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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche
Autoren: Sigrid Ramge
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Geld gefunden und zur Polizei gebracht!«
    »A Onkel, wo ebbes bringt, isch besser als a Tante, wo Klavier spielt!«, jubelte Oma Katz. Ihre Stimme schallte über den Festplatz, da die Kapelle gerade pausierte.
    »Donnerwetter«, sagte Schmoll, nachdem er das Schreiben noch einmal studiert hatte: »Der Onkel, der das Geld zur Polizei gebracht und die Quittung unterschrieben hat, heißt Leo Kowalzki!«
    Es folgte ehrfürchtiges Schweigen, bis Irma ihren Leo in die Seite stupste und sagte: »Sollen wir vor Neugier platzen? Erzähl jetzt, wie das zugegangen ist!«
    Leo ließ sich nicht lange bitten und legte los: »Ich war wie besessen davon, das Geld zu finden. Dass es noch in Stuttgart liegen könnte, hielt ich für unwahrscheinlich. Das Erdloch im Wald auf dem Lemberg war eine Finte, mit der Erik hinters Licht geführt werden sollte. Ich weiß selbst nicht, wieso ich mir so sicher war, dass Frau Kurtz ihre Beute irgendwo auf Mallorca versteckt hatte.«
    »Aber du konntest doch nicht die ganze Insel absuchen!«, sagte Line.
    »Stimmt«, gab Leo zu. »Ich wusste überhaupt nicht, wo ich anfangen sollte. Zuerst hab ich im Hotel
Castillo
ein Zimmermädchen bestochen, damit ich die Luxusräume, die Frau Kurtz bewohnt hatte, durchsuchen konnte. Ohne Ergebnis. Danach hab ich die Finca auf den Kopf gestellt und sogar im Garten rumgebuddelt. Nichts! Jede freie Minute bin ich auf der Suche gewesen. Aber gestern bin ich noch mal zu dem Felsenkeller gefahren, in dem wir Frau Kurtz aufgestöbert haben. Und wie durch ein Wunder hab ich dort einen Geheimgang entdeckt.«
    »Gehoimgang?«, unterbrach Katz. »Ond wo het dr nagfiehrt?«
    »Er führt nur ein paar Meter in den Berg hinein. Eine Sackgasse«, erklärte Leo. »Ich klopfte die Wände ab, bis ich wunde Fingerknöchel hatte. Ganz am Ende des Ganges klang es hohl. Ich pulte ein paar lockere Steine raus – und dahinter war ein Loch! Darin lag das Geld wie in einem Safe.«
    »Lag einfach so da?«, fragte Helene atemlos.
    »Die Geldbündel waren in Gefrierbeutel eingeschweißt und lagen in einem Schuhkarton, Größe 44.«
    »Und wieso ist von den spanischen Ermittlern niemand auf die Idee gekommen, in dem Gang zu suchen?«
    »Er war sehr eng und niedrig. Niemand hat sich vorstellen können, dass dieses Herkulesweib hineingepasst hätte. Ich bin selbst fast nicht mehr herausgekommen. Eine Weile klemmte ich fest und dachte, nun bin ich in diesem vermaledeiten Weinkeller gefangen. Aber dann hab ich’s doch geschafft. Hat allerdings ein paar Schürfwunden gekostet.«
    Irma schob den Ärmel seines Polohemdes hoch. Sein Oberarm war bis zur Schulter verpflastert.
    »Wenn du nicht mehr rausgekommen wärst aus dem Gang, hätte dich niemand gefunden«, sagte sie. »Du wärst verhungert!«
    »Hm«, machte Leo. »Aber in der Zeit, in der ich da festhing, ist mir eingefallen, wer den Karton in diesem Felsensafe deponiert haben könnte.«
    »Ond wer isch dr oigfalle?«, fragte Katz begierig.
    »José«, sagte Leo. »Der kleine Kellner hat locker in den engen Gang gepasst.«
    »Was meinst du zu dieser Theorie, Irma?«, fragte Schmoll.
    »So wird es gewesen sein. José hat ja auch sonst alles für Brünnhilde getan.
    Irma wurde von Line unterbrochen. »Da es die Finca seiner Großeltern ist, kannte er sich in der Umgebung aus. Vielleicht hat José das Geld schon in dem ehemaligen Weinlager versteckt gehabt, bevor Frau Kurtz mich dorthingeschleppt hat. Der Schlawiner hat es so versteckt, dass die stattliche Frau Kurtz nicht rankonnte.«
    »José hat der spanischen Polizei zwar alles gestanden, aber nichts von dem Geld verraten«, sagte Irma. »Wahrscheinlich denkt er, es holen zu können, wenn er wieder aus dem Gefängnis raus ist.«
    Leo lachte. »Er wird eine schöne Wut auf mich bekommen, wenn er erfährt, dass das Geld für ihn futsch ist.«
    »Wie bist du eigentlich zu dem gottverlassenem Dorf hingekommen?«, fragte Irma.
    »Mit einem stabilen Fahrrad. Inzwischen kenne ich den Weg auswendig. Die Hinfahrt war unproblematisch.«
    »Und als du das Geld dann gefunden hattest?«, fragte Line.
    Leos Gesicht verzog sich zu einer peinvollen Grimasse: »Da musste ich mindestens dreißig Kilometer durch stockdunkle Nacht zurück nach Palma radeln. Auf der Landstraße, die parallel zur Autobahn läuft, waren nur noch wenige Autos unterwegs. Einerseits war das gut für einen einsamen Radfahrer, andererseits habe ich mir dauernd vorgestellt, ich würde überfallen werden. Obwohl ja niemand wusste, wie
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