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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin
Autoren: Susanne Goga
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ins Zuchthaus geschickt?«, fragte Robert nachdenklich.
    »Vermutlich nicht.
     Seine Unzurechnungsfähigkeit war klar erkennbar«, entgegnete
     Leo. »Er wäre wohl in einer Heilanstalt geendet. Für ihn
     war es wohl besser so, als langsam den Verstand zu verlieren.«
    »Das, was davon übrig
     war«, warf Robert ein.
    »Eigenartig, wie
     durchdacht Geisteskranke manchmal handeln. Wir haben lange gebraucht, um
     auf ihn zu kommen. Ob Sartorius Geld von ihm erpresst hat, werden wir wohl
     nie erfahren. Egal, der Fall ist hiermit abgeschlossen.« Leo klappte
     die Akte zu. »Jetzt lasse ich meinen Verband erneuern und hole Marie
     aus dem Krankenhaus ab.« Er wollte gerade seine Jacke anziehen, als
     von Malchow ins Vorzimmer trat.
    »Herr Kommissar«,
     er schaute Robert zögernd an.
    »Warte bitte draußen
     auf mich.«
    Robert tippte sich an den Hut
     und verließ das Zimmer.
    »Nun?«
    »Damit ist unsere
     Zusammenarbeit wohl fürs Erste beendet.«
    Leo nickte. »Haben Sie
     mir noch etwas zu sagen? Wenn nicht, würde ich gern ins Krankenhaus
     fahren.«
    Von Malchow rieb sich
     unbehaglich die Hände an der Hosennaht. »Eins noch. Ich wollte
     mich bedanken. Die Sache im Flur, wie Sie ihn von mir abgelenkt haben,
     meine ich.«
    »Schon gut«,
     unterbrach ihn Leo. »Sie waren auch zur Stelle, als ich Sie
     gebraucht habe. Damit sind wir quitt. Ach nein, ich habe sogar etwas bei
     Ihnen gut.«
    Von Malchow sah ihn fragend
     an.
    »Der Artikel über
     Dießing. Den hab ich nicht vergessen. Einen schönen Feierabend
     wünsche ich.« Mit diesen Worten ließ er von Malchow
     stehen und ging hinaus.
    Auf dem Flur begegnete er
     Gennat. »Gratuliere, Wechsler. Schöne Schweinerei auf der
     Alexanderstraße, aber das ließ sich wohl nicht vermeiden, was?«
    »Ich glaube nicht.
     Andernfalls hätte er es in der Zelle getan, da bin ich mir sicher.
     Trotz seiner Verwirrung hatte er erkannt, dass es keinen Ausweg gab.«
    »Die Szene hier im Flur
     habe ich leider verpasst. Kommt ja nicht so häufig vor, dass es bei
     uns wie im Kriminalroman zugeht, was?« Er nickte freundlich und
     watschelte davon.
    »Den Verband lassen Sie
     bitte drei Tage an Ort und Stelle, danach kommen Sie noch einmal zum
     Nachsehen, verstanden?« Der Arzt sah Leo streng an.
    »Ja, versprochen.«
    »Was war eigentlich so
     wichtig, dass Sie Hals über Kopf das Krankenhaus verlassen mussten?«
    »Das lesen Sie sicher
     morgen in der Zeitung, Herr Doktor.«
    Marie stand fertig angezogen
     neben ihrem Bett, in der einen Hand eine kleine Tasche und unter dem
     anderen Arm ihre Bücher. Als er den Saal betrat, ließ sie alles
     fallen und stürzte sich in Leos Arme. »Endlich, Vati, ich
     dachte, du kommst gar nicht mehr.«
    »Als wenn ich dich
     vergessen würde!«
    »Was macht dein
     Gesicht?« Sie betastete vorsichtig das Pflaster an seiner Schläfe.
    »Schon besser, Liebes.
     Es tut kaum noch weh. Komm, wir fahren nach Hause.«
    An diesem Tag leistete er
     sich ein Taxi. Das hatten er und Marie sich wahrlich verdient.
    »Ich würde dich
     gern mit ihm bekannt machen.«
    »Sicher, lade ihn demnächst
     einmal ein. Ich verspreche, ich werde dann keinen Dienst haben, Ilse.«
     Er war so froh, dass er Marie wieder zu Hause hatte und gleich zwei Fälle
     erledigt waren, dass er seiner Schwester alles versprochen hätte.
    An diesem Abend erzählte
     er auch seinem Sohn, wie es zu den Verletzungen gekommen war, da er spürte,
     dass Georg Angst um ihn gehabt hatte. Nachdem er die Kinder zu Bett
     gebracht hatte, setzte er sich ins Wohnzimmer und vertiefte sich in ein
     Kunstbuch. Als er es aufschlug, fiel ihm ein, dass er zuletzt darin
     gelesen hatte, als Robert ihm den Mord an Gabriel Sartorius gemeldet
     hatte.
    Er blickte erst wieder auf,
     als Ilse mit zwei Tassen Kräutertee das Zimmer betrat. Sie stellte
     ihm eine hin und schaute ihn an, als wäre ihr nicht wohl in ihrer
     Haut. »Hast du von Matussek gehört, Leo?«
    »Nein. Hat der Prozess
     begonnen?«
    »Er ist schon vorbei.
     Es ging alles ganz schnell. Sie haben auf Tod durch Enthaupten
     entschieden.«
    Leo zuckte unwillkürlich
     zusammen. Er wusste, dass die Todesstrafe angesichts der vielen scheußlichen
     Verbrechen oftmals angemessen schien, doch die Vergeltung von Gewalt mit
     Gewalt behagte ihm nicht. Anders als manche Kriminalbeamte wohnte er
     Hinrichtungen grundsätzlich nicht bei. »Hast du noch einmal von
     der Kleinen gehört?«
    »Ja, sie bleibt bei
     ihrer Tante auf dem Land,
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