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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht
Autoren: Nancy Livingston
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hatte. Er überlegte einen Moment und kam zu dem
Schluß, daß Alan, der ältere der beiden Neffen, inzwischen sechsundzwanzig
Jahre alt sein mußte. Matthew war zwei Jahre jünger. Sein Bild von zwei Jungen
in kurzen Hosen bedurfte offenbar der Korrektur.
    Der
Törn um die Ionischen Inseln wird nicht gerade billig werden, aber wenn Du erst
einmal auf dem Schiff bist, brauchst Du so gut wie kein Geld mehr.
    Mr. Pringle hielt erneut mit dem Lesen
inne. Von Natur aus ein vorsichtiger Mann, hatte ihn seine jahrzehntelange
Tätigkeit als Finanzbeamter in seiner Haltung noch bestärkt, und so wandte er
seine Aufmerksamkeit erst einmal der Preisliste zu. Der Törn würde nicht billig
werden, da hatte Matthew zweifellos recht. Sein Neffe hatte einen Termin im
Juni angekreuzt.
    Dann
ist es noch nicht zu voll, aber das Wasser ist schon warm genug,
    hatte er daneben geschrieben. Es war,
wie Mr. Pringle feststellte, auch etwas preiswerter.
    Bevor
Du jetzt ablehnst: Wie wäre es, wenn Du eine Woche lang auf dem Solent
ausprobieren würdest, ob Du nicht vielleicht doch Spaß am Segeln hast? Liz und
ich haben zu Ostern eine SHE 33 gemietet, damit ich meine Lizenz erneuern kann.
Wenn Du englische Gewässer lebend überstanden hast, wird Dir Griechenland
dagegen als das reine Paradies erscheinen — Sonne, Meer und Retsina! Der Trip
zu Ostern geht übrigens auf unsere Kosten, Liz und ich sind der Meinung, man
könne Dir nicht zumuten, daß Du dafür, daß es kalt und naß und vermutlich
ziemlich ungemütlich sein wird, auch noch bezahlen sollst. So, jetzt kannst Du
nicht sagen, ich hätte Dich nicht gewarnt!
    Herzliche Grüße
    Matthew
     
     
     

Kapitel 2
     
    «Du brauchst einen Blazer und so eine
Mütze mit einem Abzeichen, wie sie Noël Coward getragen hat, als er mit der Kelly unterging.»
    «Ich sollte das Geld besser darauf
verwenden, dieses Zimmer hier endlich neu tapezieren zu lassen.»
    «Ach, das würde ich an deiner Stelle
sein lassen.» Mavis strafte den Raum mit einem gleichgültigen Blick. «Wenn du
hier oben anfängst, mußt du auch die anderen Zimmer machen. Da kommt dich die
Reise nach Griechenland billiger, glaub mir. Außerdem — vielleicht macht es dir
ja sogar Spaß!»
    Der Hausputz war glücklich überstanden,
und überall im Haus war die Heizung wieder angesprungen. Mr. Pringle und Mavis
saßen am gasbeheizten Kamin, vor sich ein Tablett mit Tee. Mavis stopfte
hemmungslos heiße, mit Butter bestrichene Rosinenbrötchen in sich hinein und
blätterte dabei in Mr. Pringles Reisekatalog.
    «Du solltest fahren, Lieber. Es täte
dir gut, mal wieder hier rauszukommen, und du hast einen Urlaub wirklich
verdient. Ich wollte, ich könnte mitkommen, aber...» Sie seufzte ausdrucksvoll.
«Ich will dir lieber nicht erzählen, wie es mir geht, wenn ich auf einem Schiff
bin, ich will dir nicht die gemütliche Teestunde verderben... Ich bin einfach
nicht für das Wasser geschaffen, so sieht es aus, und daran läßt sich auch
nichts mehr ändern. Wie ist das eigentlich bei dir?»
    Mr. Pringle zuckte die Achseln. Er
wußte es nicht. Draußen vor dem Fenster leuchtete bösartig der Eiszapfen. Der
Klempner war nicht erschienen, aber Mr. Pringle hatte auch nicht ernsthaft
damit gerechnet, daß er kommen würde.
    «Ich könnte ja vielleicht für das
Osterwochenende Zusagen, dann wüßte ich, ob so eine Art Urlaub für mich
überhaupt in Frage kommt.»
    «Das ist eine gute Idee, vor allem, wo
du auch noch eingeladen bist! Was ist dein Neffe für ein Mensch?» erkundigte
sie sich.
    «Er hat Charme.» Enid vor Augen, war
Mr. Pringle noch immer überrascht, daß dem so war. «Damals, als ich ihn zuletzt
getroffen habe, war er ein wirklich hübscher Bursche.»
    «Er schlägt also nach dir!»
    Mr. Pringle wurde rot. «Schade, daß
Segeln nichts für dich ist», sagte er in einem plötzlichen Gefühl von
Zuneigung. «Ich hätte dich sonst gerne dabeigehabt.» Mavis lächelte gerührt.
    «Morgen gehen wir los und kaufen dir
ein paar Wollpullover. Die ziehst du dann unter den Blazer.»

Kapitel 3
     
    Wenn er in der City unterwegs war, trug
er gewöhnlich Aktentasche und Schirm bei sich; im Anzug wußte er, wohin mit
seinen Händen. Nun saß er hier in der U-Bahn in Pullover und Hose, neben sich
eine scharlachrote Segeltuchtasche. Er kam sich lächerlich vor.
    «Hallo, Onkel! Wartest du schon lange?»
    Für den Bruchteil einer Sekunde blieb
Mr. Pringle die Antwort schuldig. Er hatte seinen Neffen sofort wiedererkannt,
aber sein
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