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Leg los alter Sack

Leg los alter Sack

Titel: Leg los alter Sack
Autoren: Kester Schlenz
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sabbernd ab. Ich kann sie gerade noch auffangen und beantrage schnell Pflegestufe 4, bevor ich mich zum finalen Kampf mit Rollator aufmache und auf ihn zustürze. Der Fiesling aber setzt seinen gefürchteten Verkalkungsblick ein, hochdemente Strahlen sprühen aus seinen weitsichtigen Augen. Damit habe ich gerechnet: Noch im Fluge reiße ich einen Spiegel hoch, der Verkalkungsblick wird reflektiert, und unter großem Gebrüll vergreist Rollator in Sekunden und fängt brabbelnd an, Kreuzworträtsel zu lösen. Sieg! Ich sammle meine verletzten Kumpane ein und fliege zurück in Richtung Hamburg. Aber ich habe die Niedertracht meiner Feinde unterschätzt – aus einer Baumkrone stürzt sich ein furchtbarer Gegner auf mich: Kukidentos , der betagte Beißer mit kariösem Charisma. Wer in das Lächeln dieses Mannes blickt, wird zu einem willenlosen Implantat und reiht sich ein in die Armee der zahnlosen Zitterer. Ich kann gerade noch wegsehen, donnere aber gegen eine Pinie und rutsche benommen den Stamm des Baumes hinunter auf die Erde.
    Dort liege ich und sehe, wie Kukidentos auf mich zukommt.
    Langsam öffnet er seinen zerstörerischen Mund. Das ist das Ende. Doch da – es knallt – und Kukidentos zerplatzt in einem Schwall aus Zahnschmelz und Haftcreme. Als sich der feuchte Nebel lichtet, sehe ich, wer mich gerettet hat: Prostatus , der düstere Drüsendämon hat meinen Gegner mit einem beherzten Strahl aus seinem Glied niedergestreckt. Sein Urin ist toxisch, aber er ist ein guter Kerl, und offensichtlich hat er sich erinnert, dass ich ihm einmal das Leben gerettet habe, als er einen tödlichen Kampf mit der Killerin Klimakteria zu
verlieren drohte und ich ihn mit meiner Hormonkanone von der wechseljährigen Wüterin befreite. So weit, so gut. Der Kampf hier und heute war gewonnen. Prostatus und ich sammelten Falten Woman und Bett Man ein und flogen nach Hause. Auf ein Bier unter alten Supersäcken!

Smalltalk
    EIN MUSS FÜR ALTE SÄCKE
    Tja, Männer, je älter wir werden, desto weniger können wir mit den typischen männlichen Verhaltensmustern unserer Jugend punkten. Einfach nur cool oder lustig sein, das reicht nicht mehr.
    Früher, als wir noch jung und mehr oder weniger gut aussahen, kamen wir mit diesen Sachen noch durch. Man saß da, gackerte und »wirkte«.
    Heute müssen wir mehr bringen. Zum Beispiel »gute Gespräche« bei Einladungen mit Freunden oder gar – schlimmste aller Heimsuchungen – mit Geschäftspartnern. Nicht jedem von uns alten Säcken ist das in die Wiege gelegt.
    Ich habe zwar keine Ahnung von Fußball oder Autos, kann also oft bei typischen Männergesprächen nur nicken oder blöde Minimalbestätigungen grunzen (»So isses«, »Alter, echt wahr« oder das wunderbar widersprüchliche, aber allseits brauchbare »Ja, nee«). Dafür bin ich ansonsten ein recht ordentlicher Smalltalker. War ich schon als Kind und Jugendlicher, und das hab ich als Journalist dann mehr oder weniger perfektioniert. Vielen Männern aber fällt das schwer.
    Erst neulich erzählte mir ein Freund von einer Runde, in der Herren saßen, die einander nicht oder kaum kannten. Die Frauen diskutierten angeregt schulische Themen des Nachwuchses, die Herren saßen da und sagten Sachen wie »So ein Bier tut gut« oder »Mann, ist das’n Wetter«. Und dann kam bald nix mehr.

    Lassen Sie uns deshalb hier mal ein paar grundsätzliche Gesetze des Smalltalks miteinander besprechen, damit so was nicht mehr vorkommt. Fangen wir mit dem richtigen Thema an. Politik ist heikel, wenn man die anderen nicht so gut kennt. Klar, man kann den Minister, den man am doofsten findet, als »inkompetenten Vollpfosten« bezeichnen. Aber wenn der in der CDU ist und der Gastgeber Vorsitzender des CDU-Ortsvereins, kann es zu Verstimmungen bereits bei der Vorspeise kommen.
    Kultur ist besser.
    Wenn Sie ein gutes Buch gelesen haben, kann man nach einem Blick auf das Regal der Gastgeber sehr schön sagen: »Sie lesen ja anscheinend auch recht gern. Ich habe kürzlich ein wahnsinnig schönes Buch gelesen …« Und dann erzählen Sie in zwei, drei Sätzen, was Sie daran fasziniert hat. Hilfreich ist hier, wenn Sie wirklich ein wahnsinnig schönes Buch gelesen haben.
    »Blasenschwäche – das verschwiegene Leiden« oder »Vivian – intime Bekenntnisse eines tabulosen Callgirls« sind da nicht so empfehlenswert.
    Es sollte schon ein Roman oder ein angesagtes Sachbuch sein. Meine Hoffnung ist, dass einige der anderen Männer auch mal in ein Buch geschaut
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