
    »Auf Ihrer Haut, Ev.« Zum erstenmal sagte er Ev … es klang gut, vertraut, brüderlich, kameradschaftlich, so, wie er es aussprach. Kein Unterton war darin, und das machte sie plötzlich innerlich freier. »Es geht nicht anders. Bei mir zu Hause werden wir den Stoff wieder ablösen.«
    »Geht das denn, Pierre?«
    Er schwieg, überrascht, daß sie Pierre gesagt hatte, und glücklich, es von ihr zu hören. Pierre … wie verschieden eine Frau diesen Namen aussprechen kann. Wenn Monky Pierre sagte, bekam selbst das Bettlaken eine Gänsehaut. Monky … hoffentlich war sie schon weg. Als er vor zwei Stunden weggefahren war, hatte er sie aus dem Bett geworfen. Sie hatte um elf Uhr Modeaufnahmen in der Faubourg St. Honoré bei Jean Bioggia, einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher