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Legion der Morgenroete

Legion der Morgenroete

Titel: Legion der Morgenroete
Autoren: Michael Moorcock
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wir lieben, nicht einen letzten Kuß geben konnten." Hawkmoon hörte ihn kaum. Bitterkeit erfüllte ihn, daß er hier an diesem trostlosen Ort sterben sollte, ohne daß jemals einer erfahren würde, wie und wo er sein Ende gefunden hatte.

4. ORLAND FANK
    Die Schatten der gigantischen Reptilien huschten über das Deck hin und her, und der Lärm ihrer Flügel brauste wie heftiger Wind. Hawkmoon blickte hoch, als eine der Bestien herabsauste, und machte sich auf sein Ende gefaßt. Aber in diesem Augenblick flatterte das Untier wieder aufwärts, nachdem es ein einziges Mal nach dem Großmast geschnappt hatte.
    Mit angespannten Nerven und Muskeln zog Hawkmoon das Schwert der Morgenröte, die Klinge, die niemand außer ihm zu schwingen vermochte. Aber er wußte, daß selbst die übernatürliche Waffe nutzlos gegen die schrecklichen Ungeheuer sein würde, denn sie brauchten nicht einmal die Besatzung selbst anzugreifen, es genügte, wenn sie mit ein paar Schlägen das Schiff zerschmetterten und es so in die abgründige Tiefe schickten.
    Das Schiff schaukelte im Wind, den die gewaltigen Schwingen verursachten, und die Luft stank nach dem fauligen Atem der Bestien.
    D'Averc runzelte die Stirn. „Weshalb greifen sie nicht an? Treiben sie ihr grausames Spiel mit uns?"
    „Sieht ganz so aus", murmelte Hawkmoon. „Vielleicht macht es ihnen Spaß, Katz und Maus mit uns zu spielen, ehe sie uns vernichten."
    Als ein großer Schatten herabfiel, sprang d'Averc hoch und schlug mit dem Schwert nach dem geflügelten Reptil, aber die Bestie hatte sich bereits erneut in die Luft erhoben, ehe d'Averes Füße die Deckplanken berührten. Er rümpfte die Nase. „Puh! Welch ein Gestank! Er schadet gewiß meiner Lunge!"
    Eines nach dem anderen der Ungeheuer tauchte nun herab und versetzte dem Schiff einen Schlag mit den ledrigen Flügeln. Es schwankte, und die Männer brüllten, als sie von der Takelung auf das Deck flogen. Hawkmoon und d'Averc klammerten sich an der Reling fest, um nicht umgeworfen zu werden.
    „Sie drehen das Schiff!" schrie d'Averc erstaunt. „Man zwingt uns, umzukehren!"
    Hawkmoon starrte grimmig auf die schreckerregenden Ungeheuer und schwieg. Bald hatte das Schiff eine Drehung um neunzig Grad erreicht. Die Bestien zogen sich ein wenig zurück und schwebten in die Höhe, als berieten sie ihren nächsten Schritt. Kurz darauf flatterten sie davon, bis sie sich weit heckwärts entfernt hatten. Doch dann machten sie wieder kehrt.
    Sie bewegten ihre Flügel mit unvorstellbarer Heftigkeit, daß sich ein gewaltiger sturmartiger Wind erhob. Die Segel legten sich schräg. D'Averc schrie bestürzt: „Sie treiben das Schiff in die von ihnen gewünschte Richtung! Das ist unglaublich!"
    „Wir kehren offenbar nach Amarehk zurück", rief Hawkmoon und kämpfte gegen den Wind an. „Ich frage mich."
    „Ich möchte wissen, was die fressen", keuchte d'Averc. „Gewiß nichts, das ihren Atem versüßt. Einfach scheußlich!"
    Hawkmoon mußte unwillkürlich trotz ihrer wenig beneidenswerten Lage lachen.
    Die Besatzung hatte sich an den Ruderbänken zusammengedrängt und starrte furchterfüllt zu den Reptilien empor.
    „Vielleicht sind ihre Nester in dieser Richtung", überlegte Hawkmoon laut. „Vielleicht müssen sie ihre Jungen füttern?"
    D'Averc blickte ihn bestürzt an. „Das klingt leider nur allzu wahrscheinlich, Freund Dorian." Er schauderte. „Aber trotzdem war es taktlos von dir, es auszusprechen."
    Wieder grinste Hawkmoon gegen seinen Willen.
    „Bestimmt befinden ihre Nester sich an Land. Da haben wir vielleicht eher eine Möglichkeit, uns gegen diese Ungeheuer zu wehren. Auf der offenen See besteht dazu überhaupt keine Chance."
    „Ich bewundere deinen Optimismus, Dorian."
    Mehr als eine Stunde trieben die gigantischen Reptilien das Schiff mit halsbrecherischer Geschwindigkeit voran. Plötzlich deutete Hawkmoon schweigend geradeaus.
    „Eine Insel!" rief d'Averc. „Damit hättest du schon einmal recht."
    Es war ein winziges Eiland, offensichtlich ohne jegliche Vegetation, das steil in die Höhe ragte, als wäre es der Kamm eines versunkenen Berges.
    „Klippen!" brüllte Hawkmoon. „Wir werden daran zerschellen!" Er rannte keuchend zum Ruder und versuchte es herumzureißen. D'Averc folgte ihm und half ihm mit aller Kraft. Langsam drehte sich das Schiff, aber sie hatten die Klippen bereits erreicht. Ein schreckliches Schleifen war zu hören, das sich schließlich in das ohrenbetäubende Bersten des Holzes am Bug
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