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Lesereise Malediven

Lesereise Malediven

Titel: Lesereise Malediven
Autoren: Stefanie Bisping
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Barfußlaufen nicht getan, das Fahrrad ist ein unverzichtbares Transportmittel für Beschäftigte und Gäste.
    Auch sonst unterscheidet sich dieses südlichste Atoll der Malediven vom restlichen Land. Zum einen durch die Sprache. Der Dialekt, der auf den Inseln gesprochen wird, unterscheidet sich klar von der Landessprache Dhivehi und wird von den Bewohnern der drei südlichsten Atolle zur Verständigung untereinander genutzt. Er ist der meistgesprochene Dialekt des Landes. Zum anderen durch sein Selbstverständnis und seine Geschichte. Denn diese drei Atolle – Addu, Huvadhoo und das winzige Fuvammulah, die gemeinsam das Archipel Suvadiva bilden – waren es auch, die am 3. Januar 1959 einen ganz unerhörten Schritt unternahmen. Sie riefen die Vereinigte Republik Suvadiva aus und erklärten ihre Unabhängigkeit von den Malediven.
    Für die Vorgänge zuvor gab es historisch gewachsene Gründe. Während Indien und Ceylon die Unabhängigkeit von Großbritannien erlangten, waren die Malediven britisches Protektoratsgebiet geblieben. Schon lange gab außerdem die mangelhafte Kommunikation Mal é s mit den entlegenen Atollen Anlass für Unmut. Nicht einmal eine regelmäßige Schiffsverbindung gab es; wenn man im Süden überhaupt etwas mitbekam von den Geschehnissen in der Kapitale, so geschah dies zufällig. Zudem hatten die isolierte Lage und die nicht vorhandene Anbindung an den Rest des Landes handfeste Folgen für die Bewohner des Südens: Es gab keine Post, keine Handelsverbindungen und somit weder Warenlieferungen noch eine ärztliche Versorgung. Die drei im Süden waren buchstäblich die vergessenen Atolle der Malediven.
    Insofern orientierte man sich hier traditionell nach Ceylon oder Indien, wenn man Handel treiben wollte, zumal diese Gestade leichter zu erreichen waren als die ferne Hauptstadt, die hinter zahlreichen gefährlichen Riffen lag. Solange alle drei Länder zum Empire gehörten, wurden diese Exkursionen der Südmalediver auch geduldet. Als diese für Reisen in die unabhängigen Nachbarländer aber Pässe und Visa benötigten, änderte sich die Lage. Denn diese Papiere gab es nur in Mal é . Ein Riesenvorteil für die Bewohner der Kapitale, die ebenfalls mit Ceylon und Indien handeln wollten. Auch dachte man in der Hauptstadt nicht daran, zu all dem Meinungen aus dem Süden einzuholen. Stattdessen entsandte man Milizsoldaten ins Addu-Atoll, die dafür sorgen sollten, dass garantiert kein Insulaner irgendwelchen unerlaubten Handel trieb – weder mit Handelspartnern jenseits des Ozeans noch mit den Briten, die seit dem Zweiten Weltkrieg auf Gan und Hithadhoo präsent waren. Als noch niemand hier an Tourismus auch nur dachte, hatte die englische Royal Navy 1941 den Stützpunkt errichtet. 1957 übernahm die Air Force die Station. Nun kam es zu Unruhen im Addu-Atoll und schließlich wurde die Idee geboren, die Geschicke der südlichsten Inseln selbst in die Hand zu nehmen.
    Anerkannt wurde dieser Staat allerdings nicht. Nur einmal schritten die Einwohner Addus in ihrer Eigenschaft als Bürger der Vereinigten Republik Suvadiva zur Wahlurne. In den beiden anderen Atollen verhinderte Militär aus Mal é die Wahlen. Der ganze Spuk endete 1963, als die Republik der abtrünnigen Atolle sich am 23. September wieder den Malediven anschloss und ihr Kopf Abdullah Afeef mit seiner Familie ins Exil auf die Seychellen floh. Freiwillig geschah das alles nicht. Die Briten, die die Separatisten zunächst unterstützt, ihren Staat allerdings nie offiziell anerkannt hatten, taten Mal é den Gefallen, nur mehr maledivischen Staatsbürgern Arbeit geben zu wollen. Im Verein mit der ultimativen Aufforderung, die Flagge der Suvadiven einzuholen, zeigte diese Maßnahme rasche Wirkung. Zurück blieben ambivalente Gefühle für die Engländer, die in den Augen vieler ein doppeltes Spiel getrieben hatten, sowie ein noch lange gestörtes Verhältnis zur Hauptstadt.
    Geradezu fantastisch erscheinen einem diese noch gar nicht allzu weit zurückliegenden Vorgänge, wenn man durch die Inselidylle radelt. Links und rechts leuchtet das Meer in jenem unwirklichen Türkis, das die Gehirne von Mitteleuropäern verwirrt, sie dazu bringt, sich die Kleider vom Leib zu reißen, ins Wasser zu laufen und von einem neuen Leben ohne Regen, Kälte und Winter zu träumen. Vom Himmel brennt dazu heiß die Äquatorsonne. Ein schmaler Streifen Straße führt über das Wasser geradewegs zum Horizont.
    Die Inseln Gan, Feydhoo, Maradhoo und Hithadhoo, die
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