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Lesereise Malediven

Lesereise Malediven

Titel: Lesereise Malediven
Autoren: Stefanie Bisping
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außerdem unseren Nachtschlaf nicht zu stören, liegen wir ab der Cocktailstunde stets vor Anker.
    Die Bewohner der Malediven leben nicht nur nach einer anderen Zeit – »Resort Time« hat auf ihren Inseln keine Bedeutung –, sondern auch in einer anderen Welt. Sie ist der islamischen Staatsreligion wegen alkoholfrei. Nur für die Resorts wird eine Ausnahme gemacht. Dhangheti, eine Insel, auf der siebenhundertneunzig Menschen leben, besitzt außer einer Schule für die Inseln des südlichen Ari-Atolls und einer Hauptstraße, in der Besucher Postkarten, Sarongs und Mobiles aus bunten Holzfischen kaufen können, ein Freiluftmuseum, in dem Einheimische ihren traditionellen Lebensstil demonstrieren. Die Häuser – das eines Fischers, das eines reichen Mannes und eine Gebärhütte – sind aus dem Holz der Kokospalmen gebaut, ebenso Möbel und Werkzeuge. Kokosöl wird zum Kochen benutzt, getrocknete Palmwedel dienen als Brennmaterial, aus Kokosnussschalen entstehen Spielzeugboote für Kinder.
    Das Leben wirkt friedlich und ereignisarm, und man fragt sich, was das Gericht an der Hauptstraße wohl zu tun hat. Es ist tatsächlich eine Menge. Einst lag die Scheidungsrate auf den Malediven bei siebzig Prozent. Eine Scheidung ist nach islamischem Recht rasch ausgesprochen, und viele Paare finden nach affektischen Trennungen bald wieder zusammen. Heute versucht man die Justiz zu entlasten: Jeder Bürger darf höchstens dreimal dieselbe Person heiraten.
    Am Abend steht ein »Sandbank Dinner« auf dem Programm. Hummer im Mondschein, das klingt verlockend. Doch ein kräftiger Regenguss kommt uns in die Quere, und wir bleiben an Bord. Charlie hat trotzdem jedem einen landestypischen Sarong in die Kabine legen lassen. Barfuß und in buntes Tuch gehüllt erscheinen wir zum Dinner. Es kommt uns nicht mal seltsam vor.

Nur die Alten fahren noch zum Fischen hinaus
Mit dem Fahrrad über die längste Straße der Malediven: Einblicke in ein fast vergessenes Atoll
    Zwei Mädchen und ein Knabe sitzen in Undholi , den traditionellen maledivischen Schaukeln, vor dem Haus und schauen auf die Straße. Viel ist dort nicht zu sehen: Ab und zu geht jemand vorbei, dann schnaufen ein paar westliche Besucher auf Fahrrädern heran. Am Tag zuvor hat es heftig geregnet. Nun dampft die Insel Feydhoo in der Hitze, und die Gesichter der Radler haben sich unter ihren Sonnenhüten gerötet. Die Kinder kichern fröhlich über die Fremden, die ohne Not ihren Platz im Schatten einer Palme mit dem Fahrradsitz vertauscht haben.
    Eine Nachbarin fegt ihren makellosen Hof. Ihr Besen besteht aus den herausgelösten Rippen von Palmwedeln, die ein Band fest zusammenhält. Safiya Adam verbringt viel Zeit mit diesem Arbeitsgerät. Die vierundvierzigjährige Mutter von sechs erwachsenen Kindern arbeitet auf der Resort-Insel gegenüber, wo sie mit vierunddreißig Kolleginnen jeden Tag von sechs bis dreizehn Uhr die Blätter zusammenkehrt, die in der Nacht auf die Sandwege gefallen sind. Die Arbeit macht ihr Spaß, sagt sie, sie sei froh, nicht den ganzen Tag alleine zu Hause zu sitzen. Im vergangenen Jahr ist ihr Mann gestorben. Ein junger Mann, der sich zu uns gesellt, übersetzt ihre Geschichte. Bereitwillig lassen sich die beiden ausfragen. Über den Klimawandel und seine möglichen Folgen für ihre Heimat mache sie sich keine Gedanken, erzählt Safiya Adam. Nur vor einem weiteren Tsunami habe sie Angst, erklärt sie ernst.
    Die Möglichkeit, mit Maledivern ins Plaudern zu geraten, bietet sich außer mit Beschäftigten auf den Resort-Inseln kaum und war bis vor Kurzem auch nicht vorgesehen. Bis Mohamed Nasheed 2008 der erste demokratisch gewählte Präsident der Malediven wurde, war die Trennung von Besuchern und Bewohnern Politik. Und noch immer sorgt die Geografie der Malediven dafür, dass man einander höchstens im Rahmen organisierter Ausflüge begegnet – Resorts werden schon aus Platzgründen nur auf unbewohnten Inseln errichtet.
    Ausnahme ist die Hauptstadt Mal é , von der die meisten Urlauber allerdings kaum mehr als den Flughafen sehen. Und das südlich des Äquators gelegene Addu-Atoll, das mit einem Durchmesser von siebzehn Kilometern klein ist, aber für die örtlichen Verhältnisse viel Landmasse besitzt. Hier ist alles ein bisschen anders als sonst auf den Malediven. Die Resort-Insel Villingili – eine von nicht einmal einer Handvoll im Atoll – ist mit drei Kilometern Länge und maximal achthundert Metern Breite geradezu riesig. Dort ist es mit
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