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Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Titel: Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
Autoren: Herbert Dutzler
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gekannt hatte. Weil ja das Wissen, wer einer ist, zunächst einmal davon abhängt, dass man weiß, dass es ihn überhaupt gibt.
    Aber schon sprach der Friedrich weiter: „Ein Rechtsanwalt ist – war – der. Mit einem Haufen Geld. Ein neues Haus hat er gebaut, oben, in Lichtersberg, aber so, dass es ausschaut, als ob es ein ganz altes, überliefertes Altausseer Haus wäre.“
    Nachdem nun alles Wesentliche besprochen schien, kehrte Schweigen zwischen den beiden langjährigen Kollegen ein, das aber bald von Kahlß mit einem heftigen „Himmiherrgottsakrament noch einmal!“ beendet wurde. „Jetzt müssen wir wen anrufen. Bleib du da und ich ruf in Liezen an, die müssen uns wen herschicken, die Spurensicherung, und ein Ermittlerteam, da können wir nicht einfach selber herumfuhrwerken, da braucht’s ein paar Studierte, in so einem Mordfall.“
    „Vielleicht war’s gar kein Mord“, versuchte Gasperlmaier den Friedrich zu beruhigen. Da aber bewies der Kahlß Friedrich, dass er als Vorgesetzter doch den besseren Durchblick hatte: „Ja, glaubst du vielleicht, der Doktor Naglreiter hat sich selber ein Messer in den Bauch gebohrt, es dann gut versteckt oder in den See geworfen und sich dann zum Verbluten ins Pissoir gelegt?“ Gasperlmaier musste sich im Stillen eingestehen, dass Kahlß natürlich – aus seiner Sicht gesehen – recht hatte. Wohingegen Gasperlmaier verlässlich wusste, dass sich der Doktor Naglreiter zum Verbluten einen weit besseren Platz ausgesucht hatte als das Pissoir.
    Als der Kahlß Friedrich zum Auto stapfte und Gasperlmaier mit der Leiche allein ließ, war er sich gar nicht mehr sicher, ob seine Idee, den Leichnam aus dem Bierzelt zu entfernen, wirklich eine gute gewesen war. Der Knoten in seinem Magen zog sich nämlich immer mehr zusammen, und plötzlich wurde Gasperlmaier schmerzlich bewusst, dass man ja genauso gut beim Schneiderwirt drüben seine paar Bier hätte trinken können, und dass ein Kirtag gar niemals so wichtig war, wie er das vor einer halben Stunde noch gedacht hatte. Wo doch die Stube drüben beim Schneiderwirt wesentlich gemüt-licher war als die lehnenlosen Bierbänke im überfüllten, verrauchten Zelt, wo einem spätabends das Kondenswasser, das sich unter der Deckenplane gebildet hatte, ins Bier tropfte.
    „Sie kommen.“ Kahlß zwängte sich wieder seitlich durch die Eingangsöffnung des Pissoirs. Obwohl, dachte Gasperlmaier bei sich, es bei der Leibesfülle des Kahlß Friedrich völlig nebensächlich sein dürfte, ob er seitlich oder geradeaus durch einen Spalt zu schlüpfen versuchte, weil der Durchmesser, der hier ja wohl das Entscheidende war, so oder so etwa der gleiche sein musste. Wahrscheinlich war das Sich-seitlich-Durchzwängen mehr psychologisch.
    „Ich pass jetzt hier auf den Doktor Naglreiter, also die Leiche, auf, und du nimmst dir das Plastikband und die Stecken aus dem Auto und sperrst alles ab.“ Gasperlmaier war es recht, dass er aus dem Pissoir jetzt endlich hinauskam, dennoch hatte ihn Kahlß ein wenig verunsichert. „Alles?“ Der Kahlß wurde ein wenig präziser: „Na, was halt geht, alle Ein- und Zugänge, die in Liezen draußen sagen, alles wird abgesperrt, niemand kommt vor der Spurensicherung aufs Gelände. Ich hab schon am Posten in Aussee angerufen, die schicken wen, der gleich einmal die Zufahrten zu den Parkplätzen sperrt und ein paar Tafeln aufstellt.“
    Wie Gasperlmaier befürchtet und verhindern hatte wollen, wurde aus dem Kirtag nun doch nichts mehr. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt stand Gasperlmaier dem Kirtag aber mit zunehmender Gleichgültigkeit gegenüber, vielmehr fürchtete er sich immer heftiger davor, dass sein eigenmächtiges Eingreifen auffliegen und die unangenehmsten Konsequenzen nach sich ziehen könnte.
    Auf dem Weg zum Auto kam Gasperlmaier am Lastwagen der Gösser-Brauerei vorbei, der schon aufgetaucht war, als er noch allein mit Naglreiters Leiche beschäftigt gewesen war. Ein wenig wunderte es ihn schon, dass weder Fahrer noch Beifahrer bei ihnen vor oder im Pissoir aufgetaucht waren, um herauszufinden, was die Polizei am frühen Morgen so ausgiebig beschäftigte. Doch eben in diesem Moment schlug der Fahrer des Wagens eine Zeltplane zurück und trat vor Gasperlmaier hin. „Was macht’s denn ihr schon so früh da heraußen?“, wollte der jetzt natürlich wissen, und Gasperlmaier sah weder einen Grund, ihm Auskunft über das Einschreiten der Polizei zu verweigern, noch fiel ihm auf die Schnelle eine plausible
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