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Leg los alter Sack

Leg los alter Sack

Titel: Leg los alter Sack
Autoren: Kester Schlenz
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dritten Geburtstag. »Ich habe beschlossen, der größte Erfinder der Welt zu werden«, sagte er, als seine Eltern ihm morgens einen »Herzlichen Glückwunsch« wünschten: Und von diesem Tag an begann er zu planen, zu basteln, zu bauen und zu werkeln. Erst waren es Autos, später Raumschiffe aus Holz, dann ein maßstabgetreues Modell unseres Planetensystems mit Planeten aus Gouda-Käse. Danach erfand er eine Autorennbahn für den Hamster eines Nachbarn. Der konnte in einem kleinen Auto gegen eine Wüstenspringmaus um die Wette rasen. Das Problem war nur, dass der Hamster die beiden Loopings nicht mochte, weil ihm da immer schlecht wurde.
    Pumbecks Eltern sorgten sich zunehmend, dass ihr Junge überhaupt nicht mit anderen Kindern spielte und daran vor lauter Erfinden und Grübeln offensichtlich auch überhaupt kein Interesse hatte. Sie beschlossen deshalb, ihren Sohn in den Kindergarten zu schicken. Pumbeck, er war gerade vier geworden, sagte nur »Okay, machen wir, wenn es euch so wichtig ist« und las weiter in seinem Buch über Quantencomputer.

    Am nächsten Tag ging es dann in den Kindergarten. Pumbeck wurde einer älteren Dame mit dem Namen Frau Briese vorgestellt. Sie beugte sich zu Pumbeck hinunter und flötete mit übertrieben freundlicher Stimme: »Ach, und das ist nun der kleine Pumbeck. Sag mal, wie alt bist du denn, mein Schatz?«
    »Vier«, antwortete Pumbeck. »Und Sie?«
    »So was fragt man nicht, Pumbeck«, tadelte ihn Frau Briese.
    »Warum nicht? Sie haben mich doch auch gefragt.«
    »Aber ich bin erwachsen. Und du bist ein Kind.«

    »Das ist richtig beobachtet«, bemerkte Pumbeck. »Aber was hat das mit der Frage nach meinem oder Ihrem Alter zu tun?«
    »Nun, ich äh …« Frau Briese wurde rot und wusste nicht mehr recht weiter. »Also, wie gesagt, so was fragt man nicht«, sagte sie schließlich.
    »Wer ist man?«, fragte Pumbeck.
    »Welcher Mann?«
    »Na, Sie sagten doch gerade: So was fragt man nicht. Und nun will ich wissen, wer man ist.«
    Frau Briese sah Pumbeck nur mit großen Augen an.
    Pumbeck grinste und fuhr dann fort: »Also, ich versuche mir die Frage selbst zu beantworten. Ich denke, dass das Indefinitpronomen MAN, das Sie hier benutzten, stellvertretend für das normierte Verhaltensrepertoire der Allgemeinheit steht, das Sie hier als auch für mich verbindliche Handlungsrichtschnur bemühen wollen, nicht wahr?«
    Frau Briese stand mit offenem Mund da und schwieg. Pumbeck blieb keinen halben Tag im Kindergarten. Schon gegen 11 Uhr rief Frau Briese bei Pumbecks Eltern an und bat, deren Sohn abzuholen.
    Fortsetzung folgt durch den Leser. Dann mal ran …

Der Wald und ich
    ES BEGANN MIT EINEM TANNENBAUM
    Es ist ja immer gut, wenn wir alten Kerle uns auch mal von unserer politisch korrekten Seite zeigen. Alternativ ist noch besser. Das tut uns gut, anderen auch, und vor allem kommt es meist gut an. Ich will Ihnen hier erzählen, wie ich jüngst zum Ökofarmer wurde, obwohl ich eigentlich was ganz anderes, wenig Nachhaltiges vorhatte. Aber ich hatte keine Chance, und das kam so:
    Bei uns zuhause hat es letztes Jahr eine Diskussion um Weihnachtsbäume gegeben, vor allem um die Frage, ob wir zum Fest überhaupt noch einen haben sollten. Ich wollte eigentlich keinen mehr. Aber meine Frau und unser Großer protestierten. Das sei ja total unfestlich. Ein Baum müsse sein. Der Große hat eine starke Affinität zur Kirche, und ich versuchte, ihn theologisch zu kriegen. »Wusstest du, Bursche«, sagte ich, »dass der Weihnachtsbaum ursprünglich ein heidnisches Symbol war?«
    »Ach, Vadder«, antwortete der und zupfte an seinem Zippelbart. »Die Kirche hat in ihrer Geschichte jede Menge Zeugs aus anderen Clubs eingearbeitet. Das ist kein Problem. Und außerdem: Die Familien und Freunde versammeln sich um den Baum. Das ist der urchristliche Gemeindegedanke. Also, alles in Butter.«
    Verdammter Sophist.

    Ich frage meinen Jüngsten nach seiner Meinung in der Baumfrage. Er ist 17 und grunzte, ohne von seinem Computerbildschirm aufzusehen: »Is mir scheißegal.«
    Da hätten wir dann also eine dezent vorgebrachte pubertäre Enthaltung, ein »Nein« und zwei klare Befürworter. Fazit: Es musste ein Baum her. Jetzt schaltete sich der Große wieder ein. »Aber, Vadder«, sagte er. »Ich lehne diese abgesägten Dinger aus Monokulturen ab. Das ist ökologisch unverantwortlich. Da werden riesige Landflächen verödet, und dann schmeißen wir die Dinger nach ein paar Wochen weg oder verfeuern sie.
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