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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin
Autoren: Susanne Goga
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den Salon. »Möchten Sie hier warten?« Sonnenlicht fiel
     durch die wolkigen Gardinen und zeichnete Muster auf den Orientteppich.
     Das ganze Haus kündete von Wohlstand und bürgerlicher Eleganz.       
    »Nein, aber wir würden
     Ihnen gern einige Fragen stellen. Ist Ihnen in letzter Zeit etwas an Herrn
     Edel aufgefallen?«
    Die Frau schaute sie unsicher
     an, als schwanke sie zwischen Loyalität zu ihrem Arbeitgeber und dem
     Pflichtgefühl gegenüber der Polizei.
    »Nehmen Sie doch Platz.
     Sie können ruhig mit uns sprechen, Frau . . .«
    »Leipold, Maria
     Leipold. Ja, er wirkte in letzter Zeit manchmal unglücklich, aber ob
     er krank war, kann ich nicht sagen. Und es kam mir vor, als hörte er
     oft nicht richtig zu. Dann musste ich ihn dreimal fragen, ob er noch
     Kaffee möchte oder ein Ei. Das ist mir schon aufgefallen.«
    »Sonst nichts?«,
     hakte Leo nach, der froh war, auf dem bequemen Sofa zu sitzen.
    »Nein, das heißt,
     da war noch etwas.« Sie zögerte. »Herr Edel trägt
     gewöhnlich Handschuhe. Das ist eine Gewohnheit von ihm, eine persönliche
     Laune. Er hat wunderschöne Handschuhe aus allen möglichen
     Stoffen und Ledersorten und . . .«
    »Und?«, half
     Robert nach.
    »Und auf einmal trägt
     er keine mehr. Seit ein paar Tagen schon.«
    »Das will nicht
     unbedingt etwas heißen. Immerhin haben wir Hochsommer. Oder möchten
     Sie uns noch etwas sagen?«
    Frau Leipold nickte und
     schaute verlegen zu Boden. »Nicht dass Sie denken, ich spioniere ihm
     nach. Aber ich war gestern im Keller, und da stand ein Sack in der Ecke,
     wie wir ihn für die Altkleider benutzen, die Herr Edel der Wohlfahrt
     schenkt. Allerdings trage ich die Säcke immer in den Keller und
     wusste nicht, woher dieser plötzlich kam. Also habe ich reingeschaut
     und lauter zerschnittene Handschuhe drin gefunden.«
    »Dürfen wir die
     sehen?«
    »Ja, natürlich.«
     Sie ging hinaus und sprach mit jemandem. Kurz darauf trug ein Hausmädchen
     mit weißer Schürze und Häubchen den bewussten Sack in den
     Salon und stellte ihn neben den Sofatisch. Sie knickste und verließ
     das Zimmer. Frau Leipold schnürte den Sack auf und ließ die
     Beamten hineinsehen. Leo griff hinein und förderte einen Haufen
     Stofffetzen zutage. Seide, Satin, Leder, Baumwolle, Handschuhe zum
     Autofahren und zur Abendkleidung, in allen Farben, bestickt, mit
     Lochmuster und Riegel am Handgelenk.
    »Und Sie sagen, er trug
     immer Handschuhe?«
    »Ja. Ob er sie zum
     Schlafen ausgezogen hat, kann ich nicht sagen, aber tagsüber hatte er
     sie immer an. Sogar beim Essen.«
    »Das erklärt die
     fehlenden Fingerabdrücke«, meinte Robert.
    »Ja, es passt alles
     zusammen.«
    »Darf ich fragen, warum
     Sie hier sind? Ist Herrn Edel etwas zugestoßen?«, fragte sie
     besorgt. »Er wirkte so durcheinander, nicht dass er sich etwas
     angetan hat.«
    »Das glaube ich kaum.
     Wir fahren jetzt in die Firma. Sollte er hier erscheinen, rufen Sie bitte
     umgehend diese Nummer an.«
    Er sah nicht mehr den
     fassungslosen Blick, mit dem sie auf das Wort Morddezernat schaute.
    Herr Lehmann sah sie überrascht
     an und wandte sich an Robert. »Ich habe nicht vergessen, dass Sie
     erfahren wollten, wie Knöpfe hergestellt werden. Aber wegen einer
     Betriebsführung sind Sie wohl nicht gekommen.«
    Leo trat einen Schritt vor.
     »In der Tat, deswegen sind wir nicht gekommen. Wir suchen Herrn
     Edel.«
    »Den habe ich heute
     Morgen noch gar nicht in der Firma gesehen. Haben Sie schon Fräulein
     Merkert gefragt?«
    »Ja, sie ist ihm heute
     auch noch nicht begegnet.«
    »Vielleicht fühlt
     er sich nicht wohl und ist zu Hause geblieben. Hat in letzter Zeit nicht
     gut ausgesehen.«
    »Bei ihm zu Hause waren
     wir schon. Seine Haushälterin sagt, sie habe ihn heute auch noch
     nicht gesehen, er müsse das Haus früh verlassen haben.«
    »Tja, dann . . .«
     Lehmann blickte zu seinem Schreibtisch, als wollte er sagen, ich habe zu
     arbeiten, doch das beeindruckte Leo und Robert wenig. Leo hielt ihm die
     Nachricht an Viola Cramer hin. »Können Sie mir sagen, wo dieser
     bekannte Ort sein könnte?«
    »Ich verstehe nicht
     –«
    »Herr Lehmann, wir
     ermitteln in zwei Mordfällen, die Sache ist dringend. Falls es hier
     in der Firma einen Ort geben könnte, an dem Herr Edel sich mit einer
     Frau treffen würde, dann sagen Sie es uns bitte.«
    Der Verkaufsdirektor schaute
     verlegen auf seine Schuhe und räusperte sich. »Nun ja, es gibt
     eine Wohnung,
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