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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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das alles speziell für uns geschaffen worden?
    Eine Gegenfrage: Was wäre denn, wenn wir keine Luft zum Atmen hätten, kein Wasser und keine Nahrung?
    Na, dann würde es uns nicht geben.
    Und was heißt das bezogen auf deine Frage?
    Keine Ahnung.
    Wenn wir nicht existieren würden, so würde doch niemand die Frage stellen, ob diese Welt nicht geradezu perfekt für uns geschaffen wurde, oder?
    Logisch, aber ich verstehe immer noch nicht, worauf du hinauswillst.
    Überleg doch mal: Du kannst diese Frage nur deshalb stellen, weil die Bedingungen auf der Erde Leben ermöglichen. Ohne diese Bedingungen gäbe es keine Frage.
    Ach so: Du meinst, man muss sich eigentlich gar nicht darüber wundern, dass die Bedingungen für unser Leben gegeben sind. Denn wären sie nicht gegeben, dann wäre auch niemand da, der sich wundern könnte! Habe ich das richtig verstanden?
    Absolut perfekt! Lass uns nun noch einen Schritt weiter gehen: Wir wissen also, dass wir nur deshalb existieren, weil entsprechende Bedingungen auf der Erde vorherrschen. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass diese Bedingungen deshalb vorherrschen, damit wir existieren können.
    Warte mal: Wo liegt der Unterschied?
    Nun, im ersten Fall stellen wir bloß fest, dass es Ursachen gibt, die unsere Existenz bedingen. Hätte es diese Ursachen nicht gegeben, würden wir nicht existieren.
    Korrekt.
    Im zweiten Fall stellen wir aber nicht bloß etwas fest , wir unterstellen vielmehr etwas, und zwar etwas, das nicht notwendigerweise zutreffen muss!
    Wieso das?
    Wir behaupten, dass die Ursachen , denen wir unsere Existenz verdanken, aus einem bestimmten Grund vorliegen, weil irgendetwas oder irgendjemand damit einen Zweck verfolgt.
    Alles klar. Das Problem ist also, dass manche Ursachen Wirkungen haben, die gar nicht bezweckt sind, oder?
    Genau.
    Bei genauerer Betrachtung bin ich ja selbst ein lebendes Beispiel für eine solche unbeabsichtigte Wirkung. Die Menschen, die 1989 in Leipzig und Berlin auf die Straße gingen, hatten dafür bestimmt gute Gründe, aber sie hatten ganz gewiss nicht im Sinn, ein junges Paar in Trier dazu zu bringen, auf Verhütungsmittel zu verzichten und eine Tochter namens Lea in die Welt zu setzen.
    Haha! Ja, das ist ein schönes Beispiel. Wenn du erlaubst, möchte ich es noch ein Stückchen weiterspinnen: Du weißt doch, dass sich deine Urgroßeltern in den Wirren des 2. Weltkriegs kennengelernt haben. Sie stammten aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands und auch aus ziemlich unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten. Ohne die Turbulenzen, die der Krieg damals auslöste, hätten sich die beiden niemals getroffen. In diesem Fall wäre deine Oma nie geboren worden und somit würde es auch uns beide nicht geben.
    Willst du damit sagen, dass nicht nur der Berliner Mauerfall, sondern auch der 2. Weltkrieg eine notwendige Ursache für meine Existenz war?!
    Jawohl, daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Aber das heißt natürlich nicht, dass Hitler mit seinem Angriffskrieg in irgendeiner Weise bezweckte , dass du geboren würdest und nun mit mir über solch seltsame Dinge diskutieren kannst.
    Krasses Beispiel! Aber ich glaube, ich verstehe jetzt, worauf du hinauswillst: Dieser Massenmörder Hitler schuf indirekt Voraussetzungen dafür, dass es mich heute gibt, aber er hat meine Existenz natürlich niemals bezweckt. Und so könnte es auch sein, dass niemand die Existenz des Universums oder der Menschheit in irgendeiner Weise gewollt hat, oder?
    Richtig. Es gibt zwar unzählige Ursachen dafür, dass wir heute existieren, aber es muss nicht sein, dass irgendjemand je unsere Existenz im Sinn hatte. Und damit können wir auch auf deine Ausgangsfrage zurückkommen: Es könnte sein – und ich halte das sogar für äußerst wahrscheinlich –, dass es überhaupt keinen Grund für unsere Existenz gibt, sondern bloß Ursachen .
    Wenn ich dich richtig verstanden habe, sind Gründe auf Zwecke ausgerichtet, bloße Ursachen aber nicht. Stimmt das?
    Ja. Wenn du dir nach dem Duschen die Haare föhnst, dann hast du einen Grund dafür, denn du verfolgst einen Zweck : Du stylst dich, um gut auszusehen. Der Föhn in deiner Hand trocknet deine Haare jedoch nicht, weil er damit irgendetwas bezweckt , sondern weil er nun einmal so konstruiert wurde, dass er heiße Luft erzeugt, wenn man ihn an eine Stromquelle anschließt.
    Verstehe. Die Konstruktion des Föhns ist die Ursache dafür, dass er heiß wird. Er selbst kennt jedoch keine Gründe, da er keine Zwecke
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