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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone
Autoren: Rainer M. Schröder
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sich ein Stahlkasten mit einer Reihe von Schaltern und Leuchtanzeigen. Ein dickes Stromkabel trat in Bodennähe aus dem Schrank hervor, lief über die Plattform zurück in die Halle und endete dort in einer Steckdose.
    Auf dem Appellplatz herrschte nun absolute Stille.
    » Libertianer! « Whitelock richtete das Wort an den versammelten Konvent.
    Kendira war es, als legten sich eiskalte Metallzwingen um ihre Brust. Sie sah, wie Whitelock seine Urteilsverkündigung mit sparsamen Gesten untermalte. Aber das meiste, was er sagte, ging in dem Dröhnen unter, das ihren Kopf erfüllte. Und mit jedem Satzfetzen, der in ihr Bewusstsein drang, wuchs die Angst in ihr.
    » …Kenntnis von entarteten Schriften und den Geist zersetzenden Seelengiften… «
    » …gemeinsame Sache mit der Mordbande der Nightraider aus der Dunkelwelt… «
    » …schändlicher Verrat an unserer Gemeinschaft und der Erhabenen Macht… «
    » …ihr Gehirn von allem krankhaften Gedankengut reinigen… «
    » …deshalb als Strafe beschlossen die Auslöschung der Verräterin Kendira! «
    In dem Moment, als sie ihren Namen hörte, wich der letzte Rest Benommenheit von ihr, und nun sah sie auch das Gesicht unter der glitzernden Stahlhaube.
    Es war ihr eigenes!
    Sie, Kendira, saß dort oben auf dem Cleansing-Stuhl! Stählerne Klammern, die nicht den geringsten Bewegungsspielraum zuließen, umschlossen ihre Glieder, und ihr kahl rasierter Kopf war mit einem Stahlband fixiert, das ihren Schädel starr unter den sechs hohlen Bohrnadeln der Metallhaube hielt.
    Ihr war, als wäre ein unsichtbarer Teil ihres Ichs aus ihrem Körper herausgetreten und beobachtete nun unten vom Appellplatz aus, wie sie bei dieser Erkenntnis die Augen in Todesangst aufriss und sich vergeblich gegen die stählernen Klammern aufzubäumen versuchte.
    Sie wurde gerade Zeugin ihrer eigenen Auslöschung!

3
    Die Nacht war mondhell und die Sicht im Totenwald so gut, wie man es sich nur wünschen konnte, wenn man den Patrouillen der Guardians mit ihren Nachtsichtgeräten nicht in die Arme laufen wollte. Jedenfalls war das Dantes Meinung.
    » Mir wäre es lieber, es wäre so stockfinster wie bei unserem letzten Ausflug « , flüsterte Carson. Sie hatten unterhalb des Windbruchs eine kurze Atempause eingelegt und kauerten im Schutz eines stark duftenden Strauchs. Beim Abstieg in eine der Höhlen, in die man sich per Seil hinunterlassen musste, war ihm der Fuß umgeknickt, und nun machte sich ein stechender Schmerz bemerkbar. Verstohlen rieb er sich das schmerzende Fußgelenk.
    » Was wäre denn damit gewonnen? Dann fiele es uns schwerer, den Weg zum Treffpunkt mit den Mountain Men zu finden, und der Vorteil wäre zu hundert Prozent aufseiten der Guardians « , hielt Dante ihm leise vor und rückte das kupferfarbene Band zurecht, mit dem er sein dichtes seidenschwarzes Haar im Nacken zu einem kurzen Zopf zusammengebunden hatte. » So haben wir zumindest eine reelle Chance, sie noch früh genug zu entdecken, um ihnen aus dem Weg gehen zu können. «
    Carson grinste schief. » Du hast ja recht, aber irgendwie fühle ich mich bei diesem verdammt hellen Mondschein einfach viel… na ja, viel verwundbarer. «
    » Ich war ja schon öfter hier draußen im Totenwald « , sagte Dante. » Und anfangs dachte ich auch, die Dunkelheit schützt mich. Aber das Einzige, was einen wirklich schützt, ist unablässige Wachsamkeit– und Erfahrung. Mit der Zeit entwickelt man nämlich so ein Bauchgefühl. «
    Carson verzog das Gesicht. » Ich weiß, du bist in diesen Dingen ja schon ein alter Hase und mit der Wildnis fast so vertraut wie der wilde Jedediah und sein Wolf-Clan « , murmelte er mit einem leicht bissigen Unterton.
    Dante zog es vor, das Thema zu wechseln, und deutete auf Carsons Fußgelenk, das sein Gefährte noch immer rieb. » Hast du starke Schmerzen? « , fragte er. » Kannst du überhaupt weiter? «
    » Wieso? Habe ich mich beklagt? Oder kann ich etwa nicht mit dir mithalten? « , fragte Carson gereizt zurück.
    » Nein, ich dachte nur, dass du vielleicht… «
    Carson schnitt ihm das Wort ab. » Ich bin in Ordnung. Von mir aus können wir weiter! «
    Dante unterdrückte ein Seufzen und hielt es für klüger, nicht darauf einzugehen. » Gut, dann ist ja alles in Butter « , sagte er trocken, während er sich aufrichtete.
    Er glaubte zu wissen, warum Carson manchmal recht empfindlich auf ihn reagierte. Carson hatte die letzten sechs Jahre in dem von den Oberen ständig genährten Bewusstsein
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