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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone
Autoren: Rainer M. Schröder
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konnten.
    Sie wollte schreien.
    Aber der Schrei erstickte in ihrer Kehle. Ein Knebel verschloss ihr den Mund. Und eine der Stahlklammern zog sich schmerzhaft um ihr rechtes Handgelenk zusammen, als wollte es ihr die Knochen brechen.
    » Um Himmels willen, wach endlich auf, Kendira! « , zischte eine Stimme beschwörend in ihr Ohr.
    Der Stuhl unter ihr wankte und rüttelte.
    Plötzlich zerriss vor ihren Augen die Szene der öffentlichen Auslöschung und flog in viele, schnell verblassende Stücke auseinander wie ein Nebelschleier unter einem heftigen Windstoß.
    Kendira erwachte aus ihrem quälenden Albtraum und blickte verstört in das ebenmäßige Gesicht eines dunkelhäutigen Mädchens mit extrem krausem schwarzem Haar, das sich über sie beugte. Es dauerte ein, zwei Sekunden, bevor das Grauen des Traums sie gänzlich freigab und ihr bewusst wurde, dass sie in das Gesicht ihrer besten Freundin Nekia blickte. Über ihr konnte sie im schwachen Schein von Nachtleuchten die Kreuzstreben der gewölbten Decke ihres Schlafsaals ausmachen.
    » Bist du auch wirklich wach? « , raunte Nekia und schaute forschend auf sie hinunter.
    Kendira versuchte zu nicken, doch es ging nicht. Nekia hatte ihr eine Hand so fest auf den Mund gedrückt, dass sie den Kopf nicht bewegen konnte. Mit der anderen Hand umklammerte sie ihren rechten Unterarm.
    » Klimpere zweimal mit den Wimpern! « , forderte Nekia sie auf. » Ich will nicht, dass du zu schreien anfängst und doch noch alle im Dorm aus dem Schlaf holst! «
    Kendira befolgte die Anweisung. Nekia ließ erst ihren Arm los, dann nahm sie die Hand von ihrem Mund.
    » Ich dachte schon, du wolltest mich ersticken « , murmelte Kendira und rang nach Atem.
    » Und ich dachte schon, gleich sorgst du dafür, dass hier alle wach und aufrecht in den Betten sitzen, und machst unseren Plan zunichte! « , flüsterte Nekia zurück. » Mensch, du hättest dich mal hören und sehen sollen! Muss ja ein grässlicher Albtraum gewesen sein, der dich in seinen Klauen hatte! «
    Kendira nickte und setzte sich auf. Sie war schweißgebadet. Der dünne Sommerpyjama klebte ihr klatschnass am Leib. » Danke, dass du mich daraus befreit hast « , sagte sie leise, schlug die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Noch immer schlug ihr Herz in einem wild jagenden Rhythmus.
    Nekia grinste. » Und nun beeil dich mit dem Anziehen. Ich bin dafür, dass wir uns jetzt schon auf den Weg machen. «
    » Aber dafür ist es doch noch viel zu früh! « , wandte Kendira mit einem Blick auf die Leuchtanzeige ihrer Uhr ein. Es war noch keine zwei Uhr.
    » Und was ist, wenn du wieder einschläfst und noch mal so einen wüsten Albtraum hast? Wer weiß, ob ich dann auch wieder rechtzeitig genug bei dir am Bett bin, um zu verhindern, dass du hier alle aufweckst « , gab Nekia zu bedenken. » Nein, lass uns jetzt schon verschwinden. Ich halte es sowieso nicht länger im Bett aus. Das Stillliegen und Warten macht mich einfach zu kribbelig. Da bin ich lieber draußen im Wald mit dir, wo wir uns die verdammte Wartezeit mit Quatschen vertreiben können. «
    Kendira nickte. » Ja, ist mir auch lieber. «
    Sie zerrte sich den durchgeschwitzten Pyjama vom Leib, trat an ihren offenen Kleiderspind und griff nach Body und Kutte. Schnell zog sie sich an.
    Dann schlichen sie auf Zehenspitzen aus dem Schlafsaal. Wie bei all ihren vergangenen heimlichen Nachtausflügen, so mieden sie auch jetzt das breite, steinerne Treppenhaus und nahmen den verschwiegenen Weg über die rückwärtige, steile Servantenstiege. Augenblicke später verließen sie die Lichtburg durch die Hintertür beim Refektorium, liefen geduckt über den kleinen, sandigen Hof und tauchten in den tiefen Nachtschatten des sich dort anschließenden Obsthains unter.
    » Ich kann noch immer nicht recht glauben, dass wir uns wirklich auf dieses Himmelfahrtskommando eingelassen haben « , raunte Nekia, als sie abseits der normalen Wege auf den Vista Hill zuhielten. » Aber wir haben es tatsächlich getan, Kendira! Die Männer vom Wolf-Clan und die Bones-Leute, wer immer diese Kerle auch sein mögen, sind unterwegs. Dies ist wahrhaftig die Nacht des Überfalls! «
    » Nein, nicht die Nacht des Überfalls « , erwiderte Kendira, » sondern die Nacht der Befreiung! «

5
    Zu Tode erschrocken, erstarrte Dante mitten im Schritt. Und mit ihm Carson. Auch er hatte plötzlich die Mündung eines Gewehrs an seinem Kopf. Keiner wagte sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Die
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