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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin
Autoren: Susanne Goga
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eigentlich einen großen Raum mit Bad, über der
     Manufaktur, der auch von der Seitenstraße zu erreichen ist. Dort hat
     der alte Herr Edel manchmal . . . Damen empfangen. Es war in der Firma ein
     offenes Geheimnis, nur der Juniorchef wusste nichts davon. Er hat es erst
     nach dem Tod seines Vaters erfahren.«
    »Wie kommen wir
     dorthin?«
    »Ich zeige es Ihnen.«
    Herr Lehmann führte sie
     durch den Korridor, in dem es wie immer nach Bohnerwachs und Leder
     duftete. Die Herren auf den Porträts blickten gleichgültig auf
     die kleine Gruppe hinunter. Sie stiegen eine Treppe hinab und gelangten
     durch eine große Doppeltür und über einen Fabrikhof in die
     Manufaktur. Die Decke wurde von grün gestrichenen Metallträgern
     mit Blättermuster gestützt, durch die hohen Fenster fiel
     Tageslicht herein. Arbeiter saßen und standen an Tischen, neben sich
     Kästen mit Knopfrohlingen und fertigen Knöpfen, schliffen, sägten
     und bohrten. Über allem lag ein feiner Staub, der auch vor den
     Fenstern im Sonnenlicht tanzte.
    Am Ende der Halle ging eine
     unauffällige Tür ab. Herr Lehmann drückte die Klinke
     herunter. »Abgeschlossen.«
    »Moment.« Robert
     griff in die Tasche und zog einen Bund Dietriche hervor. »Die habe
     ich immer dabei«, sagte er beinahe entschuldigend. Er machte sich an
     dem Schloss zu schaffen, und bald schwang die Tür auf.
    »Vielen Dank, Herr
     Lehmann, wir brauchen Sie jetzt nicht mehr.«
    Der Mann schaute sie enttäuscht
     an, wandte sich aber widerspruchslos zum Gehen.
    »Ich möchte nicht
     wissen, wie es jetzt in ihm arbeitet«, flüsterte Robert.
    Leo legte einen Finger an die
     Lippen. »Leise, Edel könnte noch immer bewaffnet sein.«
     Sie stiegen die schmale Treppe hoch, die in einem kleinen Absatz endete,
     von dem eine Tür nach rechts abging. Gegenüber führte eine
     ähnliche Treppe nach unten. Der Ausgang zur Straße.
    Im Dämmerlicht sah
     Robert die Schweißperlen auf Leos Stirn. Hoffentlich hielt er durch.
     Nun galt es vor allem, einen Kampf zu vermeiden.
    Leo schaute vorsichtig um die
     Ecke. Die offene Tür gab den Blick auf einen großen Raum frei,
     der nur mit einem breiten Bett möbliert zu sein schien. Darauf saß
     mit dem Rücken zu ihnen ein Mann mit silberblondem Haar. Einen Moment
     lang fühlte Leo sich an das Bild von der Frau erinnert, das er Elisa
     Reichwein abgekauft hatte. Der Eindruck von Einsamkeit war ganz ähnlich.
    Er hörte die
     Schritte. Sie war gekommen. Nun würde alles gut. Er wollte sich zu
     ihr umdrehen, doch etwas zwang ihn, still sitzen zu bleiben. Sie würde
     von hinten kommen, sanft seinen Rücken berühren, ihn an der
     Schulter zu sich herumdrehen –
    »Kriminalpolizei. Ich
     bin Kommissar Wechsler, das hier ist Kriminalsekretär Walther.
     Maximilian Edel, ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes wegen Verdacht des
     Mordes an Gabriel Sartorius und Erna Klante und des versuchten Mordes an
     meiner Person. Kommen Sie bitte mit.«
    Er glaubte schon, der Mann
     werde nicht reagieren, doch dann wandte er sich ganz langsam um und stand
     auf. Sein Gesicht war so blass, dass es mit dem Haar zu verschmelzen
     schien. Er rieb sich den rechten Arm. Sein Blick wirkte starr, er schien
     an den Männern vorbeizuschauen. »Sie ist nicht gekommen.«
    Als sie durch die Manufaktur
     gingen, wandten sich ihnen viele Köpfe zu, doch Edel schaute starr
     geradeaus. »Darf ich noch meinen Mantel holen?«, fragte er,
     und Robert begleitete ihn in sein Büro, wo Edel einen leichten
     Sommermantel überzog. Er warf einen Blick auf die Papiere, die auf
     seinem Schreibtisch ausgebreitet waren, doch Robert drängte ihn, sich
     zu beeilen. Wenn ihr Verdacht stimmte, würden diese Papiere lange
     unberührt bleiben.
    Im Wagen saß Edel ruhig
     mit Robert im Fond. Leo wunderte sich, dass er keinerlei Gegenwehr
     geleistet hatte, doch womöglich stand er unter Schock. Auch war es
     schon bei gesunden Menschen schwer, ihr Verhalten vorauszusagen, also
     musste dies für einen vermutlich Geisteskranken in noch größerem
     Maße gelten. Er lehnte sich in die Polster und wäre beinahe
     eingeschlafen, so erschöpft fühlte er sich plötzlich. Zum
     Glück hatten sie nicht lange nach Edel suchen müssen, das hätte
     er nicht durchgestanden.
    Leo ging vor ins Büro
     und wies von Malchow an, mit Ellen und Viola Cramer im Nebenzimmer zu
     warten, bis man sie rief. Dann gab er Fräulein Meinelt Anweisung,
     niemanden hereinzulassen, holte Berns zum
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