Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild
Autoren: Alexa Hennig Lange
Vom Netzwerk:
Offenbar lässt sich das nicht verhindern.
    Mit ausgebreiteten Armen rennt Mama auf mich zu. »Lelle! Mein Gott, wo warst du?«
    Meine Stimme bröckelt trocken, kommt fast bockig über meine Lippen: »Am Fluss, wo sonst?!
    Mama umarmt mich, küsst mich, sie riecht nach indischen Räucherstäbchen. Dann lässt sie mich wieder los und sieht mich mit wirrem Blick an. »Am Fluss? Aber was wolltet ihr denn da?«
    Samuel tritt breit und kräftig neben sie und plötzlich wirkt er fast doppelt so groß wie wir anderen. Obwohl ich doch aufgetaucht bin, brüllt er, so, als stünde er erheblich unter Druck. »Was soll der Scheiß?«
    Ich will was sagen, aber da drängt er schon meine Mutter zur Seite weg und stößt Johannes mit der flachen Hand kräftig vor die Brust, sodass der überrascht ein paar Schritte zurücktaumelt.
    »Hey! Hör auf!«
    »Halt die Klappe! Halt einfach nur deine verdammte Klappe!«

    »Was soll denn das?«
    Samuel macht einen weiteren Schritt nach vorne und schlägt Johannes wieder kräftig vor die Brust. Johannes rutscht der Fahrradlenker aus der Hand, das Rad fällt krachend zu Boden und der Parka rutscht vom Lenker. Schnell hebe ich ihn hoch. Im Hintergrund stellen die Polizisten ihr Blaulicht ab und kommen näher.
    Samuel brüllt weiter: »Weißt du eigentlich, was für eine Scheißangst wir hier ausgestanden haben?«
    Johannes hebt beruhigend die Hände. »Kannst du dich mal bitte beruhigen? Es ist ja nichts passiert.«
    »Beruhigen? Wie soll ich mich beruhigen, wenn wir uns vor Angst fast in die Hosen gemacht hätten. Was meinst du, warum wir die Polizei gerufen haben? Aus Spaß?«
    Samuel schlägt Johannes noch mal vor die Brust. »Bist du total bescheuert?«
    Meine Mutter versucht es auch noch mal: »Samuel, bitte! Lass doch deine Enttäuschung nicht an Johannes aus.«
    Jetzt reicht es mir aber. Kann ja sein, dass Samuel in seiner Freizeit Freestyle-Fighten praktiziert, das muss er ja nicht ausgerechnet hier fortsetzen. Keine Ahnung, warum sich seine Wut derart auf Johannes konzentriert. Er sollte besser mich anbrüllen. Oder am besten ganz ruhig sein. Aber habe ich es nicht gleich gesagt: Samuel hat nicht alle Tassen im Schrank. Der reagiert dauernd über, weil der so viel Testosteron in sich hat. Also stelle ich mich dazwischen. »Lass Johannes in Ruhe! Er hat doch gar nichts gemacht.«
    Aber Samuel baut sich ungerührt vor mir auf, sodass ich den Weichspülergeruch von seinem Kapuzenpulli rieche. »Zur Seite!«
    Das kann er vergessen. Ich sehe nämlich nicht ein, dass
Johannes alles abkriegt. Mit meinem Verschwinden hat er doch gar nichts zu tun. Es hätte ja immerhin sein können, dass ich meine Leute vorab genauestens darüber unterrichtet habe, wo ich bin und was ich mache.
    Glücklicherweise kommt jetzt von hinten einer der Polizisten an und hält Samuel am Ärmel fest, bevor er mich wegschieben und Johannes noch mal einen Stoß versetzen kann. »Beruhig dich!«
    Das war’s! Samuel reißt seinen Arm hoch. »Niemand fasst mich an! Klar?!«
    Das ist offenbar nichts, was sich Polizisten gerne sagen lassen. Sofort kommt der zweite Beamte dazugerannt und greift gekonnt nach Samuels anderem Arm. »Das reicht, junger Freund.«
    Samuel scheint da ganz anderer Meinung zu sein. Wie ein wildes Tier kämpft er sich frei, jetzt ist er richtig sauer. Obwohl Johannes gerade dabei ist, mein Rad wieder aufzuheben, stürzt er sich auf ihn und ringt ihn innerhalb einer zehntel Sekunde nieder. Johannes’ Hinterkopf schlägt auf dem Backsteinweg auf. Ich bin mir sicher: Das war’s! Garantiert hat er jetzt eine Platzwunde oder eine Gehirnerschütterung. So schnell, wie Samuel sich losgerissen hat, können die beiden Polizisten gar nicht reagieren. Vergeblich versuchen sie, ihn irgendwie wieder von Johannes herunterzuziehen, aber der prügelt nur noch wilder um sich und schlägt Johannes mit der Faust voll ins Gesicht. Zweimal, hintereinander, bis es die Polizisten endlich schaffen, ihn wegzureißen. »Es reicht!«
    Mama hüpft aufgeregt um das Geschehen herum und ruft immer wieder: »Samuel, nicht! Er hat doch gar nichts getan.«
    Aber er scheint wie von Sinnen: »Doch! Hat er! Er
hätte mich einfach nicht mit zur Party nehmen sollen, dann hätte ich dich nie getroffen und dann könntest du mich jetzt auch nicht wegschieben!«
    Und auch Arthur versucht, ruhig auf ihn einzureden, aber das kriegt er gar nicht mit. Samuel prügelt weiter um sich, sodass die Polizisten aufpassen müssen, dass sie nicht auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher