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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone
Autoren: Rainer M. Schröder
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hochwürdigen Dienst im Lichttempel! Dieser Kontrollgang ist deine letzte Prüfung! Und du wirst sie so gut bestehen, wie du auch all die Selectionen und die vielen anderen Prüfungen in Liberty9 bestanden hast!
    Verzweifelt rief er sich in Erinnerung, dass er im Alter von zwölf Jahren mit besten Ergebnissen aus den winterlichen Selectionen hervorgegangen war. Damit war er ein Auserwählter, ein Elector geworden und mit dreiundzwanzig anderen Glücklichen in die Lichtburg zur weiteren Ausbildung umgezogen. Dagegen hatte die andere Hälfte seines Jahrgangs, die in den Selectionen gescheitert war, den niederen Status von Servanten erhalten. Damit waren sie für den Rest ihres Lebens dazu bestimmt, Dienstpersonal für die Electoren und Arbeiter in den Betrieben von Eden zu sein– und womöglich niemals aus der mit Selbstschussanlagen, Hochspannungszaun und Wachtürmen umschlossenen Sicherheitszone von Liberty9 herauszukommen.
    Er aber war auserwählt!
    Und er besaß alle Fähigkeiten, die ein Elector haben musste, um seinen Aufgaben gerecht zu werden! Das hatte er Jahr für Jahr bewiesen. Nie hatte er versagt! Schon in seinem ersten Jahr in der Lichtburg als Elector im Delta Level hatte er bei den stundenlangen Runs im Schwarzen Würfel Nervenstärke bewiesen, und am Schluss war er als Alpha Elector– das war die höchste Ausbildungsstufe– einer der besten Driver gewesen, die je in einer Sim-Kabine vor der riesigen Bildschirmwand und der dazugehörigen Schaltkonsole Platz genommen hatten.
    Erhabene Macht, ich habe nie versagt und ich werde es auch jetzt nicht tun! Ich schaffe es! Ich komme durch!
    Benommen wankte er den finsteren Korridor hinunter. Er vermochte die schweren Stiefel bald kaum noch vom Boden zu heben. Im Licht der Lampe waberten dichte Staubnebel, die er mit seinen schlurfenden Schritten aufwirbelte.
    Ihm war dumpf im Kopf. Es kratzte und würgte ihn in der Kehle. Seine Haut juckte wie verrückt und seine Füße brannten. Vor seinen Augen verschwamm alles, und seine Lungen gierten immer krampfhafter nach Luft, ohne jedoch genug einsaugen zu können. Es war, als strömte kein Sauerstoff mehr aus der Flasche im Tornister, was jedoch nicht der Fall war. Die Anzeige versprach noch ausreichend Luft und er hörte doch auch bei jedem Atemzug das Zischen der einströmenden Luft.
    Dennoch glaubte er zu ersticken.
    Schließlich ertrug er es nicht länger. Kraftlos und mit rasselndem Atem sackte er auf die Knie und riss sich die Atemmaske vom Gesicht.
    Das Gummi der Dichtung hatte zu schmelzen begonnen und sich mit seiner Haut verbunden. Sie löste sich nun zusammen mit der Maske von seinem Gesicht.
    Gierig sog er die Luft in seine Lungen, die sich augenblicklich mit Feuer zu füllen schienen. Es brannte, als hätte er Säure eingeatmet. Doch er nahm den fürchterlichen Schmerz kaum wahr, weil ihm schon die Sinne schwanden.
    Ein erstickter, gurgelnder Schrei entrang sich seiner Kehle. Er stürzte vornüber und wand sich im Staub, während sich seine Lippen in wenigen Sekunden blau verfärbten. Schaum drang aus seinem Mund und vermischte sich mit dem Staub. Die Augen rollten in ihren Höhlen nach hinten, bis nur noch das Weiße zu sehen war. Sein Körper zuckte noch einige Augenblicke, dann lag er still und leblos im Korridor.
    Die Kopflampe leuchtete noch eine Weile, den Lichtstrahl starr auf eine eingerissene Wand mit einem Geflecht zerfetzter Rohrleitungen gerichtet, erlosch jedoch lange bevor Duke ihn fand.

1
    Kendira kämpfte gegen die Benommenheit an, die sie plötzlich überkommen hatte. Sie brauchte einen klaren Kopf, damit ihr Plan nicht in einer Katastrophe endete.
    Nach Tagen nervenzehrenden Abwartens waren Dante und Carson nun mit den Männern vom Wolf-Clan im Totenwald unterwegs. Sie sollten den Handel mit den Bones-Leuten abschließen und die beiden kampferprobten Gruppen der Mountain Men schließlich durch das unterirdische Labyrinth der Höhlen, Spalten und Kriechgänge ins Liberty Valley führen. Eine Aufgabe, die auf jeder einzelnen Etappe voller Gefahren steckte.
    Sie bangte um die beiden, ohne jedoch sagen zu können, an wem ihr Herz stärker hing. Jeder berührte sie auf seine eigene Art– wie auch jeder von ihnen seine eigene Art zu küssen hatte. Sie wünschte, sie hätte in dieser Nacht, da ihr aller Leben und damit auch das Schicksal ihrer Freunde im Lichttempel auf dem Spiel stand, bei ihnen sein können.
    Aber Jedediah, der Clan-Chef der Wolfsleute, hatte die Anwesenheit eines
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