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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche
Autoren: Sigrid Ramge
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und schon war es ein Fall für die Mordkommission. Schmoll und sein Team waren seit Wochen damit beschäftigt, Zeugen zu vernehmen, um ein Motiv zu finden und die Hintergründe zu verstehen. Die Tatsache, dass die beiden rüstigen Alten zu Schloss Solitude unterwegs gewesen waren, wo im
Grünen Saal
ihre goldene Hochzeitsfeier stattfinden sollte, wurde von den Ermittlern mit unterschiedlichen Sprüchen kommentiert.
    Irma sagte: »Alter schützt vorm Morden nicht.«
    Schmoll brummte: »Was lange gärt, wird endlich Wut.«
    Katz kicherte und sagte: »Mei Oma däd sage: ›Alte Liebe roschtet net, aber schlemmer ka se werde.‹«

    Bevor Schmoll, Irma und Katz sich am Freitagabend in ein dienstfreies Wochenende verabschiedeten, machte Schmollein paar seiner Nachdenke-Kniebeugen und äußerte dabei schnaufend und beiläufig: »Da es gerade mal keinen Mord in Stuttgart aufzuklären gibt und am Wochenende Hocketse-Wetter in Aussicht steht, könnten wir eigentlich aufs Feuerbacher Kelterfest gehen.«
    Katz war begeistert und verkündete spontan, da sei er dabei und er würde seine Ina mitbringen und auch seine Oma. »Beide send ganz verruckt uff Stadtfeschte.«
    Irma wusste zwar inzwischen, was eine schwäbische Hocketse ist – gesellig zusammensitzen und mit oder ohne Anlass feiern – aber unter einem Kelterfest konnte sie sich nicht viel vorstellen.
    Katz erklärte es ihr anhand des diesjährigen Festmottos: »›Feiern en dr Kelter ond drom rom!‹ Des hoißt: Viertele schlotza, schwätza, singe ond schunkle.«
    Schmoll grinste und leckte sich die Lippen. »Und ebbes bodenständig Schwäbisches zwischen die Zähne schieben. Zum Beispiel Zwiebelroschtbrate.«
    Die Feuerbacher Kelter, ein klotziges graues Backsteingebäude, liegt mitten in der Altstadt. Unter dem tiefgezogenen Ziegeldach befindet sich die nostalgische Halle, in der die ansässigen Wengerter seit Jahrhunderten ihre Ernte keltern. Zum alljährlichen Kelterfest werden die Halle und der davorliegende Geringplatz mit Tischen und Bänken ausgestattet und mit Fahnen, Blumen und Erntekränzen geschmückt. Die Gastgeber vom Wein-, Obst- und Gartenbauverein sorgen für die Viertele und zünftige Gerichte.
    Als sich Schmolls Kripoteam gegen neunzehn Uhr in Feuerbachs Altstadt traf, war der Festbetrieb voll im Gange. »En dr Kelter ond drom rom« drängten sich gutgelaunte Gäste. Die Schurwaldmusikanten heizten die Stimmung an. Als auch Helene Ranberg mit Line und kurz darauf Lines Freund Moritz Kittel auftauchten, bestand Schmolls Runde aus acht Personen und einem Hund. Denn Oma Katz hatte selbstverständlich ihren Mixmops Nutella dabei.
    Da der laue Sommerabend dazu einlud, einigte man sich, draußen zu sitzen. Katz ergatterte einen Tisch am Rand der Mühlstraße. Als sie endlich alle saßen, kroch Nutella unter den Tisch und erinnerte von Zeit zu Zeit mit Grunzen und Fiepen daran, dass er noch da war.
    Oma Katz langte dann hinunter, tätschelte ihren Liebling und sagte: »A Lebe ohne Mops isch möglich, aber sinnlos!«
    »Hübscher Spruch«, kommentierte Irma.
    »Von Loriot!«, sagte Katz. »Aber i glaub, der het des hochdeutsch gsagt.«
    Nachdem die ersten Viertele geschlotzt waren, drehte sich das Gespräch um Brünnhilde Kurtz. Das konnte nicht ausbleiben, denn diese Frau hatte alle Anwesenden einige Wochen lang in verschiedenartiger Weise auf Trab gehalten. Sogar Nutella hatte seinen Teil beigetragen, da er die Leiche im Kotzenloch entdeckt hatte.
    »Brünnhilde Kurtz!«, trompetete Helene in die Runde. »Diese Kanaille hat zwei Gesichter und eine gespaltene Persönlichkeit!«
    »Stimmt«, sagte Irma. »Aber ich denke, das genau herauszufinden, überlassen wir den Psychologen.«
    »Da braucht mer koin Psychodokter«, ereiferte sich Oma Katz. »Dieses Saumensch! A gsattelte Sau isch no lang koi Reitgaul! Was saget Sie drzu, Herr Schmoll?«
    Schmoll gab zu, er habe lange nicht glauben wollen, dass hinter der harmlosen Fassade einer braven Bankangestellten ein raffiniertes Weibsstück steckte, und gab neidlos zu, Irma habe schneller geschaltet als er.
    »Das Eichhörnle war’s, das die harte Nuss geknackt hat.«
    »Ich bin doch nur durch Zufall darauf gekommen. Niemand konnte ahnen, wie gefährlich Frau Kurtz ist«, sagte Irma.
    Katz zupfte nachdenklich an seinem Lippenbärtchen: »Der kloi Erik hot die Gfahr au net geahnt.«
    »Sie wird lebenslänglich bekommen«, meldete sich Moritz Kittel, der angehende Polizist.
    »Du merkst auch alles«, meinte Schmoll
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