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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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Überzeugungsversuchen hatte gefruchtet, denn Matilda ließ sich einfach nicht bewegen, ein wollenes Unterhemd oder einen Unterrock aus Baumwolle zu tragen. Sie mochte das Gefühl von Seide auf der Haut und trug immer so viel Spitze und kunstvoll bestickte Stoffe wie möglich.
    Tabitha hörte nicht, wie sich die Tür öffnete, aber eine Wolke teuren französischen Parfums, die zu ihr herüberwehte, verriet ihr, dass Matilda das Bad verlassen hatte. Wieder lächelte sie. Parfum war ein weiterer Luxus, den Matilda sich gönnte. Sie trug es sogar auf, wenn sie zu Bett ging. Sie würde ihr noch eine halbe Stunde zum Bürsten ihres Haars geben, dann wollte sie zu ihr gehen und ihr vorlesen.
    Leider wurde Matildas Augenlicht immer schwächer, sie konnte nicht mehr gut lesen. Dies war einer der Gründe, warum Tabitha sich sorgte, wenn Matilda die Kutsche bestellte und am Hafen herumspazierte. Jackson beteuerte zwar immer wieder, er ließe sie nie aus den Augen, aber er log, das wusste sie. Matilda umgarnte ihn, wie sie ihr Leben lang die Menschen umgarnt hatte.
    Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schloss für einen Moment die Augen. In ihrem Leben hatte es kaum einen Tag gegeben, an dem sie Gott nicht für Matilda gedankt hatte. Ihretwegen war ihr das Waisenhaus erspart geblieben, ihretwegen war sie Ärztin geworden und hatte Sebastian genügend ermutigt, um ihre Hand anzuhalten. Matilda war es zu verdanken, dass sie siebenundzwanzig Jahre der gegenseitigen Liebe erfahren und drei Kinder großgezogen hatte.
    Die Ehe war der beste Teil ihres Lebens gewesen. Sie hatte ihre Kinder und ihr Heim geliebt, aber Sebastian hatte ihr auch die Chance gegeben, sich eine eigene Karriere aufzubauen. Sie hatte zwar meist reiche Patientinnen mit ihren weiblichen Problemen gehabt, aber ihr war auch die Befriedigung zuteil geworden, wegen ihrer eigenen Fähigkeiten als gute Ärztin anerkannt zu werden. Seit Peter nach New York gekommen war, hatten sie gemeinsam viele Anstrengungen unternommen, das Gesundheitssystem für die Immigranten zu verbessern. Während er Geld für offene Kliniken zusammenbrachte, war sie damit beschäftigt, sie zu besetzen und gleich Gesinnte zur Unterstützung zu finden.
    Tabitha und Sebastian hatten vermutet, Peter würde den Armen den Rücken zukehren, nach dem, was mit Sidney passiert war. Nur wenige hätten es ihm wirklich übel nehmen können. Aber es hatte genau die entgegengesetzte Wirkung gehabt, denn er sorgte sich anschließend noch mehr um sie. Während die Jahre ins Land zogen, war es seine donnernde Stimme, die die wohlhabende Gesellschaft auf die Nöte der Armen aufmerksam machte. Er setzte sich für bessere Wohnungen, Krankenhäuser, Schulen und Ferien auf dem Land für Slumkinder ein. Er brachte die Reichen dazu, ihre Brieftaschen zu öffnen, und gab ihnen ein soziales Gewissen, sodass sie freiwillig halfen. All dies gelang ihm mit so viel Charme und Anstand, dass seine Freundschaften zu diesen Menschen bestehen blieben.
    Es gab noch viel mehr zu tun, aber Tabitha wusste, dass ihr Sohn Alfred sie bald in ihrem Kampf unterstützen würde, denn er hatte Matildas Geschichten gehört, seit er ein kleiner Junge war. Er verehrte sie.
    Tabitha schreckte mit einem Mal hoch und stellte fest, dass sie eingeschlafen sein musste. Es war schon nach zehn, und sie hatte Matilda nicht vorgelesen, wie sie es versprochen hatte.
    Sie sprang auf und ging den langen Flur entlang, der zu Matildas Raum führte. Ein Lichtstrahl fiel unter dem Türspalt nach draußen, und Tabitha vermutete, dass sie eingeschlafen sein musste. Sie ging auf Zehenspitzen ins Zimmer, denn Matty hatte einen leichten Schlaf, und sie wollte sie nicht aufwecken.
    Matty schlief wirklich schon; ihre Hände steckten in weißen Baumwollhandschuhen und lagen gefaltet auf der Decke. Sie zog diese Handschuhe jede Nacht an, nachdem sie ihre Hände mit Salbe eingerieben hatte. Ihr Haar war gebürstet und immer noch blond, wenn auch ein wenig ausgeblichen und dünner – wie hellgoldenes Garn, mit dem man Satin bestickte. Sie trug ihr neuestes Nachthemd aus türkisblauer Seide, dessen gekräuselter Kragen ihren Hals verbarg, der, wie sie behauptete, langsam runzlig wurde.
    Tabitha wollte gerade die Nachttischlampe ausschalten, als sie einen Moment innehielt, denn sie hatte einen Notizblock in Matildas Händen entdeckt. Es sah wie eine Auflistung aus, und sie nahm das Blatt neugierig in die Hand.
    Was ich für England brauche, waren die Worte, die sie
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