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Mord ist kein Geschäft

Mord ist kein Geschäft

Titel: Mord ist kein Geschäft
Autoren: Carter Brown
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ERSTES KAPITEL
     
    R ick, Darling—«, ihr Mund schürzte sich
vorwurfsvoll, »Sie sind aber spät! Wir sitzen hier, sterben vor Einsamkeit und
warten darauf, daß Sie auftauchen .« Sie machte eine
elegante Geste zu dem Ding hin, das regungslos neben ihr saß. »Die arme Gilda
ist völlig verstört, Darling. Ich finde wirklich, Sie sollten sich
entschuldigen .«
    Fabrielle Frye saß da und blickte mich erwartungsvoll
an, aufs großartigste die glotzäugige Aufmerksamkeit der übrigen Gäste in einer
von Beverley Hills feudalsten Bars mißachtend ,
während ich mich ihr gegenüber auf einem Stuhl niederließ. Sie war eine große
geschmeidige Blonde von Anfang Dreißig; sie trug eine Tweedkappe ,
die ihr verwegen auf dem Kopf thronte, und ein dazupassendes Cape hing mit einer Art arroganter Lässigkeit von ihren breiten Schultern.
Schwarze hautenge Stretchhosen schmiegten sich um
ihre langen wohlgeformten Schenkel und verschwanden in kniehohen Lederstiefeln.
    Das
Ding, das neben ihr auf dem roten Lederstuhl saß, seinen eigenen unberührten
Martini vor sich, war Fabrielles spezielles
Kennzeichen. Eine über ein Meter fünfundachtzig große Stoffpuppe, gekleidet auf
die schäbige Weise, die im Sommer 1899 üblich gewesen sein mochte. Ein langes,
verschossenes schwarzes Satinkleid bedeckte die Puppe von den Schultern bis zu
den Knöcheln, während die Füße von rissigen Lackschuhen umschlossen waren. Oben
auf dem langen, fettigen, schwarzen, geduldig in zwei über den Rücken
herabhängende lange Zöpfe geflochtenen Haar thronte ein leicht unzüchtig
wirkender, im nahezu letzten Stadium der Auflösung begriffener Strohhut. Das
Gesicht mit seinen schielenden, lidlosen schwarzen
Augen und dem verzerrten scharlachroten Mund stellte eine grausame Karikatur
alles männlichen Sehnens und Trachtens im allgemeinen und im besonderen dar.
    »Sagen
Sie also Gilda schon, wie leid es Ihnen tut, daß Sie sie haben warten lassen,
Darling !« Sie lächelte der Puppe beruhigend zu, die
sie ihrerseits in wildem Haß anschielte.
    »Wissen
Sie was, Fabrielle ?« sagte
ich schwermütig. »Sie sind eine Art lebendes Monument des Hollywood ,
das nicht mehr existiert. Eine Art Reliquie aus den Tagen, als Tom Mix auf
seinem weißen Pferd den Wilshire Boulevard hinabritt
und diese Filmkönigin — wer war es noch? — am Sonntagnachmittag ihren zahmen
Leoparden an der Leine spazierenführte .«
    »Wenn
Sie wollen, daß wir Freunde bleiben, Darling«, in ihre Stimme kam ein
schneidender Unterton, »dann bezeichnen Sie mich nicht als Reliquie !« Sie umfaßte die grobgeformte Hand der Puppe einen
Augenblick lang mit der ihren. »Außerdem mag Gilda das nicht .«
    »Ich
weiß«, sagte ich müde, »es ist ein Trick — die überlebensgroße ausgestopfte
Puppe und das ganze Drum und Dran, und ich bin überzeugt, es verschafft Ihnen
eine gewaltige Publicity, aber ich bin ja nicht hierhergekommen, um für ein
Fan-Magazin zu posieren. Oder?«
    Ihre
weit auseinanderliegenden türkisfarbenen Augen warfen mir einen flüchtigen
Blick voll kalter Abneigung zu, dann lachte sie leise. »Sie sind ein solcher
Bastard, Rick, Darling, wirklich! Und Sie wissen verdammt gut, daß niemand in
dieser Stadt hier den Wunsch hegt, Rick Holman zu
sehen; es sei denn, er steckt in der Bredouille — in üblen Schwierigkeiten, die
der diskreten Behandlung bedürfen. Gilda ist die Sache so peinlich, daß sie
errötet, wenn sie nur daran denkt .« Sie blickte erneut
die Puppe an. »Sehen Sie, sie ist bereits ganz rot .«
    »Wollen
Sie etwas zu trinken, Mr. Holman ?« Neben mir tauchte
plötzlich ein Kellner auf, die Augen sorgfältig von der lebensgroßen Puppe
abgewandt.
    »Bourbon
auf Eis, bitte«, sagte ich.
    »Und
Sie haben einen Schuß Limone in Gildas Martini geschüttet, Sie Böser«, sagte Fabrielle in tadelndem Ton. »Sie haßt das! Sehen Sie, sie
hat ihr Glas nicht angerührt .«
    Der
Kellner starrte die Puppe zwei Sekunden lang benommen an, dann beugte er sich
langsam wie in einem hypnotischen Trancezustand vor und nahm den Martini vom
Tisch.
    »Schon
besser!« Fabrielles Stimme klang beinahe schadenfroh.
»Wenn Sie ihn schnell umtauschen, wird sich Gilda vielleicht entschließen
können, Ihnen zu vergeben. Nicht wahr, Darling?« Sie ließ der Puppe ein
sonniges Lächeln zukommen, während der Kellner mit sich fieberhaft bewegenden
Lippen, vor sich hin sprechend, davonwankte.
    »Was
für Schwierigkeiten ?« fragte ich.
    »Schwierigkeiten
mit Gespenstern«, sagte
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