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Leonardos Drachen

Leonardos Drachen

Titel: Leonardos Drachen
Autoren: Alfred Bekker
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Mögliche zu meinem Schutz unternehmen und ich könnte mich vermutlich für die nächste Zeit nicht mehr frei bewegen   … Und dabei weiß ich noch nicht einmal, ob ich mich nicht vielleicht sogar irre!“
    „Am besten erzählst du mir einfach, was dir auf der Seele liegt.“
     
    L eonardo erzählte Fra Branaguorno von dem Reiter, der ihn verfolgt hatte. Er musste sich einfach jemandem anvertrauen. Und jemand anderes bot sich dafür einfach nicht an. Er konnte es nicht einmal Clarissa sagen, denn er fürchtete, dass sie dann zu ängstlich sein würde, um ihn am Sonntag auf die Anhöhen zu begleiten, wo Leonardo seinen Drachen in die Lüfte emporsteigen lassen wollte – vorausgesetzt, er war mit seinen Vorbereitungen bis dahin etwas weiter.
    „Ich weiß noch nicht einmal, ob ich mich vielleicht geirrt habe“, sagte er. „Es könnte ja sein, dass es eine ganz harmlose Erklärung für das Auftauchen dieses Reiters gibt – genauso wie für den Bettler, der sich nach mir erkundigt hat.“
    „So wie wir uns alle dem Vater im Himmel anvertrauen, wenn wir beten, solltest du dich auch deinemirdischen Vater anvertrauen“, riet Fra Branaguorno. „Ich glaube, das wäre das Beste.“
    „Nein“, widersprach Leonardo. „In diesem Punkt habe ich schon anders entschieden.“
    „Vielleicht wirst du das noch einmal überdenken.“
    Leonardo zögerte. „Nun, das kann man natürlich niemals ganz ausschließen“, gab er zu.
    „Jedenfalls bist du hier im Palast sicher.“
    „Wirklich?“, ging es Leonardo durch den Kopf. Wenn seine Vermutung stimmte und es im Palast des Stadtherrn von Verrätern nur so wimmelte, dann konnte er sich darauf nicht verlassen.
    Während er noch einige der Drachenbilder sehr sorgfältig kopierte, beruhigte sich Leonardo etwas.
    Er vertiefte sich voll und ganz in die Zeichnungen. Ab und zu fragte er Fra Branaguorno um Rat, um noch mehr über die Bedeutung der auf den Blättern stehenden Schrift zu erfahren. Er ließ sich alle persischen Worte übersetzen, die der Mönch herausbekommen konnte, und schrieb sie an die Kopien der Zeichnungen. Manche dieser Anmerkungen verstand Leonardo auf Anhieb. Es waren meistens Hinweise zu den verwendeten Materialien. Bei anderen Wörtern war es ihm ein Rätsel, was damit wohl in diesem Zusammenhang gemeint sein mochte.
    Es war schon spät, als Leonardo den Palast verließ. Unterwegs hielt eine Kutsche neben ihm am Straßenrand.
    „Leonardo!“, rief ihn die bekannte Stimme seines Vaters, der wohl gerade seine Pflichten im Palast hintersich gebracht hatte und sich nun von einem der Medici-Fuhrleute nach Hause bringen ließ. „Steig ein!“
    Das ließ sich Leonardo nicht zweimal sagen.
    „Ich habe von einem der Diener gehört, dass du heute in der Palastbibliothek warst“, erklärte Ser Piero.
    Leonardo gähnte. Er war wirklich hundemüde. Jetzt zeigten sich die Auswirkungen der letzten Nacht, in der er ja kaum geschlafen hatte.
    „Herr de’ Medici ist sehr großzügig“, sagte Leonardo. „Und er hat einen Mönch als Bibliothekar, mit dem man interessante Gespräche führen kann.“
    „Ich hoffe nur, dass du deine Pflichten bei Meister Andrea nicht vernachlässigst.“
    „Das tue ich nicht.“
    „Man muss ja auch daran denken, dass du irgendwann auf eigenen Füßen stehen und dir eigenes Geld verdienen sollst. Ein Maler wird immer gebraucht – solange es Menschen gibt, die ihren Anblick für die Ewigkeit bewahren wollen. Das ist ein sicherer Beruf, der noch einen großen Aufschwung erleben wird!“
    „Ja, ich sehe ja jeden Tag, wie viele Aufträge die Werkstatt von Meister Andrea hat.“
    Ser Piero lächelte. „Hauptsache, du kommst nicht eines Tages auf die Idee, etwa eine Maschine zu erfinden, die einen Maler ersetzen könnte.“
    „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Aber ehrlich gesagt, wäre das vielleicht gar keine schlechte   …“
    „Dann denk auch weiterhin nicht drüber nach, Leonardo! Du machst sonst deinen eigenen Berufsstandarbeitslos. Und zum Glück ist so etwas ja auch völlig unmöglich.“
    Sie erreichten schließlich ihr Zuhause und stiegen aus. Leonardo sah zu der Stelle hinüber, wo zuletzt der Mann mit dem Kapuzenumhang aus dem Schatten getreten war, von dem er glaubte, dass es sich um Salvatore Vespucci handelte.
    Ser Piero erriet sofort, worüber Leonardo nachdachte. „Nein, dieser Kerl hat noch nicht wieder Verbindung zu mir aufgenommen.“
    „Hast du denn sein Anliegen bei Herrn de’ Medici
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