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Letale Dosis

Letale Dosis

Titel: Letale Dosis
Autoren: Andreas Franz
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die Gelegenheithaben, jemanden kennenzulernen, mit dem Sie glücklich sein können, aber sollte ich jemals wieder aus dem Gefängnis kommen, wird mir der Sinn sicher nicht mehr nach Sex stehen. Na ja, es gibt Wichtigeres im Leben … Trotzdem, Sie waren mir von Anfang an sympathisch. Das mit Werner hatte nichts mit Ihnen persönlich zu tun. Glauben Sie mir. Ich mußte es tun.«
    Julia Durant erwiderte nichts darauf. Sie wußte nicht, ob sie Mitleid mit Sabine Reich haben sollte, auf jeden Fall war ein Gefühl in ihr, das sie nicht beschreiben konnte. Sie schwiegen fünf Minuten lang, bis der Beamte mit dem Essen kam. Kaum war Sabine Reich mit dem Essen fertig, ging die Tür auf und Laura Fink stürmte herein. Sie machte einen abgehetzten Eindruck, blieb in der Tür stehen, sah von Durant zu Reich und wieder zu Durant. Sie schluckte schwer, trat näher. Julia Durant schaltete die Videokamera wieder ein.
    »Was machst du denn hier?« fragte Laura Fink.
    »Was glaubst du denn, was ich hier mache?«
    »Sag, daß das nicht wahr ist! Du hast …«
    »Ich habe es getan. Nicht nur für mich, auch für dich.«
    Laura Fink setzte sich, schwieg einen Moment, verengte die Augen zu Schlitzen. »Für mich? Was um alles in der Welt hast du für mich getan?«
    »Ich habe dich befreit. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.«
    »Ich habe keine Angst! Ich hatte nie welche.«
    »Ach, komm, Laura, oder sollte ich besser sagen, Schwesterherz? Wir sind doch Schwestern, oder?«
    »Wir sind Freundinnen, zumindest habe ich das bis eben noch geglaubt. Aber …«
    »Kein aber,
Schwester
! Ich verrate jetzt nämlich etwas, was keiner von euch sich je zu sagen getraut hat. Unser Vater …«
    »Unser Vater? Was faselst du da für einen Blödsinn?«
    »Laura, dein Vater ist auch mein Vater. Und welche Ironie desSchicksals, du wurdest am 31.10.64 geboren, ich einen Tag später. Man könnte fast meinen, wir seien Zwillinge. Aber wir haben nur denselben Vater … Einen Vater, der die Seele vieler Menschen kaltblütig getötet hat … Du hast mir erzählt, was er mit dir gemacht hat. Jahrelang! Und deine Mutter hat davon gewußt, sogar deine Brüder. Aber ihr hattet eine solche Angst vor ihm, daß ihr euch nie getraut habt, etwas zu sagen. Aber ich werde es jetzt tun. Frau Durant, ich werde jetzt das Geheimnis der Familie Fink lüften …«
    »Nein, ich verbiete es dir! Das ist etwas, das ich nur dir, dir ganz allein, erzählt habe. Und du stehst unter Schweigepflicht! Hörst du, es geht keinen Menschen etwas an!« schrie Laura Fink mit hochrotem Kopf.
    »Ich breche hiermit meinen Eid. Frau Durant, Laura wurde sechs Jahre lang von ihrem Vater sexuell mißbraucht. Sechs verfluchte, lange Jahre. Dieser Mann hat mehr Schuld auf sich geladen, als man jemals vergeben könnte. Und die Familie hat geschwiegen. Sehen Sie sich doch Frau Fink an, diese alte, verhärmte Frau! Und Jürgen, der es nicht mehr ausgehalten hat und sich in seiner Verzweiflung vom Hochhaus gestürzt hat! Das ist die Wahrheit. Bei Gott, das ist die Wahrheit! Laura, ich habe es nicht nur für mich und
meine
Mutter getan, auch für
dich

    »O nein, damit will ich nichts zu tun haben! Was immer du getan hast, du hast es ganz allein für dich getan. Ich weiß nicht, was vorgefallen ist, ich weiß nicht, ob mein Vater auch dein Vater ist, ich weiß überhaupt nichts. Aber für
mich
hast du absolut nichts getan, hörst du! Es war mein Leben, ganz allein meines! Und ich bestimme, ob ich mit etwas klarkomme oder nicht! Was immer deine Beweggründe waren, sie hatten nichts, aber auch gar nichts mit mir zu tun.«
    »Laura, hör doch auf, dich länger selbst zu belügen. Bitte. Ich weiß, was in dir vorgeht oder vorging, ich weiß, wie schrecklich diese Bürde der Vergangenheit auf dir lastet, du hast es mir oftgenug erzählt. Weißt du noch den einen Abend, wir haben bei mir gesessen und Tee getrunken, als du mir zum ersten Mal davon erzählt hast? Du hast den ganzen Abend lang nur geweint und geweint und geweint. Du hast diesen Mistkerl verflucht, du hast ihm die Pest an den Hals gewünscht … Du hast deinen Kopf an meine Schulter gelegt und wir haben zusammen geweint. Weißt du das etwa nicht mehr? Und sag mir um Himmels willen nicht, daß diese Gefühle sich geändert hätten, denn das wäre eine glatte Lüge. Du hast mir so unendlich leid getan, ich habe meine eigene Schwester im Arm gehalten und konnte ihr nicht einmal sagen, wer ich wirklich bin …«
    »Warum nicht?« fragte Laura Fink
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