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02 - Aus Liebe zu meiner Tochter

Titel: 02 - Aus Liebe zu meiner Tochter
Autoren: Betty Mahmoody
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Betty Mahmoody
    Aus liebe zu meiner Tochter
    Erster Teil
    Endlich wieder zu Hause
    Mittwoch, 5. Februar 1986.
    »Mommy, schau mal, die amerikanische Fahne!« rief Mahtab, als wir uns der amerikanischen Botschaft in Ankara näherten. Ihr Atem blieb als weiße Wolke in der Luft stehen. Ich spürte meine Füße kaum noch. Mit jedem Schritt erinnerten uns unsere schmerzenden Glieder an den Marsch, den wir gerade hinter uns hatten. Fünf Tage hatte es gedauert, bis wir zu Fuß und zu Pferd die Berge, die den Iran von der Türkei trennen, überquert hatten - Schmuggler hatten uns den Weg gewiesen und so unsere Flucht ermöglicht. Ich war 40 Jahre alt und hatte eine sechsjährige Tochter. Wir waren beide am Ende unserer Kräfte.
    Während der vergangenen 18 Monate, in denen Mahtab und ich im Iran gefangen gewesen waren, hatten wir die amerikanische Fahne nur auf Fotografien zu Gesicht bekommen. Auf diesen Fotos war immer das gleiche zu sehen: Die Fahne wurde entweder schändlich verbrannt, oder man hatte sie mit groben Strichen auf den Zementboden einer Schule gemalt, damit die Kinder vor dem Betreten des Klassenzimmers auf ihr herumtrampeln und auf sie spucken konnten. Daß die Fahne an jenem denkwürdigen Tag über unseren Köpfen frei im Wind flatterte, bedeutete etwas ganz Besonderes für mich: Sie war das Symbol unserer Befreiung.
    In den letzten anderthalb Jahren hatte ich oft gefürchtet, diesen Anblick nie wieder zu erleben. Im Juli 1984
    hatten
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    Mahtab und ich Sayyed Bozorg Mahmoody, meinen im Iran geborenen Mann, auf einem, wie er versprach, zweiwöchigen Besuch in seiner Heimat begleitet. Erst nach unserer Ankunft erklärte Moody - so nannten ihn alle
    -, daß wir für immer im Iran bleiben würden. Meine Tochter und ich waren von meinen beiden Söhnen im Teenageralter, die aus meiner früheren Ehe stammten, getrennt - eine halbe Welt von meinen Eltern, unseren Freunden, von allem entfernt, was uns teuer und vertraut war.
    Am schlimmsten für mich war die Entdeckung, daß ich die Kontrolle über mein Schicksal verloren hatte. Nach der fundamentalistischen islamischen Gesetzgebung des Iran galten Mahtab und ich als iranische Bürger, und Moody war unser absoluter Gebieter. Wir konnten das Land nicht ohne seine schriftliche Erlaubnis verlassen.
    Ohne diese Erlaubnis waren wir gezwungen, unser ganzes Leben dort zu verbringen, obwohl Moody immer unberechenbarer wurde und er Mahtab und mich immer öfter und heftiger verprügelte.
    Ich hatte den Iran nicht auf diese Weise verlassen wollen. Alle Versuche jedoch, mich mit Moody zu verständigen, waren fehlgeschlagen. Drei Wochen zuvor hatte ich ihn gebeten, er solle seine Entscheidung, uns im Iran zurückzuhalten, nochmals überdenken. »Bitte, Moody«, flehte ich, »sag in fünf Jahren oder in zehn Jahren, aber sag nicht nie. Wenn du nie sagst, habe ich nichts mehr, wofür ich leben kann.«
    Seine Antwort war: »Nie! Ich will nie mehr etwas von Amerika hören.« Ich wußte, daß er meinte, was er sagte.
    In den darauffolgenden Tagen faßte ich die wohl folgenschwerste Entscheidung meines Lebens: Wir mußten uns von Moody trennen, um jeden Preis. Es war mir klar, daß Mahtab und ich unser Leben riskierten, wenn wir versuchten, im Februar das Gebirge zu überqueren. Selbst die Schmuggler hielten die Berge zu dieser Zeit für unpassierbar. Es gab viele Gefahren. Wir konnten erfrieren oder in 15
    eine Schlucht stürzen. Unsere Führer konnten uns ausrauben und im Stich lassen oder uns an die iranischen Behörden ausliefern. Das war die schrecklichste Aussicht, denn ich konnte dafür hingerichtet werden, daß ich einem Vater das Kind weggenommen hatte.
    Dennoch fühlte ich eine unheimliche Ruhe, einen völligen Frieden in mir, wenn ich daran dachte, was wir tun würden. Ich hatte erfahren müssen, daß es Schlimmeres gab, als zu sterben. Am Tag unserer Flucht eröffnete Moody unserer Tochter, daß sie mich nie mehr wiederse-hen würde. Er hatte für mich allein - bereits für den übernächsten Tag - einen Flug in die Vereinigten Staaten gebucht. Mir war klar, daß uns keine andere Wahl blieb: Wir mußten fliehen. Und Mahtab, die in den letzten Tagen erlebt hatte, wie die Grausamkeit ihres Vaters erneut und heftiger denn je durchbrach, war zu derselben Entscheidung gelangt.
    Acht Tage später, im Foyer der amerikanischen Botschaft, war ich am Ende meiner Kraft. Müde sah ich den Konsul an, der mir erklärte, daß ich unsere Pässe vermutlich bei der Polizei in Ordnung
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