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157 - Der Tod von Baikonur

157 - Der Tod von Baikonur

Titel: 157 - Der Tod von Baikonur
Autoren: Dämonenkiller
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Der Wölfische duckte sich und preßte sich in den Schnee. Das künstlich weiß gefärbte Fell verschmolz fast vollständig mit seiner Umgebung. Der Scheinwerferkegel glitt über die Stelle hinweg. Nichts geschah.
    Kein Ruf, kein Schuß.
    Der Wölfische ruckte wieder hoch. Auf allen vieren hastete er weiter, dem großen Zaun entgegen.
    Er wußte, daß hier überall Minen lagen. Aber er spürte, wo sie sich befanden, und vermochte sie sorgfältig zu umgehen.
    Er war unglaublich schnell. Als der Lichtstrahl des rotierenden Scheinwerfers erneut die bewußte Stelle erfaßte, war der Wölfische schon über hundert Meter entfernt. Er hatte nur eine undeutliche Spur hinterlassen. Das Licht brach sich ungünstig, so daß sie nur zu erkennen war, wenn man wußte, wonach man zu suchen hatte.
    Die Posten mit den Nachtgläsern, die oben hinter den Fenstern des Beobachtungsturms standen, waren ahnungslos.
    Wenig später hatte der Wölfische den Zaun erreicht. Er überkletterte ihn nicht, grub sich auch nicht darunter hindurch. Er kauerte sich nur in den Schnee. Er wußte, daß er in dieser Nacht nicht näher herankommen würde.
    Es war auch noch nicht nötig. Erst mußte er in Erfahrung bringen, ob es sich lohnte.
    Er schob mit den prankenartigen Händen, deren Finger in langen Krallen endeten, den Schnee beiseite. Er mußte gut dreißig Zentimeter tief graben, bis er auf gefrorenen Boden traf. Dann kratzte er mit den scharfen Krallen Linien hinein. Kreise, Sterne, Fünfecke und seltsam ineinander verschlungene Zeichen. Und mit jedem Zeichen, das hinzukam, fühlte der Wölfische wachsende Kraft. Niemand sah ihn, wie er da im Schnee hockte.
    Geist und Körper überschritten die Schranken. Der Wölfische sandte seine Gedanken aus. Er fragte, und er erhielt Antwort auf eine Weise, die kaum jemand außer ihm begriff. Er drang in die Träume der Menschen ein, und er holte sich das Wissen, das er benötigte. Anschließend, als sich Geist und Körper wieder auf Normalniveau bewegten, lag er erschöpft im Schnee und keuchte leise. Geifer tropfte aus seinem kantigen Maul. Die Klauenhände und -füße zuckten verhalten.
    Der Wölfische brauchte eine halbe Stunde, bis er wieder er selbst war und klar denken konnte. Dann löschte er die Zeichen aus und schob den Schnee wieder über die Stelle, glättete ihn. Er schnürte nicht in seiner eigenen Spur zurück, um sie nicht zu vertiefen, sondern zog eine neue, wiederum sorgfältig die Minen umgehend. Der erwartete Schneefall setzte ein. Wenn das Tageslicht kam, würde niemand mehr erkennen, daß hier ein seltsames Lebewesen gewesen war.
    Der Wölfische verschwand lautlos in der Nacht.

    Fedor Samjatows Hand packte das Papier und knüllte es zusammen. Samjatows Gesicht verzerrte sich. Augenblicke später wurde es leer, nichtssagend. Es war, als sei der Geist aus dem Mann gewichen.
    Dabei war er hellwach. Er lauschte nach unhörbaren Schwingungen, die nur er wahrnehmen konnte. „Was haben Sie, Genosse Kapitän?" fragte sein Gegenüber rauh. „Was ist mit Ihnen? Ist Ihnen nicht gut?"
    Samjatow antwortete nicht. Blicklos sah er durch den Mann ihm gegenüber hindurch. Nur seine rechte Hand bewegte sich, gab das Papierknäuel wieder frei. Die Finger wurden gespreizt. Feine Schweißperlen entstanden auf Samjatows Stirn.
    Dann schloß er die Augen und öffnete sie wieder.
    „Nichts", sagte er leise. „Gar nichts… ich habe nur starke Kopfschmerzen. Sie entschuldigen mich, Genosse?"
    „Selbstverständlich." Der andere war von kalter Höflichkeit.
    Samjatow erhob sich. Er nahm den Mantel, der zusammengefaltet auf einem Stuhl lag, zog ihn an und drückte sich die Pelzmütze mit den Ohrenschützem auf den Kopf. Schweigend ging er nach draußen. Die Kälte war schneidend. Samjatow drehte den Kopf. Er sah die langgestreckten Flachbauten, die teilweise vom Schnee geräumten Straßen, er sah die riesigen Hallen, die Hochhäuser und in der Ferne einige der Wachtürme. Irgendwo dröhnte der Motor eines schweren Lastkraftwagens. Hier und da flackerten Lichter.
    Alles normal.
    Und doch nicht. Samjatow litt nicht unter Kopfschmerzen. Niemals. Er war kein normaler Mensch. Er hatte etwas bemerkt, was niemand außer ihm feststellen konnte. Jetzt, als er draußen noch einmal versuchte, nach dem Fremden zu spüren, war es fort. Aber es war dagewesen.
    Kapitän Fedor Samjatow straffte sich. Er ging einen halben Kilometer weit, dann erreichte er einen Flachbau, ein Dutzend Meter entfernt ragte ein hoher Funkmast
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