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Leg los alter Sack

Leg los alter Sack

Titel: Leg los alter Sack
Autoren: Kester Schlenz
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haben oder sich zumindest die Frauen dann sprachlich einklinken.
    Gut sind auch schöne Kinoerlebnisse. Fast jeder geht ja ab und an mal in ein Lichtspielhaus, und selbst Actionfilme mit Leuten wie
Russel Crowe lassen sich mit ein wenig ironischer Distanz (»Ich habe mich wunderbar unter meinem Niveau amüsiert«) thematisieren. Wenn Sie es mit einer gebildeten Runde zu tun haben, müssen Sie allerdings gelegentlich auf die Meta-Ebene überwechseln – also eine übergeordnete Sichtweise einnehmen (»Das Kino grundsätzlich«).
    Nützlich ist immer, über Filmkritiker herzuziehen. Ich war selber mal einer und weiß, wovon ich rede. Filmkritiker schreiben häufig nicht für ihre Leser, sondern für andere Filmkritiker und bedienen sich vertrackter Insiderformulierungen, die man dechiffrieren können muss. Ich trage hier mal ein paar anhand von Beispielen zusammen. Das kann Ihnen für den Smalltalk sehr nützen. Denn dann können Sie die Buben scherzhaft entlarven. Das kommt immer gut. Ich übersetze jetzt mal hier für Sie:

    Der Filmkritiker schreibt:
    »In ruhigen, elegischen Bildern fährt die
    Kamera über karge Landschaften, um schließlich auf den schweigenden Gesichtern der Landbevölkerung zu verharren, die so viele Geschichten zu erzählen haben.«
    Gemeint ist: Für Pinkelpausen ist gesorgt.

    Der Filmkritiker schreibt : »Mit irritierenden, rasanten Schwenks und ungewöhnlichen Perspektiven verdeutlicht der Regisseur die innere Unruhe und Zerrissenheit seiner Charaktere.«
    Gemeint ist: Der Kameramann war volltrunken.
    Der Filmkritiker schreibt : »Obsessive Sexualität ist das Thema des französischen Starregisseurs. Seine Darsteller haben ihm vertraut. Schonungslos legen sie ihre Körper und ihre Gefühle bloß.« Gemeint ist: Nach dem Sex wird geweint.
    Der Filmkritiker schreibt: »Voyeure kommen hier nicht auf ihre Kosten.«
    Gemeint ist: Das Filmplakat führt in die Irre. Es gibt kaum gute »Stellen«.
    Der Filmkritiker schreibt: »Es ist mühsam, ja quälend mit anzusehen, wie hierein Mensch das Anders-Sein zeigt. Hier ist jemand, der sein möchte wie wir, aber es nicht kann. Wer soll den Blick auf dieses Gesicht ertragen, diese zerstörte Seele, ohne unwillkürlich zusammenzuzucken?«
    Gemeint ist: In diesem Film spielt ein deutscher Volksmusiker mit.
    So, jetzt haben wir schon mal ein paar ganz gute Grundlagen für ein ordentliches, niveauvolles Gespräch. Grundlagen, auf denen sich aufbauen läßt. Musik kann auch ein schönes Thema sein. Wir Leute um die 50 schwelgen ja gern in Erinnerungen an früher, als wir noch mit
unserem Kassettenrecorder mit erwartungsvollem Spreizgriff (Play und Aufnahmetaste mussten ja gleichzeitig gedrückt werden) vor dem Radio hockten und auf die Hits von T. Rex, Deep Purple, Slade und anderen warteten. Musik war ja damals noch nicht allgegenwärtig, sondern ein rares, wertvolles Gut, das es im richtigen Moment zu konservieren galt und das dann bei wundervollen Engtanz-Feten in Partykellern gehört wurde. (Ich sach nur: Pink Floyd mit »Shine On You Crazy Diamond« oder Donna Summers »Love to Love You Baby«.) Mann, war dat schön damals. Darin gemeinsam mit der nötigen Portion Selbstironie zu schwelgen ist ein wunderbares Thema und kann ganze Abende retten. Denn immer zieht eine/r noch einen anderen Knaller von damals aus dem Hut. Das funktioniert übrigens ebenso mit T V-Serien wie »Flipper«, »Bonanza«, High Chaparral«, »Immer, wenn er Pillen nahm« oder »Mit Schirm, Charme und Melone«. Jede/r hatte eine Lieblingssendung und wird sie in derartigen Gesprächen mit Verve verteidigen. Meine war übrigens »Raumschiff Orion«. Das Größte, das absolut Größte! Bis heute! Ich sag’s Ihnen. Sogar besser als »Raumschiff Enterprise«. Aber das war auch der Oberknaller. Aber nur die Folgen mit Spock, Kirk und Scotty. Scotty war ja sowieso der Hit. Technikchef in einem futuristischen Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit – und immer, wenn was kaputt war, musste er ölverschmiert in einem Blaumann mit Werkzeug wie ein Dampfschiffmechaniker irgendwo draufhauen und dran rumdrehen, damit die Mühle wieder losdüsen konnte. Herrlich, das. Sie ahnen: ein Riesenthema!

»Sacksen« – eine Utopie
    EIN BUNDESLAND, NUR FÜR SÄCKE UND SÄCKINNEN
    So, die ganze Zeit reden wir darüber, wie man sich als alter Sack optimiert und dem Alter mit Gegenwehr Paroli bietet. Jetzt ist es Zeit, auch mal ein wenig zu schwelgen, in die Zukunft zu blicken. In eine rosige, bitte schön.
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