Leichensache

ist okay.
     
    Das Opfer liegt ausgestreckt auf dem Metalltisch. Kalter Stahl. Deutlich sieht man die Druckstellen am Hals, die kleinen Einstiche in der Brust, das Blut an den Schenkeln.
    Der Junge bemüht sich zu helfen, steht aber ziemlich im Wege rum. Schnake und der Staatsanwalt reden über Autos, Airbag, Seitenaufprall, Fahrgestell.
    Muskulöse Beine hat sie und gute Brüste. Ein Stich hat den linken Warzenhof exakt geteilt, war wohl Mathematiker. Roland schneidet ihr noch die Nägel, fertig. Schnake nimmt das Memocord, setzt noch mal ab.
    »Jedenfalls so im Lack war der noch prima, auch von der Kompaktheit her hätte der noch’n paar Jahre gemacht.«
    Der Staatsanwalt nickt. Neuer Anlauf.
     
    »Eins Punkt. Leiche einer nach vorliegenden Papieren siebenundzwanzigjährigen Frau. Guter Ernährungszustand, Körpergröße 172 cm.
    Zwei Punkt. Die Leiche ist lediglich mit einem blauen T-Shirt bekleidet.
    Drei Punkt. Die Zeichen des Todes sind ausgeprägt. Die Leiche ist ausgekühlt, am Bauch befinden sich blau-livide, auf kräftigen Fingerdruck noch gut abblassbare Totenflecke mit Aussparungen an den Auflagestellen. Eine Handbreit über der rechten Brustwarze findet sich eine senkrecht stehende Hauteintrocknung von 3,5 cm Länge. Direkt darunter ein Einstich einer vermutlich einseitig geschliffenen Klinge, die Wundränder sind glatt, Länge 3 cm. Weiterhin …«
    Der Staatsanwalt gähnt noch mal, sieht rüber und lacht müde. Muss ja ’ne harte Nacht gewesen sein. Der hat, glaub ich, ’ne kleine Tochter. Das sind halt so die Freuden mit den Blagen. Jedenfalls ist der immer da, die haben auch ganz faule Säcke in den anderen Abteilungen. Schon der Leiter ist ’ne Nase. Die Herren des Ermittlungsverfahrens. Vergiss es.
    Roland legt die Bestecke zurecht. Die Sonne fällt durchs Oberlicht, wird von der Säge reflektiert und blendet.
     
    »Dreizehn Punkt. Die Haut des Gesichts ist leicht gedunsen und zart bläulich verfärbt. Das trifft auch auf die Stirnhaut zu. Dort, an den Augenlidern (oben und unten) sowie in den seitlichen Gesichtsbezirken, auch in der Haut hinter den Ohrmuschelansätzen massenhaft Punktblutungen.
    Vierzehn Punkt. Die Augenfarbe ist gelblich grau, Augen schlitzförmig geöffnet. Im Bereich der Augenbindehäute deutlich Gefäßzeichnung und massenhaft Punktblutungen. Wenig Rötung des Augenweiß.
    Fünfzehn Punkt. Festes Nasengerüst.«
    Er setzt ab. Zum Staatsanwalt:
    »Da geht jedenfalls nichts über Daimler. Als ich letztes fahr auf den Lkw aufgefahren bin, wäre ich aus einem anderen Auto wahrscheinlich gar nicht lebend rausgekommen. Aber der Daimler ist eben noch richtig stabil.«
    Der junge Vater nickt. »Muss man sich aber auch leisten können.«
    Schnake nickt selbstgefällig, brabbelt weiter.
    Roland bietet eine Zigarette an. »Wie sieht’s aus bei euch, was macht Helmut?«
    »In letzter Zeit war’s eigentlich ganz ruhig. Helmut geht’s ganz gut so weit.«
    »Wie lange hat der eigentlich noch?«
    »Bis nächstes Jahr Dezember.«
    »Ist ja doch noch ’n bisschen.«
    »Und was macht deine Pumpe? Du warst krank, ne?«
    »Nur ein vorübergehendes Tief, muss man nicht überbewerten.«
    Er nimmt einen Zug, inhaliert tief, seine Augen sehen müde aus, er lacht breit.
     
    »Siebzehn Punkt. Der Mund ist schlitzförmig geöffnet, die Lippenschleimhaut ist blassbläulich. Die Schleimhaut des Mundes ist intensiv blau-violett gefärbt. In der Umschlagfalte der Mundschleimhaut finden sich zahlreiche Punktblutungen.«
    Müller quatscht den Staatsanwalt voll, erzählt ihm Polenwitze.
    »Anner polnischen Grenze haben sie letztens ’nen Lkw mit Schuhspenden zurückgewiesen. Warn Arbeitsschuhe drin.« Er lacht krächzend, der Staatsanwalt sieht aus, als hätte ihn jemand am Genick gepackt.
    Ob Ayse wohl noch länger bei Sener wohnen bleibt? Vielleicht kommt sie mal auf‘n Bier mit. Wenn die studiert, hat die’s bestimmt nicht so mit dem Islam. Sener sieht das ja auch ganz locker. Was die für Haare hat. Dieser tiefe Ansatz, dieses Fließ in den Schläfen und diese Seide auf den Armen. Das haben die Türkinnen oft. Schade, dass die so selten in die Sauna gehen. Im Tropic Paradies sind die die absolute Rarität. Na ja, irgendwann diese Woche klappt’s bestimmt mit Sener.
     
    »… rötliche Hautverfärbung von ca. Linsengröße 2,5 cm davon im oberen rechten Quadranten der weiblichen Brust gelegen eine nach unten rechts konvex bogenförmige Hauteintrocknung …«
    Müller ist still. Roland raucht