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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone
Autoren: Rainer M. Schröder
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verbracht, ein Auserwählter und Berufener der Erhabenen Macht zu sein und daher ein Recht auf besondere Privilegien zu besitzen– etwa auf die Dienste von Servanten, wie er einer war. Und sein blendendes Aussehen hatte ihm in der Entwicklung eines überaus kräftigen Selbstbewusstseins sicher ebenso wenig im Wege gestanden wie seine erstklassigen Leistungen im Sport und im virtuellen Raum der Sim-Kabinen.
    Aber eine viel größere Rolle spielte vermutlich die Tatsache, dass Carson in ihm einen unbequemen Konkurrenten sah, der mit ihm um Kendiras Herz wetteiferte. Und damit lag er gar nicht so falsch. Dante wusste, dass Kendira mehr als nur freundschaftliche Zuneigung für ihn empfand. Das hatte er deutlich bei dem Kuss gespürt, vor wenigen Tagen nach der Lichtmesse am Seeufer. Er hatte sie in jener Nacht beim Umziehen zwischen den Büschen zugegebenermaßen überrumpelt und doch war sie alles andere als zurückweisend gewesen. Und sie trug das Lederband mit der indianischen Pfeilspitze um ihren Hals, die er ihr geschenkt hatte! Das sprach für sich und sagte ihm, dass seine Chancen wohl gar nicht so schlecht standen.
    Dante verdrängte diese Gedanken rasch, als er nun mit Carson hinter der Deckung hervorkam und sie ihren Weg zum Treffpunkt fortsetzten. Was immer wegen Kendira unterschwellig zwischen ihnen stand, es durfte nicht ihr Denken und schon gar nicht ihr Handeln beeinflussen.
    Jedenfalls nicht, solange nicht Liberty9 und ihre anderen Kameraden befreit waren, die schon in der Todesfalle des Lichttempels saßen und vielleicht noch immer nicht ahnten, was ihnen bevorstand. Und auch er selbst, Carson, Kendira, Nekia und Zeno wussten ja nur, dass der sichere Tod dort auf sie wartete, aber nicht, warum und auf welche Art sie dort sterben sollten.
    Heute Nacht ging es allein darum, sich des bewaffneten Beistands der Mountain Men aus dem Wolf-Clan und dem Bones-Clan zu versichern und zusammen mit ihnen Liberty9 in ihre Gewalt zu bringen! Für alles andere blieb später noch Zeit genug.
    Die beiden jungen Männer stiegen die dicht bewaldeten Hänge hinauf. Sie waren trainiert und doch lag bald ein feiner Schweißfilm auf ihren Gesichtern und ihr Atem beschleunigte sich. Immerhin hatten sie sich schon eine gute Stunde lang durch das stockfinstere Höhlenlabyrinth gekämpft, bevor sie in den Totenwald gelangt waren.
    All ihre Sinne waren aufs Höchste angespannt. Sie hielten sich geduckt, nutzten jede natürliche Deckung und achteten mit größter Aufmerksamkeit darauf, nicht auf trockene Zweige zu treten. Geräusche drangen in der Nacht wesentlich weiter als am Tag. Schon ein lautes Knacken konnte sie verraten und Guardians auf ihre Spur locken. Deshalb blieben sie immer wieder für einen kurzen Moment stehen, lauschten angestrengt in die Dunkelheit und hielten Ausschau nach Guardians auf Nachtpatrouille.
    Doch je höher sie kamen, desto unwahrscheinlicher wurde es, dass eine Streife sich so weit bergauf und damit in das Revier der Mountain Men wagte, die in diesem Gelände jeden Stein, jeden Baum und jede Bodenrille kannten.
    Als sie sich vorsichtig durch ein Gelände mit nur noch vereinzelten Mammutbäumen bewegten, zwischen denen viel hoch wucherndes Buschwerk wuchs, schätzte Dante, dass sie jetzt nur noch hundert, höchstens zweihundert Meter bis zu der buschumstandenen Felsgruppe hatten, wo Jedediah Wolf und seine Brüder auf sie warteten.
    » Da oben ist es! « raunte er Carson zu und deutete schräg nach rechts, wo sich in einer Lücke zwischen zwei Bäumen graues Felsgestein abzeichnete.
    Carson nickte stumm.
    Augenblicke später schlichen sie an einem der Mammutbäume vorbei. Dreißig, vierzig Meter vor ihnen wuchs die Felsgruppe aus dem Waldboden.
    Als Dante das leise metallische Klicken registrierte, ruhte schon der kalte Stahl einer doppelläufigen Schrotflinte auf seiner linken Schläfe.

4
    Primas Templeton nickte seinem Stellvertreter mit unbeweglicher, wie versteinert wirkender Miene zu. Auf dieses Zeichen hin trat Whitelock hinter den Cleansing-Stuhl und betätigte dort mehrere Schalter.
    Kendiras körperloses Ich sah, wie sich die glänzende Metallhaube auf ihren Schädel herabsenkte. Gleichzeitig setzten sich die stählernen Hohlnadeln mit einem sirrenden Geräusch in Bewegung. Jeden Moment würden sie sich durch ihre Schädeldecke fressen, damit aus dem Kanal der Hohlnadeln die noch viel dünneren Elektrostifte herausfahren und das Nervengewebe ihres Gehirns mit starken Stromstößen vernichten
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