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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Ethel fand es dort bestimmt schön. Ven fragte sich, ob Ethels Geist nun manchmal glücklich über die Farm streifte, in den Scheunen nach fetten Mäusen schaute, die sie schon lange nicht mehr jagen konnte. Sie hoffte es. Seit der Kreuzfahrt glaubte Ven, dass es doch einen Himmel gab, möglicherweise.
    Sie zwang sich, fröhlich zu klingen, als sie Jen von ihrem Lottogewinn erzählte. Doch kaum hatte sie aufgelegt, ließ sie die Maskerade und schluchzte bitterlichst.
    Wie zum Hohn spielten sie die Titelmelodie aus Ein Offizier und Gentleman im Radio. Ven trank ihren Tee und überlegte, ob Männer in weißen Uniformen tatsächlich in Büros marschiert kamen, sich die Frau ihrer Träume schnappten und sie in den Sonnenuntergang trugen. Sie schloss die Augen, während Joe Cocker und Jennifer Warnes davon sangen, dass die Liebe Menschen dorthin emporhob, wo sie hingehörten. Und sie malte sich aus, wie Nigel ihre Pforte öffnete, den Weg hinaufkam und den Daumen zur Klingel hob.
    Folglich fiel sie beinahe vor Schreck in Ohnmacht, als es klingelte.
    Ven schenkte einen zweiten Tee ein.
    »Ich weiß, dass es unverschämt ist, dich zu fragen«, sagte Olive, »aber kannst du mir vielleicht einen Vorschuss auf den Scheck geben?«
    »Nur wenn du ihn für ein Flugticket ausgibst.«
    »Werd ich. Ich mache auf Shirley Valentine .«
    »Woher der Sinneswandel?«, fragte Ven und schüttete Jammie Dodgers auf einen Teller.
    »Gott, wo soll ich anfangen?« Sie begann mit den Veränderungen in der Land Lane. »Ich will keine vierzig Jahre warten wie Doreen«, endete sie. »Sie hat ihre Chance genutzt, und ich will meine haben.«
    »Sehr gut!«, sagte Ven. »Bleib hier bei mir, bis du einen Flug hast. Und du willst wirklich nicht kneifen und wieder zurück?«
    Olive dachte an die Land Lane, in der sie der Gestank von Fürzen, ein Luxusleben als Bratfischverkäuferin und ein langes Wochenende in Bridlington erwarteten. »Nein, ich bleibe gerne bei dir, danke.«
    Vens Herz drohte nicht zu versagen, als es wieder läutete. Dann allerdings raste es los, sobald sie sah, wer vor ihrer Tür stand.
76. Kapitel
    »Nigel?« Sie schluckte. Die Reaktion war recht dürftig, um es milde auszudrücken, denn er war ganz in Weiß und sah so verteufelt gut aus, dass Richard Gere neben ihm wie Quasimodo gewirkt hätte.
    »Venice.« Er atmete langsam aus. Der Art nach zu urteilen, wie seine Hände zuckten und sich seine Lippen öffneten und schlossen, hatte er ihr etwas zu sagen, fand jedoch nicht die passenden Worte.
    Olive kam hinter Ven an die Tür und zog sich gleich wieder diskret in die Küche zurück, wo sie sich beherrschen musste, um nicht vor Freude zu schreien. Siewusste, dass der Captain nicht hier war, weil Ven eine Feinstrumpfhose in ihrer Kabine vergessen hatte.
    »Venice«, sagte Nigel wieder. Er holte tief Luft. »Ich habe Ihre Gesellschaft an Bord wirklich genossen, und wusste recht schnell, dass Sie zu den Gästen gehören würden, von denen mir der Abschied schwerer fällt. Ich fürchtete, mich zu sehr auf Sie einzulassen, weshalb ich versucht habe, auf Distanz zu bleiben, aber das war mir unmöglich. Sie gingen mir einfach nicht aus dem Kopf.«
    »Nein?«, quiekte Ven. Eigentlich kein Wunder; er würde wohl noch jahrelang Albträume von ihren freischwimmenden Möpsen haben.
    »Nein«, bekräftigte er leise. »Wie Sie wissen, reise ich in drei Tagen zu den Fjorden und nach Island. Wäre es Ihnen recht, wenn ich Sie auf dem Rückweg aus Ayr abhole, und Sie wieder mit mir auf die Mermaidia kommen? Dann können wir uns besser kennenlernen.«
    »Ich?« Selbst für Vens Maßstäbe war es eine denkbar bescheuerte Frage. Sie hörte Olive in der Küche stöhnen.
    »Oh ja, definitiv Sie. Ich bringe Sie selbstverständlich in einer eigenen Kabine unter, denn ich möchte mich nicht aufdrängen   … Und sollten wir uns wider Erwarten nicht gut verstehen, können Sie mich für den Rest der Kreuzfahrt ignorieren.«
    Er legte beide Hände an ihre Wangen. »Es war der Lippenstift an meinem Kragen, der letztlich den Ausschlag gab.«
    »Oh Gott, haben Sie ihn nicht abbekommen? Ich habe Vanish   …«
    »Nein, schon gut«, unterbrach Nigel sie. »Ich dachte, diese Frau kriegt nichts so ganz richtig hin. Der Spargel, die Medizin, Italienisch   …«
    Was meinte er mit Italienisch?
    »… die Boutique, der Badeanzug. Und dann hast du dich für den Kellner stark gemacht, und ich fand dich erstaunlich. Aber, Ven   – Venice Smith   –, als du mir den
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