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Leo Berlin

Leo Berlin

Titel: Leo Berlin
Autoren: Susanne Goga
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Stenographieren dazu und ließ
     sich schwer in den Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen.
    Edel saß davor,
     zusammengesunken, beinahe apathisch. »Sie ist nicht gekommen«,
     wiederholte er. Es waren die ersten Worte, die er seit der Verhaftung
     gesprochen hatte.
    »Herr Edel, ist Ihnen
     klar, warum wir Sie hierher gebracht haben?«, fragte Leo. »Sie
     werden des Mordes an dem Heiler Gabriel Sartorius verdächtigt. Und an
     der Prostituierten Erna Klante. Und des Mordversuchs an mir, und zwar
     gestern in der Wohnung von Gabriel Sartorius.«
    Edel reagierte nicht.
    »Gut, dann erzählen
     Sie uns, wer nicht gekommen ist.«
    »Viola, meine Verlobte.«
     Berns sah ihn erstaunt an, doch Leo bedeutete ihm mit einer Handbewegung,
     er solle schweigen.
    »Wir wollen demnächst
     heiraten, ganz traditionell, keine moderne Hochzeit mit kurzem Kleid und
     Essen im Hotel. Ich habe mir schon Brautkleider angesehen. Sie wird
     wunderschön sein.«
    »Herr Edel, uns liegt
     eine Aussage vor, nach der Fräulein Cramer Sie gar nicht näher
     kennt. Sie wurde von Ihrem Heiratsantrag völlig überrascht, wie
     sie sagt.«
    »Aber ich . . . sie hat
     doch –« Er sah Leo hilflos an und rieb sich wieder den Arm.
    »Herr Edel, die Sache
     ist sehr ernst. Ein Geständnis würde uns allen helfen.«
     Von Ernst Gennat hatte er gelernt, dass es ratsam war, Ruhe zu bewahren
     und den Verhafteten mit Verständnis zu begegnen, um sie nicht zu verängstigen
     oder noch verstockter zu machen.
    »Sie haben im Jahre
     1911 mit einer Prostituierten namens Erna Klante verkehrt. Einige Zeit später
     haben Sie bestimmte Krankheitszeichen an Ihren Geschlechtsteilen entdeckt.
     Rote Schwellungen, Verhärtungen, was auch immer. Aus Scham sind Sie
     nicht zum Arzt gegangen und haben auch mit niemandem sonst darüber
     gesprochen.«       
    Ganz langsam hob Edel den
     Kopf und schaute Leo bestürzt an. »Woher wissen Sie das?«
    »Das habe ich mir
     zusammengereimt. War es so?«
    Der Verhaftete schaute wieder
     zu Boden und nickte. Dabei knetete er seine Hände, auf denen ein paar
     helle Flecken zu sehen waren.
    »Irgendwann waren die
     Schwellungen verschwunden. Sie fühlten sich wieder wohl. Haben nicht
     mehr an einen Arztbesuch gedacht, es ist ja auch unangenehm, mit Fremden
     über so intime Dinge zu sprechen. Zumal Sie in geschlechtlichen
     Dingen ohnehin sehr zurückhaltend waren. Anders als Ihr Vater.«
     Das war ein Schuss ins Blaue, doch Leo hatte sich aus den Bemerkungen
     über das Liebesnest in der Firma einiges zusammengereimt. Und sein
     Gefühl sagte ihm, dass er richtig lag.
    Edel riss den Kopf hoch und
     legte eine Hand auf den Tisch. »Lassen Sie es mich . . . selbst erzählen.«
    »Bitte.« Leo
     lehnte sich zurück und atmete tief durch. Der Verband fühlte
     sich mittlerweile klebrig an, hoffentlich blutete die Wunde nicht zu
     stark. Er konnte das Verhör unmöglich unterbrechen.
    Robert stand auf und kam mit
     zwei Gläsern Wasser zurück, von denen Leo dankbar eins
     entgegennahm. Das andere stellte Robert vor den Verhafteten.
    »Wir hören, Herr
     Edel.«
    »Sie haben Recht mit
     der Geschichte in diesem . . . diesem Etablissement. Wir waren an dem
     Abend unterwegs, ein paar junge Burschen, mit denen mich mein Vater
     bekannt gemacht hatte. Männer aus gutem Hause, aber mit wenig
     Anstand. Eigentlich mochte ich sie nicht besonders. Sie tranken viel,
     trieben sich bis in den frühen Morgen herum, so etwas lag mir nicht.
     Von meiner Mutter habe ich gelernt, dass man Frauen mit Respekt begegnen
     muss, und ein solches Haus hätte ich allein nie aufgesucht.«
    »Sie brauchen sich
     nicht zu entschuldigen.«
    »Ich will es ja nur
     erklären. Jedenfalls saßen wir in einem Nachtlokal, als ein
     Bekannter meiner sogenannten Freunde dazustieß. Er hörte von
     ihrer Idee, mit mir in ein Etablissement zu gehen und eine Frau zu
     bezahlen, mit der ich dann schlafen sollte. Er sagte, er kenne ein
     ausgezeichnetes Haus, in dem er selbst verkehre, und schleppte uns alle
     dorthin. Ich . . . ich war sehr schüchtern und schämte mich in
     Grund und Boden. Aber sie waren gnadenlos, drängten mich die Treppe
     hinauf in dieses Zimmer, alles in Rot, und sie haben gejohlt, und er war
     der Lauteste von allen . . . Den Rest dieser Geschichte möchte ich
     lieber für mich behalten.«
    Leo nickte. »In
     Ordnung. Allerdings muss ich Sie fragen, ob Sie danach Verkehr mit Frauen
     gehabt haben.«
    Edel schüttelte den
     Kopf.
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