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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)
Autoren: Maggie Shipstead
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lauten, zufriedenen Seufzen wandte er sich dem Fenster zu. Daphne streckte die Hände zu Dominique aus und ließ sich hochziehen. »Meine Damen«, sagte sie und nickte den Brautjungfern zu. Sie gingen davon, und ihre Stimmen klangen durch das Haus wie ferne Vogelrufe.
    »Gut hergekommen?«, fragte Celeste, die offenbar vergessen hatte, dass man das Thema schon abgehakt hatte.
    »Hätte nicht glatter laufen können«, sagte er.
    »Du musst bei Tagesanbruch aufgestanden sein.«
    »Kurz davor.«
    »Trink aus, Winnifred.« Sie reichte ihm sein Glas und zwinkerte ihm zu. »Du hast es dir verdient.«
    »Wenn du meinst.« Er nippte an der Flüssigkeit. Gin.
    Das Haus war wie ein L geformt, und der innere Winkel wurde von einer hölzernen Terrasse eingenommen, die sich bis an die Wiese erstreckte. Durch die Glastür in der Küche sah Winn Livia über das Gras auf das Haus zukommen. Sie trug alte blaue Shorts, und ihre Beine schienen ihm dünner denn je. Sie brachte einen Schwall salziger Luft mit in die Küche.
    »Oh, Dad«, sagte sie. »Hallo.«
    Sie kam nicht näher, um ihn zu umarmen oder zu küssen. Er musterte sie genauer. In der Hängematte hatte sie leichenhaft blass gewirkt, doch musste das am Schatten gelegen haben, denn jetzt sah sie gut aus, ein bisschen blass, aber gesund. Sie wandte sich ab und nagte an ihrem Daumennagel.
    »Da ist meine Zimmergenossin ja wieder«, sagte Celeste.
    »Ihr beide seid zusammen in einem Zimmer?«, fragte Winn. Biddy musste Livia damit überrascht haben, sonst hätte sie sich deswegen schon zu Hause bei ihm beschwert.
    »Ja«, sagte Livia in neutralem Ton und blickte dabei auf ihre Hand. Die Nägel waren vollkommen abgenagt, und die Haut darum eingerissen und blutig.
    Celeste ließ das Eis in ihrem Glas klingen. »Willst du einen Drink?«
    »Nein, danke.«
    »Moralische Unterstützung für Daphne?«, fragte Celeste. »Wie schade, auf der eigenen Hochzeit nicht trinken zu dürfen. Ich weiß nicht, was ich auf meinen Hochzeiten gemacht hätte, ohne das eine oder andere Gläschen.«
    »Und während deiner Ehen erst«, sagte Biddy.
    »Du bist die Einzige«, Celeste gab Biddy einen Klaps auf den flachen Hintern, »die das zu mir sagen darf.«
    »Ein Glas Champagner kann Daphne trinken«, sagte Livia. »Sie ist im siebten Monat. Das schadet nichts.«
    Celeste nahm einen Schluck. »Ach so? Was ich alles nicht weiß!«
    »Vielleicht will ich doch einen Drink«, sagte Livia. »Ich mach mir einen.«
    »Was macht Cooper?«, fragte Winn Celeste. »Gibt’s ihn noch?« Er streckte seine Hand aus, um Livia übers Haar zu streichen, gerade als sie sich entfernte.
    »Es geht ihm prächtig. Er ist auf einem Segeltörn in den Seychellen. Er wollte kommen, aber er schafft es nicht.«
    Livia nahm eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank und knibbelte an der Folie. »Und? Glaubst du, er wird Nummer fünf?«
    »Ich hab jetzt oft genug geheiratet.« Celeste hob das Glas, als hätte jemand einen Toast ausgesprochen. »Obwohl ich zugeben muss, dass mich das hier gerade sentimental macht. Nichts ist schöner als Braut zu sein. Na ja, die Zeit ist vorbei. Ich werde es ersatzweise durch meine Nichten genießen müssen.«
    Livia warf die Folie in den Müll. »Mich kannst du vergessen.«
    »Ach, Süße, er ist selbst schuld. Das Meer ist voller Fische. Du bist gerade mal neunzehn.«
    »Ich bin einundzwanzig.«
    »Ach so? Ja, dann bist du eine alte Jungfer.«
    Livia drehte einen Korkenzieher in den Flaschenhals. Winn sah zu, wie die silberne Spirale verschwand. Ihre Finger waren so fest um die Flasche geschlossen, dass ihre Knochen sich unter der Haus abzeichneten. Winn hätte ihr gern gesagt, dass sie gar nicht so fest zu drücken brauchte. Er musste daran denken, wie sie einmal aus Versehen eine Eiswaffel zerdrückt hatte. Damals hatte sie gesagt: »Ich habe ganz vergessen, dass ich sie in der Hand hatte, weil ich an etwas anderes dachte.« Es war ihm nicht begreiflich, warum Livia immer alles mit Gewalt machen musste, auch wenn es gar nicht nötig war, aber er sagte nichts. Sie klemmte sich die Flasche zwischen die Knie und zog, bis diese mit einem Plopp den Korken losließ.

2 · Wassergeburt
    B is er Vater wurde, war Winn davon ausgegangen, er werde Söhne haben. Er hatte fest damit gerechnet, dass Daphne ein Junge war. Wenn er sein Ohr an Biddys Bauch legte, hatte er männliche Stimmen gehört, die von künftigen Lacrossespielen und Skiausflügen zu ihm drangen. Er hatte einen kleinen blauen Blazer mit
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