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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche
Autoren: Sigrid Ramge
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finanzielle Großzügigkeit war der einzige Anreiz, wegen dem ich bisher bei ihr geblieben bin
.
    Da meine Tante kein Geld mehr hat, sind wir übereingekommen, in gemeinsamer Aktion ihre Bank auszuräumen. Sie hat alles perfekt geplant. Nichts wird dem Zufall überlassen. Eigentlich ist es ganz einfach. Ich werde ihr helfen, aber ich denke nicht daran, ihr das Geld zu überlassen, auch wenn ich sie deswegen umbringen müsste

    »Genug«, sagte Schmoll, und Irma legte den Brief zurück in die Akte.
    Die Stille im Verhörraum drückte auf die Gemüter. Bosede nahm die Hände vom Gesicht und versuchte aufzustehen, vermutlich, um aus dem Raum zu fliehen. Aber sie blieb erschöpft sitzen und starrte auf den Fußboden.
    Frau Kurtz schmetterte ein höhnisches »Ha! Die Gangsterbraut!« in Bosedes Richtung.
    Schmoll forderte Frau Kurtz auf, sich zu dem Brief zu äußern.
    Da sie den Inhalt kannte, kam ihre Antwort spontan, selbstsicher und sehr laut: »Dieser Brief ist eine Verleumdung. Alles gelogen. Das ist ja lachhaft, mich zu verdächtigen, die Bank, der ich zwanzig Jahre lang treu und ehrlich gedient habe, auszurauben.« Sie fixierte Bosede und zischte: »Die Bankräuber sind Erik und du! Wer sonst? Du miese kleine Kellnerin rückst gefälligst das Geld raus!«
    Schmoll unterbrach sie: »Jetzt ist’s genug, Frau Kurtz! – Eins würde mich noch interessieren: Wieso haben Sie diesen Brief nicht wie alle anderen Dinge, die Erik Raabe gehörten, verschwinden lassen?«
    »Ich habe nichts verschwinden lassen. Erik hat alle seine Sachen abgeholt. Den Brief hab ich nur aufgehoben, weil ich Erik zur Rede stellen wollte.«
    Bosede begann zu weinen. Nicht so laut und verzweifelt wie vor einer Stunde, sondern leise und ohne Tränen. Man konnte es nur an ihren Schultern erkennen, die sich krampfartig hoben und senkten.
    »Schluss jetzt!«, sagte Irma, ohne Schmoll anzusehen. »Ich gehe mit Frau Berhane raus. Ich kann Frau Kurtz nicht mehr ertragen.«
    Auch Schmoll und Katz konnten die Arroganz, mit der Frau Kurtz ihnen Lügen auftischte, kaum noch ertragen und sie wären Irma wahrscheinlich sofort gefolgt, wenn Schmoll nicht noch eine letzte Frage hätte loswerden wollen.
    Er blätterte wie gelangweilt in den Akten und fragte mit harmloser Miene: »Wo, Frau Kurtz, ist eigentlich Ihre kleine Schwester abgeblieben? Die kleine Schwester, mit der Sie beim Weinblütenfest auf dem Lemberg gewesen sind?«
    Brünnhilde stutzte, dann lachte sie. »Das war doch nur ein Spaß! Ich habe das Mädchen rein zufällig kennengelernt.«
    »Aber Sie wurden gesehen, als sie gemeinsam weggegangen sind.«
    Brünnhilde war sich sicher, dass die Polizei bisher nicht herausgekriegt hatte, wer das blondgelockte Mädchen gewesen war.
    Sie lachte ihr kratziges, dunkles Lachen und sagte: »Wir haben uns auf dem Feuerbacher Höhenweg getrennt. Keine Ahnung, wie sie hieß oder wo sie herkam.«
    »Okay«, sagte Schmoll und schob die Akten zusammen. »Wir machen eine Pause. Ich lasse Ihnen einen Kaffee bringen.«
    Brünnhilde gurrte: »Vielen Dank. Sehr aufmerksam.«
    Schmoll und Katz verließen den Raum, in dem nur Frau Kurtz zurückblieb.
    »A raffinierts Mensch!«, sagte Katz.
    Schmoll begann mit Kniebeugen und keuchte: »Im Grunde haben wir nichts. Kein Geständnis, dass sie am Bankraubbeteiligt war, und schon gar keins, dass sie Erik Raabe ermordet hat.«
    Diese Feststellung und dazu noch die Hitze vertrugen sich nicht mit Schmolls sportlichen Übungen. Er gab bei Kniebeuge Nummer sechs auf und trank mit den anderen Kaffee. Keiner von ihnen dachte noch an den Kaffee, den sie Frau Kurtz versprochen hatten.
    Aber auch diese dachte nicht mehr daran. Sie saß allein im Verhörraum und schmorte in ihrem eigenen Saft.
    Verdammt, dachte sie. Wie lange wollen die mich noch ausquetschen? Ich muss auf der Hut sein. Bisher hab ich mich tapfer gehalten. Aber wie konnte es nur so weit kommen, dass ich mich in Mallorca hab fangen lassen und nun hier in diesem dämlichen Präsidium sitze? Ich hatte doch jeden Schritt genau berechnet. Alles war perfekt geplant und hunderte Male durchdacht. Wie ist mir diese rote Hexe auf die Schliche gekommen? Aber sie soll erst einmal Beweise finden. Das schafft sie nicht. Das schafft niemand!
    Brünnhilde lehnte sich zurück und zischte die ersten Takte des Walkürenritts durch die Zähne. Sie war überzeugt, die Ermittler hätten den Raum verlassen, weil sie nicht weiterkamen, ihr nichts beweisen konnten. Damit lag sie nicht ganz
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